„Zu mir hat man immer gesagt: Dein Verhalten, das viele Desinfizieren und Putzen, ist krank! Aber plötzlich verhalten sich alle genau so, wie ich es mein Leben lang getan habe.“ Welches Verhalten ist notwendig und welches übertrieben? Lena ist überfordert: „Ich habe mir mein Verhalten mit größter Mühe abgewöhnt und soll es jetzt plötzlich wieder tun. Es ist schwer, da das Mittelmaß zu halten.“
Was früher falsch war, ist plötzlich wieder richtig
Sie erinnert sich an eine Situation im Januar: „Ich habe die Verkäuferin beim Bäcker gefragt, ob sie Brot und Kleingeld immer mit derselben bloßen Hand anfasst und sie hat schnippisch geantwortet: 'Wenn ich ein Problem damit hätte, könne ich ja woanders einkaufen.‘ Jetzt geben plötzlich alle wie selbstverständlich das Brötchen mit der Zange raus und halten Abstand. Wie oft habe ich mich vor Corona mit Menschen angelegt, weil ich sie darauf hingewiesen habe, dass ich ihren Atem nicht in meinem Nacken spüren möchte. Ich frage mich, ob der ein oder andere in der jetzigen Situation an mich denkt und hoffe, dass auch nach Corona etwas von dieser Umsicht übrig bleibt.“
Corona hat auch was Gutes
Dank ihrer Therapie hat Lena den Zwang jetzt auch in dieser schwierigen Zeit wieder im Griff. „Ich habe mal eine langjährige Freundin verloren, weil sie meinen Putzzwang und meine Ängste nicht verstehen konnte. Vor Kurzem schrieb sie mir plötzlich einen Brief, in dem stand: 'Jetzt, wo die Corona-Panik ausbricht, denke ich an deinen Tick und kann nachvollziehen, wie wichtig dir das mit der Hygiene war.‘ Corona hat auch etwas Gutes.“
*Name von der Redaktion geändert