Unter Klatsch versteht man meistens das Schlechtmachen anderer und das Verbreiten von Gerüchten. Klatsch kann aber auch einfach Smalltalk, persönlich oder online, bedeuten – 14 Prozent der täglichen Gespräche sind nämlich Klatsch in überwiegend neutralem Ton.
In einer Studie wollten Eshin Jolly und Luke Chang vom Computational Social Affective Neuroscience Laboratory in Dartmouth herausfinden, welche Funktion Klatsch hat und warum Menschen überhaupt so viele Informationen untereinander austauschen. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlicht.
Die Studie der Forschenden aus Dartmouth
Die Forschenden erstellten ein Online-Spiel – das Spiel um öffentliche Güter – um die Rolle von Klatsch zu erforschen. Um herauszufinden, welche Rolle Klatsch im sozialen Miteinander und Verhalten spielt, wurden die Teilnehmenden in Sechs-Personen-Gruppen eingeteilt – jede Gruppe spielte eine von vier Spielvarianten.
Die Gruppen spielten jeweils 10 Runden und erhielten in jeder Runde 10 Dollar. Sie mussten dann entscheiden, ob sie das Geld für sich behalten oder einen Teil davon in einen Gruppenfond einzahlen, der dann mit dem 1,5-fachen multipliziert und am Ende fair unter den Teilnehmenden aufgeteilt wurde. So wurde eine Spannung zwischen egoistischem und kooperativem Verhalten erzeugt.
Die vier Spielvarianten der Studie
- Die erste Spielvariante bestand darin, dass die Spielenden das Verhalten der fünf anderen Mitspielenden beobachten konnten, aber ohne miteinander chatten zu können.
- In der nächsten Spielvariante sahen sie nur das Verhalten der beiden direkten Nachbarn, ob die anderen Spielenden in den Fond einzahlten oder das Geld behielten, konnten sie nicht sehen. Sie konnten sich wieder mit keinem der Teilnehmenden austauschen.
- Eine weitere Spielvariante war, dass die Spielenden, wie in der ersten Variante, Informationen über alle Mitspielenden erhielten – diesmal konnten sie aber alle miteinander chatten.
- In der letzten Variante konnten sie nur das Verhalten der beiden direkten Nachbarn, wie in der zweiten Variante, beobachten, konnten aber mit dem oder der gegenüber sitzenden Spieler*in chatten. Auf diese Weise konnten sie sich über das Verhalten ihrer jeweiligen direkten Nachbarn austauschen – ob sie in den Gruppenfond einzahlen oder das Geld für sich behalten – und hatten so wieder Informationen über alle sechs Teilnehmenden.
Eshin Jolly erklärt, dass sie auf diese Weise in der letzten Spielvariante ein lebensnahes Szenario schaffen wollten. In einer Gesellschaft werde man nämlich von den Handlungen anderer beeinflusst, man könne die Handlungen aber nur selten gezielt beobachten. Klatsch würde so dazu beitragen, Ungewissheiten durch den Austausch mit anderen zu reduzieren.
Ergebnisse der Studie
Je nachdem wie viele Spielende die Teilnehmenden beobachten konnten, hat sich die Art der Kommunikation – der Klatsch – unterschieden. Wenn die Spieler nur ein weiteres Gruppenmitglied beobachten konnten, waren die Unterhaltungen mit dem Chat-Partner häufiger spontan und über andere Teilnehmende.
So haben sich die Teilnehmenden auf die Informationen über die Nachbarn des Spielpartners verlassen, ohne dabei die Nachbarn des Kommunikationspartners selbst zu sehen. Den Spielenden war es durch Kommunikation also möglich, aus Erfahrungen von anderen zu lernen. Konnten die Spielenden aber alle Gruppenmitglieder sehen, plauderten sie eher miteinander und diskutierten über unterschiedlichere Themen.
Außerdem fühlten sich die Teilnehmenden am meisten demjenigen verbunden, mit dem sie während des Spiels gechattet hatten. Sogar die Eindrücke bezüglich der anderen Spielenden ähnelten sich. Luke Chang erläutert die Ergebnisse der Studie:
In einem typischen Spiel mit öffentlichen Gütern – ohne Kommunikation – tragen die Spielenden im Laufe der Zeit immer weniger dem Gruppenfond bei – am Ende zahlt keiner mehr in den Gruppenfond ein. Die Kooperation der Spielenden in den Gruppenfond einzuzahlen blieb in der Studie aber mehr erhalten, wenn sie privat mit dem gegenüber sitzenden Spieler*in oder mit allen in der Gruppe kommuniziert haben. Die kollektive Kooperation der Gruppe in den Gruppenfond einzuzahlen wurde also durch Kommunikation mit einander im Durchschnitt erhöht. Dabei blieben manche Spielende trotz Kommunikation egoistisch in ihrem Verhalten, während andere durch Reputationsbedenken motiviert wurden, sich kooperativer als zuvor zu verhalten.
Klatsch ist also für soziale Bindungen erstrebenswert
Die Studie zeigt, wie Klatsch - der Austausch mit anderen - soziale Bindungen untereinander schafft und zu einem gemeinschaftlicheren Verhalten führt.
Die Ergebnisse der Studie über die Rolle von Klatsch im menschlichen Miteinander stehen in Verbindung mit einer "geteilten Realität". In dieser "geteilten Realität" bilden sich Allianzen, man findet gemeinsame Bindungen und tauscht persönliche Informationen untereinander aus. Sogar das Verhalten anderer wird diskutiert, um sich einig über ein sozial akzeptables Verhalten zu sein.