Die Armut von Kindern wird in Deutschland über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ihrer Eltern gemessen. Demnach gelten jene, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben, als armutsgefährdet. Für das Jahr 2021 beläuft sich der prozentuale Anteil an Kindern, die von Armut betroffen sind, auf 20,8 Prozent – das sind fast 2,9 Millionen Betroffene. Martin Künkler betont, dass Armut in Deutschland nicht nur „nackte Not“, sondern auch soziale Abkapselung bedeutet.
Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander
„Der zentrale Grund ist, dass Einkommen in Deutschland auseinander gehen. Dass die armen Haushalte im Vergleich relativ zur Mitte immer weniger Einkommen haben. Und das ist der Hauptgrund für die sehr hohen und stagnierenden Armutsquoten“, sagt Künkler. Die Schere zwischen arm und reich werde immer größer, da Sozialleistungen nicht an die allgemeine Einkommensentwicklung angepasst und dementsprechend erhöht werden. Dies lasse immer mehr Menschen unter die Armutsgrenze fallen. Künkler erwartet trotz steigender Inflationsrate und Energiepreise keinen Anstieg der Armutsquote für das Jahr 2022, jedoch solle das kein Grund zur Freude sein: „Die Armutsquoten werden vermutlich auch im Jahr 2022 stagnieren, dies ist aber kein Grund zur Entwarnung! Die Armutsmessung bezieht sich auf Einkommen, aber in der Inflation sinkt die Kaufkraft. Die Notlagen der Menschen verschärfen sich, obwohl man das bei den Armutszahlen gar nicht sehen kann.“ Die Armut verschärfe sich weiter, sei statistisch aber nicht sichtbar, daher sei es sehr wichtig, „dass die Politik und die Gesellschaft darauf hinweisen“, so Künkler.
Da Armut an der Einkommensverteilung gemessen wird, müsse man die staatlichen Hilfen auch nach Einkommen richten, um zielgenau die Menschen zu erreichen, die wirklich in Not sind. Einige Hilfen wie beispielsweise der Tankrabatt würden eher einkommensstarke Haushalte begünstigen. „Wer ein größeres Auto hat, der tankt auch öfter“, sagt Künkler.
4,01 Euro pro Tag sind für ein 13-jähriges Kind vorgesehen
Gute Löhne seien unumgänglich, um der Armutslage in Deutschland entgegenzusteuern. „Es gibt zwei große Hebel, um Kinderarmut zu bekämpfen. Das eine sind gute Löhne. Viele denken, dass Kinderarmut ein Randphänomen ist, das Erwerbslose und Alleinerziehende betrifft. Aber das stimmt nicht. Die zahlenmäßig größte Gruppe, die arm ist, sind Erwerbstätige.“ Ein weiterer Hebel sei die Kindergrundsicherung, die eine angemessen hohe Sicherung bietet, damit alle Kosten für ein Kind gedeckt werden können. „Das ist bei Hartz IV heute nicht der Fall. Bei Hartz IV sind für ein 13-jähriges Kind 4,01 Euro am Tag für Ernährung angesetzt – das kann nicht funktionieren“, erklärt Martin Künkler. Zudem sei gefordert, die Kindergrundsicherung so unbürokratisch wie möglich zu machen, um Menschen nicht mit komplizierten Anträgen abzuschrecken.
Kinderarmut: Nicht nur ein Mangel im Hier und Jetzt
Armut zieht sich für viele Menschen durch ihr ganzes Leben, der Sprung aus der Armut gelingt nur den Wenigsten. „Kindern werden auch Zukunfts- und Entwicklungschancen geraubt. Wer in Armut lebt, hat es schwerer, einen guten Schulabschluss zu machen. Auch sind Kinder buchstäblich ausgegrenzt, da sie am sozialen Leben nicht teilhaben können, da es an Geld fehlt“, warnt Künkler.
WIR GESUCHT - Das Projekt
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