Jean-Marc hat Tourette: Musikmachen hilft ihm bei seinen Tics

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Corinna Jähn
Porträt Corinna Jähn.

Jean-Marc ist Musiker und spielt Keyboard. Mit 15 Jahren wird er mit Tourette diagnostiziert. Mit diesen Vorurteilen wird er konfrontiert:

Ich dachte in der Schulzeit, jeder würde Tics haben – die anderen Kinder würden das nur besser verstecken.

Hyper, hyper im Kopf? Diagnose Tourette 

Jean-Marc hat mit 15 Jahren die Diagnose Tourette-Syndrom erhalten: „Das schlich sich so in mein Leben ein. So wuchs ich mit dem Tourette zusammen.“ In der Schule macht er auch Erfahrungen mit Mobbing. „Wenn man nicht weiß, wohin man will, und dann noch das Tourette dazu – diese Über-Energie. Das war mir total unangenehm, auch bei Klassenarbeiten“, erinnert er sich. 

Jetzt fühlt es sich ein bisschen so an, als wäre ich an einen Stromkasten angeschlossen – ein bisschen hyper, hyper! Und beim Musikmachen ... Dann wird auf einmal eine ganz tolle Ruhe daraus.  
 

Jean-Marc findet Gelassenheit in der Musik 

Als Jean-Marc dann in einer Schülerband spielt, merkt er, dass die Tics am Keyboard weg sind. „Das war ein Aha-Erlebnis für mich. Später war ich auch in einer Boyband. Ich konnte gut improvisieren. Es war cool, auch mal positive Resonanz zu bekommen.“ Die Musik spielt in Jean-Marcs Leben schon immer eine große Rolle: Durch seinen Vater entdeckte er früh Soul und R’n’B. „Wenn ich im Tic-Rausch bin, fühlt sich alles sehr angespannt an und wie an einen Stromkasten angeschlossen. Wenn ich Musik mache, dann ist es wie ein rhythmisches Entladen. Mit jedem Beat geht etwas raus.“ 

Ich präsentiere einen Song, dann ist es meistens so: ‚Wow, dass du da nicht mehr gezappelt hast beim Singen.’ Das nimmt natürlich die Aufmerksamkeit von dem, was ich als Künstler produziere und mache. Jean-Marc klärt über Tourette auf. 

Vorurteile bei Tourette: Nur fluchen und schimpfen? 

Heute ist Jean-Marc wichtig über Tourette aufzuklären und Vorurteile abzubauen „Tourette ist nicht das Problem – die Reaktion der Gesellschaft ist es. Die schrägsten Leute gucken einen am schrägsten an. Manchmal sehe ich es nicht, aber manches sehe ich eben doch. Wenn die irritiert sind, helfe ich gern nach. Wenn die blöd werden, kommt auch mal was Blödes zurück.“  

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