Staub, Ruß und fettige Substanzen nagen an den rund 40 Kutschen des Münchner Marstallmuseums von Schloss Nymphenburg. Mit Wattestäbchen und Lösungsmittel entfernen Restauratoren den Schmutz aufwendig und zeitintensiv. Noch dazu ist die Instandhaltung teuer – bis zu 60.000 Euro pro Kutsche. Doch es könnte auch einfacher gehen.
Schaum als alternatives Restaurationsmittel
Neuartiger Putzschaum soll die Instandhaltung der historischen Kunstobjekte schneller und effizienter machen. Darauf hofft das Team des Restaurierungszentrums von Schloss Nymphenburg in München.
Ganz neu ist diese Idee nicht. Schäume erleichtern das Auftragen und Einarbeiten vieler Reinigungsmittel, beispielsweise beim Teppichreiniger. Der Schaum ist hierbei allerdings nur Träger. Die Putzleistung übernehmen chemische Substanzen im Reinigungsmittel, die in das Objekt mechanisch eingerieben werden. Für die sensiblen Ausstellungsstücke des Marstallmuseums würde das mehr Schaden als Nutzen verursachen.
Universität Stuttgart forscht am optimalen Restaurationsschaum
Potential hat die Idee dennoch. Das Münchner Team rund um den Restaurationsexperten Heinrich Piening hat sich daher an die Universität Stuttgart gewandt.
Dort testet die Chemie -Doktorandin Tamara Schad und ihr Team die Reinigungswirkung der Schäume in Abhängigkeit von Blasengröße und Feuchte. Zur Schaumbildung verwenden sie bioverträgliches Zuckertensid. Mithilfe der Doppelspritzentechnik lassen sich Schäume mit sehr kleiner Blasengröße und definiertem Flüssigkeitsgehalt herstellen.
Das Ergebnis überrascht: Instabiler Schaum reinigt viel besser als stabiler Schaum. Bei konventionellen Schaumreinigern ist das Gegenteil der Fall. Der Unterschied: Die neuartigen Schäume übernehmen die Putzleistung selbst. Durch den Zerfall der Blasen, das Platzen und Bewegen an der Oberfläche, werde der Schmutz abgetragen. So erklärt die Chemikerin Tamara Schad das erstaunliche Ergebnis.
Damit bleibt das sensible Material von möglicherweise schädlichen Lösungsmitteln verschont. Auch muss der Schaum nicht weiter mechanisch eingearbeitet werden. Somit sind die Kunstobjekte minimal beansprucht.
Erste positive Ergebnisse bei Anwendung an Kutschen
Kürzlich wurde das Konzept erstmals auch an historischen Originaloberflächen der historischen Fahrzeuge im Marstall in Schloss Nymphenburg getestet – mit Erfolg. Ein aus Holz geschnitzter, vergoldeter Delfin am Krönungswagen von Kaiser Karl VII erstrahlt nach wenigen Minuten Schaumbehandlung in neuem Glanz.
Nach nur fünf Minuten Einwirkzeit kann der Schaum abgesaugt werden. Tausende Arbeitsstunden mit Wattestäbchen und Lösemittel könnte die innovative Schaumanwendung einsparen. Hinzu kommt: Der Schaum ist umwelt- und objektschonend und erreicht auch schwer zugängliche Stellen.
Zukunft des Restaurationsschaums
Die Stuttgarter Forschungsgruppe will auf den Erfolg aufbauen. Im nächsten Schritt soll getestet werden, ob sich mit Schaum auch historische Oberflächen aus anderen Materialien reinigen lassen.
Auch bei der Produktion besteht weiterhin Forschungsbedarf. Bisher können nur circa 60 Milliliter des Schaums auf einmal hergestellt werden. Sollte sich der Putzschaum etablieren, müsste eine Methode gefunden werden, diesen auch in größerer Menge herzustellen.