Psychologie

Bäume vor dem Haus sind gut für seelische Gesundheit

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Autor/in
Martin Thiel
Onlinefassung
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.
Christian Burg

Straßenbäume im direkten Lebensumfeld könnten das Risiko für Depressionen reduzieren. Das ist das Ergebnis einer Studie aus Leipzig und Jena.

Depressionen sind seit längerem auf dem Vormarsch, insbesondere in städtischen Gebieten. Die aktuelle Pandemie verstärkt dieses Phänomen noch. Ein interdisziplinäres Forschungsteam des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle–Jena–Leipzig hat in einer Studie untersucht, ob die Anzahl von Straßenbäumen in Wohngebieten einen Effekt auf die psychische Gesundheit haben.

Mehr Bäume, weniger Antidepressiva

Der Blick aus dem Fenster auf einen Baum steigert das Wohlbefinden, das kann sicher jeder nachempfinden. Auf dem Land ist es kein Thema in Städten schon. Mehr Bäume bedeuten weniger Depression.

"Wir konnten zeigen, dass Straßenbäume im direkten Umfeld wichtig für die Gesundheit sind, und zwar die alltägliche Natur von Straßenbäumen direkt um das Wohnumfeld."

Die faszinierendste Erkenntnis, so die Wissenschaftlerin, ist die Tatsache, dass in Straßenzügen wo mehr Bäume stehen, weniger Medikamente zur Linderung psychischer Krankheiten verschrieben wurden. Das ergab die Auswertung einer großen Gesundheitsstudie, die in Leipzig durchgeführt wurde.

"Wir hatten das Glück, dass wir mit der Universität Leipzig zusammenarbeiten konnten und hier Daten von fast 10.000 Erwachsenen Einwohnern in Verbindung setzen konnten mit den räumlich genauen Daten von Straßenbäumen in der Stadt Leipzig."

Es gab einen klaren Zusammenhang zwischen der Anzahl der Bäume in einem Wohnviertel und der Menge an Medikamenten oder Antidepressiva, die dort verschrieben wurden.

Der nächste Baum sollte aus dem Fenster zu sehen sein, maximal 100 Meter entfernt.
Der nächste Baum sollte aus dem Fenster zu sehen sein, maximal 100 Meter entfernt.

Das heißt: Je näher ein Baum bei der eigenen Wohnung steht, umso größer der Effekt für die psychische Gesundheit. Anders ausgedrückt: Der nächste Baum sollte maximal 100 Meter vom eigenen Wohnhaus entfernt sein.

"Wir haben die Daten genommen von verschiedenen Umkreisen um das Haus, und zwar von einem Kilometer über 500 Meter, 300 Meter, 100 Meter und konnten dort vor allen Dingen einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem direkten Umkreis von hundert Metern feststellen. Das heißt, das sind die Bäume, die man aus dem Fenster sieht, die man wahrnimmt, wenn man zur Arbeit geht, wenn man zur Arbeit fährt, Einkaufen fährt, zur Schule."

Es kommt nicht auf die Baumart an

Prof. Dr. Aletta Bonn betont, dass also nicht nur die kostspieligen und gut gepflegten Grünanlagen für das Wohlbefinden der Menschen in der Stadt wichtig sind. Es kommt auch nicht auf bestimmte Bäume an. Stadtplaner könnten auch Aspekte des Klima- und Naturschutzes mit der Pflanzung von Bäumen beeinflussen und Lebensraum für Vögel und Insekten schaffen und damit die Biodiversität steigern. Für den Mensch ist es laut der Studie egal um was für Bäume es sich handelt.

"Es war nicht so sehr der Typ von Baum wichtig in unserer Studie, sondern tatsächlich die Anzahl von Straßenbäumen. Das hat natürlich auch was Gutes. Man kann die Straßenbäume auch unter anderem Gesichtspunkten auswählen, zum Beispiel für Naturschutz."

Im Mittelpunkt der Studie stand aber die psychische Gesundheit der Stadtbewohner. Baumpflanzungen können sogar helfen soziale Ungerechtigkeiten auszugleichen, so die Wissenschaftlerin. Denn oft leben Menschen mit geringeren Einkommen in Stadtgebieten mit weniger grün und weniger Straßenbäumen.

Auch Bäume auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule können das Wohlbefinden steigern.
Auch Bäume auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule können das Wohlbefinden steigern.

Stadtplaner und -planerinnen sollten deshalb mehr darauf achten, dass in Wohngegenden mit großen Wohnsilos mehr Bäume gepflanzt werden.

"Wir wissen, dass einkommensschwächere Menschen oft ein höheres Risiko haben, an Depressionen zu erkranken. Und hier kann man mit Straßenbaumpflanzungen diese Ungerechtigkeit eventuell mildern, indem man tatsächlich guckt, dass gerade in diesen Gebieten mehr Straßenbäume gepflanzt werden."

Es muss also nicht gleich ein Naturbiotop oder ein schön angelegter Park sein, auch wenn die natürlich sehr wichtig sind für die Naherholung in den Städten. Aber stadtplanerisch sind sie eben auch schwieriger umzusetzen. Bäume zu pflanzen ist dagegen relativ leicht und kostengünstig. Straßenbäume sind für Prof. Dr. Aletta Bonn ein probates Mittel, mit dem Stadtplaner, schnell Effekte für die Gesundheit der Stadtmenschen erzielen können.

Neue Wohnsiedlung im Heidelberger Stadtteil Bahnstadt. Bäume sind für Stadtplaner ein einfaches und kostengünstiges Mittel, die Gesundheit der Anwohner positiv zu beeinflussen.
Bäume sind für Stadtplaner ein einfaches und kostengünstiges Mittel, die Gesundheit der Anwohner positiv zu beeinflussen.

"Durch die Straßenkataster, die Baumkataster, wissen wir, wo Straßenbäume sind. Das heißt, wir können auch relativ schnell identifizieren, wo eventuell Straßenzüge sind, die weniger Bäume haben."

Mit dem Pflanzen von Straßenbäumen würde man nicht nur etwas für die psychische Gesundheit der Menschen in der Stadt tun und soziale Ungerechtigkeiten abmildern. Die Studie belegt zudem, dass man relativ kostengünstig den lokalen Klimawandel und den Verlust biologischer Vielfalt bekämpfen könnte. Stadtplaner sollten also verstärkt in Betracht ziehen Bäume zu pflanzen.

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Martin Thiel
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Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.
Christian Burg