Medizin

Zecken: Neuer Ansatz im Kampf gegen Borreliose

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Autor/in
Elena Weidt
Bild von Elena Weidt, Multimedia-Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell
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Antonia Weise
Johannes Postler
Vinetta Richter
Profilbild Vinetta Richter

Lyme-Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragene Krankheit in Deutschland. US-Forschende haben nun ein Antibiotikum wieder entdeckt, das besonders gezielt dagegen wirken soll.

Antibiotikum Hygromycin A soll helfen 

Hygromycin A heißt das angebliche neue Wunderantibiotikum im Kampf gegen die Lyme-Borreliose. Die Studienergebnisse aus den USA klingen zunächst vielversprechend.

Das Problem an der Studie ist jedoch, dass das neue Medikament im Mausmodell mit amerikanischen Borrelien getestet wurde. In Deutschland sind jedoch die zwei Hauptarten "borrelia afzelii” und “borrelia garinii” vorherrschend. Laut Professorin Ute Mackenstedt, Parasitologin und Zeckenexpertin der Uni Hohenheim, machen diese zwei Arten etwa 80 bis 90 Prozent aller Borreliosefälle in Deutschland aus. Die würden in Amerika kaum vorkommen.

"Ob das so transferierbar ist und das Hygromycin A gegen alle Borrelien-Arten wirkt, das müsste nochmal ausgetestet werden, das habe ich bisher nicht erkennen können“, ordnet Professorin Mackenstedt ein. Doch ein interessanter Ansatz sei das trotzdem.

Symptome der Borreliose 

In Deutschland infizieren sich etwa drei bis sechs Prozent der Menschen nach einem Zeckenstich mit Borreliose. Laut dem Robert-Koch-Institut entwickeln unter zwei Prozent der Betroffenen Krankheitssymptome wie Fieber, Entzündungen, Müdigkeit, Nerven- oder Gelenkschmerzen.

Das am häufigsten vorkommende Symptom der Borreliose ist die sogenannte Wanderröte. Hierbei entstehen um das Einstichloch der Zecke immer größer werdende rote Flecken. Nach einem Zeckenstich macht sich Wanderröte oftmals auch erst Tage später bemerkbar. Betroffene sollten in diesem Fall direkt einen Arzt aufsuchen. In manchen Fällen kann der Stich auch zu schweren chronischen Schäden führen, die das Nervensystem betreffen bis hin zur Hirnhautentzündung.

Da es gegen Borreliose aktuell noch keine Schutzimpfung gibt, stellen Breitbandantibiotika derzeit die einzige effektive Behandlungsmöglichkeit dar. Doch diese wirken eben sehr "breit" und bekämpfen unter Umständen auch viele "gute" Bakterien.

Möglicherweise weniger Nebenwirkungen 

Erste Untersuchungen der Studie zeigten, dass Hygromycin A nicht so stark auf das Mikrobiom des Darms einwirkte wie andere Antibiotika, die man bisher eingesetzt habe, sagt Zeckenexpertin Mackenstedt.

Das wäre ein Vorteil auch im Hinblick darauf, dass in manchen Fällen bei Zeckenstichen Antibiotika auch vorbeugend verabreicht werden, um eine mögliche Infektion zu verhindern. Wenn diese Medikamente weniger Nebenwirkungen hätten, könnte der Einsatz auch routinemäßiger stattfinden. Immer vorausgesetzt, diese Effekte ließen sich von den getesteten Mäusen später auch tatsächlich auf den Menschen übertragen, betont Mackenstedt.

Zecken
Zecken saugen sich so lange mit dem Blut eines Wirtes voll, bis sie genug haben und abfallen.

Erkrankte haben andere Mikroorganismen

In vielen Fällen kann eine akute Borreliose zwar folgenlos mit Antibiotika behandelt werden, doch bei einigen Patienten schlägt die Therapie nicht an.

Professor Kim Lewis von der University of Northeastern forscht seit längerem mit Borreliose-Erregern. Bereits in seinen früheren Forschungen fand er heraus, dass Patienten mit chronischen Borreliosen andere Mikroorganismen im Darm hatten als gesunde. Eine Ursache dafür könnten die bislang zur Behandlung eingesetzten Breitbandmedikamente sein wie Doxycyclin.  

Betroffener sitzt mit Impfpass, Medikament Doxy 200 und Beipackzettel vor einer Internetseite zur Zecke
Antibiotika mit dem Wirkstoff Doxycyclin sind gegen veraschiedene Bakterien wirksam. Besonders werden die Antibiotika bei bakteriellen Infektionen eingesetzt.

Antibiotikum im Boden wiedergefunden

Auf der Suche nach Alternativen zu althergebrachten Behandlungsmethoden durchsuchten die Forschenden Böden und entdeckten Hygromycin A. Eine natürlich vorkommende chemische Verbindung.

Sie wurde bereits in den 1950er Jahren entdeckt und ist für seine antimikrobielle Wirkung als eine Art natürliches Antibiotikum bekannt. Die deutsche Parasitologin und Zeckenexpertin Professorin Ute Mackenstedt, sieht in dieser Entwicklung Potential: 

Es gibt eine Antibiotika-Resistenz, die sich immer mehr ausbreitet, insofern ist es schon wichtig, ein anderes Antibiotikum zu haben, das weniger Nebenwirkungen im Patienten hervorruft.

Köder voller Antibiotikum für Tiere?

Die Forschenden aus den USA verfolgten auch die Idee, den Stoff Hygromycin A großflächig in der Natur zu verbreiten, um die Nagetiere an denen sich Zecken mit der Borreliose infizieren, frei von dieser Erkrankung zu machen.  

Professorin Mackenstedt sieht diesen Ansatz allerdings kritisch, da auch die Nagetiere wiederum Resistenzen bilden könnten und die genaue Wirkungsweise dahinter auch noch nicht klar sei. 

Computerillustration von Lyme-Borreliose-Bakterien.
Computerillustration von Lyme-Borreliose-Bakterien. Sie verursachen Borreliose. Diese spiralförmigen Spirochäten werden durch Zeckenstiche auf den Menschen übertragen.

Impfstoff gegen Borreliose?

Forschende der Yale University haben einen Impfstoff entwickelt, der die Zecken beim Blutsaugen stört und so die Übertragung der Lyme-Borreliose verhindert. Dabei handelt es sich um einen mRNA-Impfstoff, der nicht gegen einen spezifischen Erreger wirkt, sondern gegen den Zeckenbiss selbst.

Er enthält die Boten-RNA für 19 Proteine, die typischerweise im Zeckenspeichel enthalten sind und die sich potenziell als Auslöser für eine Immunreaktion beim Menschen eignen. Wie die mRNA-Vakzinen gegen Covid-19 besteht auch der Zeckenimpfstoff aus einer leicht modifizierten mRNA. Im Körper bringt die mRNA Zellen dazu, die Zeckenproteine zu produzieren. Diese regen die Immunabwehr dazu an, Antikörper und Abwehrzellen gegen diese Antigene zu bilden.

In ersten Tests mit Meerschweinchen blieben durch eine Impfung vorab alle Testtiere infektionsfrei, von den Kontrolltieren erkrankte gut die Hälfte. Noch müssen weitere Studien zeigen, ob dieses Konzept auch beim Menschen funktioniert.

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