Das Graffiti-Haus von Annamalt

Stand
Ein Film von
Sabine Keller (Redaktion)
Alexander Jung (Schnitt)
Max Tiemann (Ton)
Stefanie Vier (Kamera)

Dieses kunterbunte Graffiti-Haus war vielen ein Dorn im Auge. Es hat in den 1990er Jahren sogar die Justiz beschäftigt und zu einem Grundsatzurteil geführt: Seither darf das eigene Haus mit Kunst und Graffiti gestaltet werden. Und genau das tut die Besitzerin und Künstlerin Annamalt bis heute.

Viel Farbe und Graffiti

Annamalt – so nennt sich die bildende Künstlerin aus der Eifel, die viel durch die Welt gereist ist und in ihrem bunten Haus in Föhren bei Trier mit und in ihrer Kunst lebt. Ihr Haus ist von außen und innen ein Gesamtkunstwerk. Der Fußboden – ein bunter Farbenfluss in allen Regenbogenfarben. Die Badezimmerwände mit bunten geometrischen Formen bemalt - inspiriert von afrikanischer Malerei. Die kunterbunte mit Graffiti besprühte Außenfassade lockt immer wieder auch neugierige Passanten an. Klingeln ist erlaubt und wenn Annamalt Zeit hat, zeigt sie gerne ihr ungewöhnliches und farbenfrohes Zuhause.

Annamalt liebt und lebt in und mit der Kunst

Ein Sessel aus einem alten Autoreifen, eine getigerte Friseurhaube als Lampe, ein Telefon mit Stacheln als Kunstobjekt. Bei Annamalt gibt es in jeder Ecke etwas zu entdecken. Sie verwandelt Alltagsgegenstände in Kunstobjekte. Wobei einiges, so wie die Küchenlampe, die sie aus einem alten Messbecher gebaut hat, an Upcycling denken lässt. Doch als Annamalt vor mehr als 20 Jahren anfing, Schubkarren in Wohnzimmersessel zu verwandeln, sprach noch niemand von Upcycling. Sie und ihr Lebenspartner wollten damals mit und in der Kunst leben und Kunst nicht nur auf Leinwänden betrachten. Der Spaß, selbst etwas zu schaffen, statt einfach in den Laden zu gehen und Dinge zu kaufen – das war ihr Antrieb.

Das Graffiti-Haus sorgt für Aufsehen

So wurde ihr Haus immer bunter und zu einem gemeinsamen Kunst- und Lebensprojekt mit ihrem mittlerweile verstorbenen Partner, dem Künstler Edward Naujok. 2014 erhielt das Künstlerpaar für sein Engagement sogar den rheinland-pfälzischen Friedenspreis.

Anfangs gab es jedoch einige Widerstände gegen das kunterbunte Haus. Aus der Gemeinde häuften sich Beschwerden, als das Haus Anfang der 90er Jahre die markante Graffiti-Fassade erhielt – eine Gemeinschaftsarbeit mit Kindern und Jugendlichen. Es kam sogar zu mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen, die am Ende zu einem bahnbrechenden Grundsatzurteil führten: Seitdem ist es erlaubt, die Fassade des eigenen Hauses als Kunstwerk zu gestalten, wenn ein künstlerisch-gestalterischer Anspruch vorliegt.

Für Annamalt und ihren Lebensgefährten war das 1997 der Startschuss. Die beiden fingen an, ihr Haus zu verwandeln. Sie bauten an und erweiterten das kleine Bauernhaus, das etwa 150 Jahre alt ist, schafften Raum für das Atelier von Annamalt und ihre großformatigen Bilder und Edward Naujoks Bildhauerarbeiten. Auch wenn das bunte Haus im Ort anfangs kritisch beäugt wurde, mittlerweile kommen viele Kinder und Erwachsene spontan vorbei, um es zu besichtigen. Für viele Schulklassen gehört ein Besuch zum Kunstunterricht. Und die Webseite der Gemeinde weist das Künstlerhaus inzwischen als Sehenswürdigkeit aus.

Kunst als Gesellschaftskritik

Annamalt fing mit ihrem Künstlerleben erst an, als sie bereits Ende 30 war und ihr Sohn aus dem Gröbsten raus war. Ihren Beruf gab sie damals auf, um gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten von der Kunst zu leben. In der ersten Zeit musste sie noch oft Nebenjobs annehmen, doch durch geförderte Kunstprojekte und Workshops schaffte sie es mehr und mehr, sich auf ihr kreatives Arbeiten zu konzentrieren.

Heute, nach Edi Naujoks Tod, führt sie das Künstlerhaus allein weiter und malt in den Atelierräumen ihre Bilder. Gesellschaftskritische Inhalte wie Krieg, Flucht und Vertreibung stehen dabei oft im Fokus. Ihre Gemälde sind fast alle figürlich und prangern heutige Missstände an.

In Jahr 2022 feiert Annamalt ein besonderes Jubiläum: das 25-jährige Bestehen des Künstlerhauses und des Kunsturteils von 1997. Das Jubiläum steht unter dem Motto „Die Farben sind frei – 25 Jahre Künstlerhaus Föhren“.

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