Der Oberrheingraben verläuft vom Schweizer Jura bei Basel bis zum Südrand des Taunus bei Frankfurt. Er ist etwa 350 Kilometer lang und zwischen 35 und 40 Kilometer breit. Die westliche Flanke bilden die Vogesen und der Pfälzer Wald, die östliche der Schwarzwald. Überregional betrachtet ist der Oberrheingraben aber nur ein besonders markanter Teil einer Bruchzone, die vom Mittelmeer bei Marseille entlang der Rhône und dem Rhein bis zur Nordsee führt.
Unsere Erde – harte Schale, weicher Kern
Um zu verstehen, wie der Oberrheingraben entstanden ist, ist ein Blick in den Aufbau der Erde hilfreich. Die Kontinente und der Ozeanboden bilden gemeinsam mit der Lithosphäre (griechisch lithos = Stein) harte tektonische Platten, die auf der weichen verformbaren Asthenosphäre (griechisch asthenes = schwach/weich) "schwimmen". Durch Strömungen in der Asthenosphäre – sogenannte Konvektionsströme – sind die Platten ständig in Bewegung. Vor etwa 50 Millionen Jahren beginnt die Afrikanische Platte, sich von Süden auf die Eurasische Platte aufzuschieben. Unter gewaltigem Druck schieben sich Gesteinsschichten übereinander und die Alpen falten sich auf. Für einige Millionen Jahre wirken die Alpen wie ein Keil, der die Eurasische Platte nördlich der Alpen in Ost-West-Richtung dehnt. Doch was geschieht, wenn eine Platte gedehnt wird?
Der Graben bricht
Schwarzwald und Vogesen waren ursprünglich ein Massiv. Als die Westhälfte nach Westsüdwest und die Osthälfte nach Ostnordost gedrängt werden, entstehen Spannungen, die Lithosphäre dünnt sich aus und bricht. Weiches, zähflüssiges Gestein aus der Asthenosphäre steigt in dem Bruch auf und wölbt nun die darüber liegende Kruste wie ein Pilz auf. Dabei wird die etwa 30 Kilometer dicke Kruste soweit gedehnt, bis sie vor 45 Millionen Jahren nachgibt und der Graben einsackt. Wie Keile sinken seitdem Bruchstücke – sogenannte Randschollen – bis zu 3,5 Kilometer tief in den Oberrheingraben. Der Graben wirkt wie eine Sediment-Falle und füllt sich stetig mit Sand, Kies, Geröll und auch Meeresablagerungen. Denn seit seiner Entstehung drang schon mindestens fünfmal Meereswasser in den Oberrheingraben ein. Die Grabenschultern – also die steilen Flanken von Vogesen und Schwarzwald – heben sich in der Folgezeit um bis zu 2,5 Kilometer. Je höher sie steigen, desto stärker werden sie abgetragen. Deshalb bestehen die Gipfel des Schwarzwaldes heute in der Regel aus Granit, der ursprünglich die unterste Gesteinsschicht – also das kristalline Grundgebirge – bildete.
Nicht nur Wasser fließt den Rhein hinunter
Der Rhein hat mit der Entstehung seines Grabens entgegen der weitverbreiteten Annahme nichts zu tun, denn er entstand lange nach dem Grabenbruch vor etwa 15 Millionen Jahren. Die Verbindung zum Alpenrhein besteht erst seit einer weiteren Absenkung des südlichen Oberrheingrabens vor etwa 2,5 Millionen Jahren. Allerdings transportierte und formte der Rhein einen Teil der etwa 19.000 Kubikkilometer Sedimente im Oberrheingraben. Dadurch entstanden wichtige Rohstofflager, die bis heute Grundlage zahlreicher Industriebetriebe sind. Sand und Kies werden abgebaut und entweder zu Zement, Mörtel und Gasbetonsteinen weiterverarbeitet oder direkt als Drainage-Schicht im Straßen- und Häuserbau verwendet.
Der Oberrheingraben ist außerdem eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen Europas und dient schon seit Jahrtausenden als Route für Waren, Mensch und Tier. Der Breisacher Münsterberg beispielsweise wuchs bereits 500 v. Chr. zu einem einflussreichen frühkeltischen Zentrum heran. Die verkehrsgünstige Lage als Insel in den Rheinauen machte es möglich.