Die Population der Tigermücken in den Rheinauen südlich von Karlsruhe hat sich im letzten Jahr mehr als verdoppelt. Das ist ein Problem, denn Tigermücken sind nicht nur lästig, sie können die Erreger tropischer Krankheiten übertragen, wie das Zikavirus oder das Dengue-Virus, das das Dengue Fieber auslöst. Mit wachsender Mückenpopulation steigt also auch das Risiko einer Verbreitung dieser Krankheiten.
Zwar ist die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung durch die Tigermücke derzeit noch gering, aber Artur Jöst von der KABS, der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage, warnt:
Deswegen ist es wichtig, die invasiven Mücken zu bekämpfen, bevor sie zu Überträgern werden. Am hessischen LOEWE Zentrum für translationale Biodiversitätsgenomik wurde jetzt eine Methode entwickelt, mit der spezielle Mückenarten gezielt ausgeschaltet werden können. Andere Insekten und die Umwelt sollen dabei nicht zu Schaden kommen.
Bisher kaum zugelassene Bekämpfungsmethoden
Die Möglichkeiten in der Stechmückenbekämpfung sind in Deutschland durch den strengen Insektenschutz limitiert. Neben dem Einsatz von sterilen Mücken-Männchen, die beispielsweise durch Bestrahlung unfruchtbar gemacht wurden, gibt es kaum andere zugelassene Bekämpfungsmethoden.
Neue Technologie kann Stechmückenarten gezielt bekämpfen
Allerdings wirkt BTI gegen alle Mückenlarven – also auch gegen heimische Stechmücken. Die neue Technologie, die ein Konsortium von Frankfurter und Gießener Forschenden entwickelt hat, kann die jeweilige Stechmückenart gezielt bekämpfen.
Bei der sogenannten RNA-Interferenz Methode bekommen Mückenlarven im Verbreitungsgebiet Nahrung, die doppelsträngige Ribonukleinsäuren, kurz RNAs enthält. Diese schalten überlebenswichtige Gene der Larven aus. Biologe Andreas Vilcinskas war maßgeblich an der Entwicklung beteiligt:
Haltbarkeit der RNA ist eine Schwierigkeit
Die RNA hinterlässt keine toxischen Reste in der Umwelt. Andreas Vilcinskas erklärt, dass die doppelsträngige RNA umso mehr Informationen enthält, je länger sie ist. Damit sie spezifisch gegen die Tigermücken wirken kann, muss sie also eine gewisse Länge haben.
Andererseits zerfällt die RNA, wenn sie zu lang wird. Genau hier liege laut Vilcinskas die Schwierigkeit. Die RNA müsse so verpackt werden, dass sie eine Weile in der Umwelt verbleibt, um von den Insekten aufgenommen werden zu können – das ist Championsleague, sagt der Forscher.
Um die RNA passend zu generieren, braucht es detaillierte Informationen zu den Genen der jeweils zu bekämpfenden Art. Dazu müssen die einzelnen Genome sequenziert werden.
Die behördliche Zulassung steht noch aus
Wann genau die neue Methode zugelassen wird, lässt sich – so Vilcinskas – schwer abschätzen. Das Problem sei, dass die doppelsträngige RNA kein herkömmliches Pestizid oder biologisches Mittel ist. Daher könne keine der zuständigen Behörden die RNA zulassen. Dennoch ist schon Bewegung in die Sache gekommen.
Das Potential der umweltfreundlichen Methode werde bereits von den zuständigen Behörden, wie dem Bundesumweltamt und dem Bundesamt für Risikobewertung erkannt, sagt Vilcinskas. Seiner Einschätzung nach, werde es nicht mehr lange bis zu einer Zulassung dauern, gerade auch weil es in nicht nur in Deutschland, sondern EU-weit große Bestrebungen gibt, das Verfahren nutzbar zu machen.
Zukünftig auch ein Einsatz in der Landwirtschaft denkbar
Und es gibt noch einen Vorteil: Die Methode kostet nicht viel. Auch Artur Jöst von der KABS glaubt, dass das neue Verfahren die Stechmückenbekämpfung wirksam unterstützen könnte.
Möglicherweise kann die neue Methode auch in anderen Bereichen eingesetzt werden, wie in der Landwirtschaft. Denn auch hier ist in Zukunft mit immer mehr invasiven Schädlingen zu rechnen. Die könnten dann gezielt bekämpft werden, ohne anderen Insekten oder dem Menschen zu schaden.