Mitten im Schwarzwald, in der Nähe von Schiltach liegt eine besondere Forschungsstätte: das Black Forest Observatory (BFO). Das Geowissenschaftliche Gemeinschaftsobservatorium wird vom Karlsruher Institut für Technologie und der Universität Stuttgart betrieben und ist eines der besten Observatorien der Welt, um Erdschwingungen – sogenannte seismische Wellen – zu messen.
Im September 2023 haben die Seismometer ein bislang unbekanntes Signal aufgenommen. Im Gegensatz zu Erdbeben, die auf einer beschleunigten Tonspur nur kurz „aufploppen“, hat es einen langanhaltenden, gleichmäßigen Ton erzeugt. Das außergewöhnliche Signal (unidentified seismic object) hat die Forscher vor ein Rätsel gestellt.
Woher weiß man, wie es im Inneren der Erde aussieht?
Die Seismometer liegen tief im Berg, so dass sie auch die kleinsten Beben registrieren können. Der Stollen ist im Erdinneren umgeben von Schwarzwaldgranit. Durch die stabile Temperaturen und extra Druckschleusen sind die Messinstrumente vor äußerlichen Schwankungen geschützt.
Ungewöhnliche Schwingungen wurden auch in den USA registriert
Zunächst dachten die Geophysiker Thomas Forbriger und Rudolf Widmer-Schnidrig von BFO, dass das Gerät vielleicht kaputt sei. Doch schnell hat sich gezeigt, dass auch andere Messstationen auf der Erde, wie zum Beispiel in den USA, die ungewöhnlichen Schwingungen registriert haben.
Die Schwingung war nicht nur gleichförmig, sondern hat auch ungewöhnlich lange angehalten. Sieben Tage nach der ersten Aufzeichnung konnten die Wissenschaftler das Signal immer noch messen.
Tsunami in Grönland ist Ursache der Schwingungen im Schwarzwald
Zusammen mit Forschenden aus der ganzen Welt haben Thomas Forbriger und Rudolf Widmer-Schnidrig die Ursache in Ost-Grönland gefunden. Am Dickson Fjord hatte sich, zeitgleich zu den seismischen Signalen in Schiltach, ein 200 Meter hoher Tsunami ereignet. Ausgelöst durch einen Bergeinsturz, bei dem Gestein und Gletschermassen in die Tiefe gerissen wurden. Ihre Erkenntnisse haben die Forscher in einer Studie veröffentlicht.
Durch dem Bergsturz wurde eine Welle auf die gegenüberliegende Wand im Fjord gedrängt, dort wurde sie reflektiert, kam zurück und wurde wieder reflektiert. Durch das Hin und Her hat sich eine stehende Welle gebildet, die zu den weltweiten Bodenerschütterungen geführt hat.
Es wird mehr Bergstürze in der Arktis geben
Unter dem Berggipfel, der eingestürzt war, hatte sich ein Gletscher befunden. Der Geologische Dienst für Dänemark und Grönland konnte beobachten, wie sich der Gletscher in den letzten Jahrzehnten zurückgezogen hat, wodurch der Berg seine Stütze verloren hat. Als Ursache nennt der Geologische Dienst die Klimakrise und weist daraufhin, dass es daher in Zukunft häufiger zu Bergstürzen kommen wird.