Mundhygiene

Viele putzen sich die Zähne falsch

Stand
Autor/in
Katharina Ditschke
Portraitbild der Reporterin Katharina Ditschke.
Onlinefassung
Lena Schmidt

Zähneputzen: Nichts einfacher als das! Doch zwei Studien der Uni Gießen zeigen, dass die wenigsten ihre Zähne sauber putzen. Welche Technik ist die richtige?

Studie zeigt: Mehrheit überschätzt Zahnputzfähigkeiten

Zähneputzen ist tägliche Routine. So hat sicher jeder von uns eine Lieblings-Zahncreme, favorisiert eine Hand- oder elektrische Bürste und entscheidet sich eher für Zahnseide oder andere Utensilien. Und an die Technik erinnern wir uns auch schon seit Jahrzehnten, das ist schließlich ein tägliches Ritual seit Kindertagen.

Ob wir es deswegen auch besonders gut können, ist eine andere Frage. Zwei aktuelle Studien der Uni Gießen zeigen nun, dass viele offensichtlich die falsche Technik nutzen und ihre eigenen Zahnputzfähigkeiten überschätzen.

Besonders wichtig: der Zahnfleischrand

Das Forschungsteam wollte herausfinden, wie gut wir die Sauberkeit unserer Zähne unmittelbar nach dem Zähneputzen einschätzen und ob dies der Realität entspricht. Anhand eines Fragebogens gaben - jeweils ein Kind und ein Elternteil - ihre Bewertung ab. Das Ergebnis: Alle Studiengruppen schätzten die Sauberkeit ihrer Zähne als sehr hoch ein.

Im Durchschnitt gingen sie davon aus, etwa 70 Prozent der Messstellen am Zahnfleischrand sauber geputzt und die Zahnbeläge beseitigt zu haben. Tatsächlich waren es aber nur um die 30 Prozent. Warum haben sich die Probandinnen und Probanden so verschätzt? Vielen wissen offensichtlich nicht, dass sie am Zahnfleischrand besonders gut putzen müssen, schätzt Prof. Renate Deinzer, Studienleiterin, von der Uni Gießen:

Vielleicht putzt der ein oder die andere morgens die Zähne, vor allem, weil sie aus dem Mund besser riechen will und Karies verhindern kann. Und macht sich nicht so sehr Gedanken. Das eigentliche Ziel ist nämlich: Sämtliche Zahnbeläge von den Zähnen entfernen. Und vielen ist auch offensichtlich nicht klar, wie wichtig der Zahnfleischrand ist. Damit dann auch das Zahnfleisch gesund bleibt und damit der komplette Halteapparat, der die Zähne festhält.

Das Bild zeigt eine Zahnärztin, die in einen Mund schaut.
Ein- bis zweimal im Jahr empfiehlt sich eine professionelle Zahnreinigung.

Zweimal täglich gründlich Zähne putzen

Die Gießener Arbeitsgruppe hatte bereits länger beobachtet, dass viele ihre Zähne nicht effektiv genug putzen. Dies sollte mindestens ein Mal am Tag - besser zweimal - sehr gründlich getan werden, so Fachleute. Dabei kommt es auf zwei Dinge an: 2 Minuten Zeit und Systematik!  Prof. Elmar Hellwig, Zahnarzt an der Uniklinik Freiburg, erklärt: 

Sie müssen oben außen anfangen, rumgehen, dann innen außen. [...] Also systematisch. Die Zahnbürstenborsten sollen den Zahnfleischrand berühren, wenn ich putze.

Es sei sehr wichtig, so der Zahnarzt, dass man tatsächlich jeden Zahn ganz bewusst so putze. "Das Zweite ist: man braucht für die Zwischenräume auch entsprechende Instrumente. Das sind entweder Sticks oder Zahnzwischenraumbürstchen und je älter man wird, desto wichtiger ist das", betont Hellwig. Denn, so der Spezialist: Im Alter werden die Zahnzwischenräume größer. Zwei Minuten Zeit solle sich jeder für die Pflege einplanen.

Das Bild zeigt einen Mann, der Zahnseide verwendet
Für eine gute Mundhygiene: Zusätzlich zum Zähneputzen die Zahnzwischenräume reinigen.

Es kommt nicht nur auf die Dauer an

Doch es kommt nicht nur darauf an, wie lange man sich die Zähne putzt, sondern auf die Qualität. In einer der Studien bekam eine Gruppe die Anweisung: So gründlich wie möglich putzen, sodass sie ganz sauber sind. Sie wurde mit einer Gruppe verglichen, die ihre Zähne "wie gewöhnlich" putzen sollten. Die erste Gruppe habe zwar länger geputzt, sagt Prof. Renate Deinzer, aber sie haben die Putzzeit gleich verteilt auf die Außenflächen, Kauflächen, Innenflächen.

Es gab keinen Unterschied zwischen denen, die wie üblich und denen, die optimal geputzt haben. Das heißt: Beide haben die Innenflächen gleichermaßen vernachlässigt. Also an der Technik haben sie nichts geändert, nur an der Dauer, die sie geputzt haben.

Ebenfalls auffällig: Die Gruppe, die so gründlich wie möglich putzen sollte, benutzte häufiger Zahnseide. Dennoch vernachlässigten auch sie die Innenseiten der Zähne. Die Gruppe schätze die Sauberkeit zwar signifikant höher ein als diejenigen, die ihre Zähne "wie gewöhnlich" geputzt hatten - aber ihre Zähne waren tatsächlich nicht sauberer!

Das Bild zeigt ein Kleinkind mit einer großen Spielzahnbürste und ein Stoffkrokodil. Dem Kind soll gezeigt werden, wie man sich die Zähne putzt.
Putz, Putz, Putz - runter mit dem Schmutz. Schon als Kind lernt man Zähneputzen mit Liedern, Geschichten oder bei Schulbesuchen vom Zahnarzt.

Eigenen Putzerfolg kontrollieren

Das Forschungsteam um Renate Deinzer hat sich auf die Psychologie des Zähneputzens spezialisiert. Es wollte wissen: Was steckt hinter der mangelhaften Zahnhygiene – trotz Anstrengung der Probanden?  

Gewohnheit? Faulheit? Den Grund sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im mangelnden Bewusstsein für die Zahnhygiene. Denn, so das Ergebnis der Studien: Bei der Frage nach der "richtigen" Zahnputztechnik denken viele Menschen eher daran, dass sie viel tun müssen, und nicht, dass es auch auf die Qualität ankommt. Der Tipp vom Zahnarzt: Mit Hilfe von färbenden Lösungen könne jeder ab und an seinen Putzerfolg messen. Und das Putzen gegebenenfalls noch einmal neu lernen.

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