Lena hat einen Putzzwang und kämpft mit den Hygienemaßnahmen in Zeiten von Corona

Stand
Autor/in
Stefanie Molitor
Stefanie Molitor

Über 100 Mal am Tag die Hände waschen, alles desinfizieren, niemanden umarmen. Für Lena aus der Nähe von Stuttgart war das lange Zeit normal, bis sie ihrem neugeborenen Sohn zuliebe eine Therapie macht und ihren Putzzwang besiegt. Doch dann kam Corona.

Junge Frau, die unter Putzzwang leidet mit Kleinkind auf dem Arm. Foto von hinten

„Allein Desinfektionsmittel wieder zu riechen, ist für mich wie eine Droge. Wie bei jemandem, der sich was Böses spritzt. Man weiß ganz genau, es ist nicht gut, aber es hilft kurz.“

„Zu mir hat man immer gesagt: Dein Verhalten, das viele Desinfizieren und Putzen, ist krank! Aber plötzlich verhalten sich alle genau so, wie ich es mein Leben lang getan habe.“ Welches Verhalten ist notwendig und welches übertrieben? Lena ist überfordert: „Ich habe mir mein Verhalten mit größter Mühe abgewöhnt und soll es jetzt plötzlich wieder tun. Es ist schwer, da das Mittelmaß zu halten.“

Was früher falsch war, ist plötzlich wieder richtig

Sie erinnert sich an eine Situation im Januar: „Ich habe die Verkäuferin beim Bäcker gefragt, ob sie Brot und Kleingeld immer mit derselben bloßen Hand anfasst und sie hat schnippisch geantwortet: 'Wenn ich ein Problem damit hätte, könne ich ja woanders einkaufen.‘ Jetzt geben plötzlich alle wie selbstverständlich das Brötchen mit der Zange raus und halten Abstand. Wie oft habe ich mich vor Corona mit Menschen angelegt, weil ich sie darauf hingewiesen habe, dass ich ihren Atem nicht in meinem Nacken spüren möchte. Ich frage mich, ob der ein oder andere in der jetzigen Situation an mich denkt und hoffe, dass auch nach Corona etwas von dieser Umsicht übrig bleibt.“

Corona hat auch was Gutes

Dank ihrer Therapie hat Lena den Zwang jetzt auch in dieser schwierigen Zeit wieder im Griff. „Ich habe mal eine langjährige Freundin verloren, weil sie meinen Putzzwang und meine Ängste nicht verstehen konnte. Vor Kurzem schrieb sie mir plötzlich einen Brief, in dem stand: 'Jetzt, wo die Corona-Panik ausbricht, denke ich an deinen Tick und kann nachvollziehen, wie wichtig dir das mit der Hygiene war.‘ Corona hat auch etwas Gutes.“

*Name von der Redaktion geändert

Brigitte denkt noch nicht an Rente und arbeitet mit 93 immer noch als Buchhändlerin

Brigitte aus Konstanz arbeitet mit 93 Jahren immer noch als Buchhändlerin im familiengeführten Buchladen. Vor über 70 Jahren hat sie die Buchhandlung mit ihrem Mann gegründet.