Über 15 Jahre hat es gedauert, bis die Forschenden alle nötigen Daten zusammen hatten, um die Bedrohung von Reptilien-Arten weltweit zu kartieren und mögliche Gründe zu analysieren. Fast 1000 Fachleute aus der ganzen Welt haben mit ihrem Wissen beigetragen. Die Ergebnisse wurden jetzt in einem umfassenden Bericht im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlicht. Die bedrohten Reptilien-Arten finden sich vollständig auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN wieder.
Über 1.800 Reptilien-Arten sind massiv bedroht
Im Bericht wurde analysiert, wie gefährdet alle über 10.000 bekannten Reptilien-Arten sind und warum. Das Ergebnis: Weltweit sind derzeit über 1800 Reptilien-Arten massiv bedroht. Das sind ungefähr zwei Mal so viel wie es Vogelarten in den USA und in Kanada gibt, sagt Bruce Young, Chef-Zoologe bei der nordamerikanischen Artenschutz-Organisation Nature Serve. Er wirkte an der Veröffentlichung maßgeblich mit.
Die Hälfte aller Krokodile und sogar mehr als die Hälfte aller Schildkröten sind gefährdet – genauso wie rund drei von vier Leguan-Arten. Ähnlich sieht es bei Schlangen aus der Familie der Schildschwänze aus. Mehr als 30 Reptilienarten sind bereits definitiv ausgestorben, für weitere 40 Arten ist das wahrscheinlich, weil man schon länger kein Exemplar mehr gesehen hat. Zu den Regionen mit besonders vielen bedrohten Reptilien gehören Südostasien, Westafrika, Nord-Madagaskar, die nördlichen Anden und die Karibik.
Invasive Arten bedrohen heimische Reptilien
Den Reptilien macht zu schaffen, worunter auch andere Landwirbeltiere leiden: Landwirtschaft, Siedlungen und Rodungen zerstören ihre Lebensräume. Außerdem sind die Tiere durch eingeschleppte invasive Arten bedroht – so etwa die Echsen aus der Familie der Skinke in der Karibik.
Einige von ihnen sind bereits ausgestorben, andere stehen kurz vor der Ausrottung, erklärt Stephen Blair Hedges, Reptilienforscher von der Temple University im US-amerikanischen Philadelphia. Die Bedrohung geht von einem eingeschleppten Säugetier aus, dem Mungo. Er wurde im 19. Jahrhundert auf die Inseln gebracht, um die Rattenpopulationen zu kontrollieren. Das hat nicht gut geklappt, dafür hat das Raubtier viele tagaktive Reptilien ausgerottet, auch die Skinke.
Reptilien sind auch durch die Jagd bedroht
Andere Reptilien jagt der Mensch selbst: Schildkröten werden gefangen, um sie zu essen. Der Panzer mancher Arten ist in der traditionellen asiatischen Medizin begehrt. Viele Schildkröten werden als Heimtiere verkauft. Krokodile oder die Königskobra werden auch deshalb getötet, weil sich die Menschen vor ihnen fürchten.
Langfristig dürfte außerdem der Klimawandel zu einer immer ernsteren Bedrohung für Reptilien werden – etwa wenn Inseln überflutet werden.
Reptilien erhalten das Gleichgewicht im Ökosystem
Für viele Reptilien sieht es also schlecht aus – dabei sind sie wichtig für Mensch und Ökosysteme. Denn sie helfen bei der Bekämpfung von Schädlingen wie Insekten und Nagetieren, halten die Insektenzahlen geringer, werden auch selbst gefressen und sind deshalb ein wichtiger Teil der Nahrungskette, erklärt Stephen Blair Hedges.
Wenn die Reptilien aussterben, verlieren wir auch einen wichtigen Teil der Evolutionsgeschichte. Ein Beispiel dafür ist die Meerechse auf den Galapagos-Inseln. Sie ist die einzige Echse, die ihre Nahrung im Meer sucht und dort Algen abweidet.
Reptilien profitieren auch von Säugetierschutz
Immerhin: die Forschenden habe auch eine gute Nachricht. In den vergangenen Jahrzehnten gab es nämlich zahlreiche Anstrengungen, beliebtere Tiere wie Säugetiere und Vögel zu schützen. Über deren Gefährdung war viel mehr bekannt. Davon haben auch Reptilien profitiert, berichtet Bruce Young:
Trotzdem brauche es auch Maßnahmen, die ganz gezielt bedrohte Reptilien schützen. Die Forschenden hoffen, dass die gesammelten Daten dabei helfen – indem sie zeigen, wo Reptilien am dringendsten Hilfe benötigen.