Studie zeigt: Mehrheit überschätzt Zahnputzfähigkeiten
Zähneputzen ist tägliche Routine. So hat sicher jeder von uns eine Lieblings-Zahncreme, favorisiert eine Hand- oder elektrische Bürste und entscheidet sich eher für Zahnseide oder andere Utensilien. Und an die Technik erinnern wir uns auch schon seit Jahrzehnten, das ist schließlich ein tägliches Ritual seit Kindertagen.
Ob wir es deswegen auch besonders gut können, ist eine andere Frage. Zwei aktuelle Studien der Uni Gießen zeigen nun, dass viele offensichtlich die falsche Technik nutzen und ihre eigenen Zahnputzfähigkeiten überschätzen.
Besonders wichtig: der Zahnfleischrand
Das Forschungsteam wollte herausfinden, wie gut wir die Sauberkeit unserer Zähne unmittelbar nach dem Zähneputzen einschätzen und ob dies der Realität entspricht. Anhand eines Fragebogens gaben - jeweils ein Kind und ein Elternteil - ihre Bewertung ab. Das Ergebnis: Alle Studiengruppen schätzten die Sauberkeit ihrer Zähne als sehr hoch ein.
Im Durchschnitt gingen sie davon aus, etwa 70 Prozent der Messstellen am Zahnfleischrand sauber geputzt und die Zahnbeläge beseitigt zu haben. Tatsächlich waren es aber nur um die 30 Prozent. Warum haben sich die Probandinnen und Probanden so verschätzt? Vielen wissen offensichtlich nicht, dass sie am Zahnfleischrand besonders gut putzen müssen, schätzt Prof. Renate Deinzer, Studienleiterin, von der Uni Gießen:
Zweimal täglich gründlich Zähne putzen
Die Gießener Arbeitsgruppe hatte bereits länger beobachtet, dass viele ihre Zähne nicht effektiv genug putzen. Dies sollte mindestens ein Mal am Tag - besser zweimal - sehr gründlich getan werden, so Fachleute. Dabei kommt es auf zwei Dinge an: 2 Minuten Zeit und Systematik! Prof. Elmar Hellwig, Zahnarzt an der Uniklinik Freiburg, erklärt:
Es sei sehr wichtig, so der Zahnarzt, dass man tatsächlich jeden Zahn ganz bewusst so putze. "Das Zweite ist: man braucht für die Zwischenräume auch entsprechende Instrumente. Das sind entweder Sticks oder Zahnzwischenraumbürstchen und je älter man wird, desto wichtiger ist das", betont Hellwig. Denn, so der Spezialist: Im Alter werden die Zahnzwischenräume größer. Zwei Minuten Zeit solle sich jeder für die Pflege einplanen.
Es kommt nicht nur auf die Dauer an
Doch es kommt nicht nur darauf an, wie lange man sich die Zähne putzt, sondern auf die Qualität. In einer der Studien bekam eine Gruppe die Anweisung: So gründlich wie möglich putzen, sodass sie ganz sauber sind. Sie wurde mit einer Gruppe verglichen, die ihre Zähne "wie gewöhnlich" putzen sollten. Die erste Gruppe habe zwar länger geputzt, sagt Prof. Renate Deinzer, aber sie haben die Putzzeit gleich verteilt auf die Außenflächen, Kauflächen, Innenflächen.
Ebenfalls auffällig: Die Gruppe, die so gründlich wie möglich putzen sollte, benutzte häufiger Zahnseide. Dennoch vernachlässigten auch sie die Innenseiten der Zähne. Die Gruppe schätze die Sauberkeit zwar signifikant höher ein als diejenigen, die ihre Zähne "wie gewöhnlich" geputzt hatten - aber ihre Zähne waren tatsächlich nicht sauberer!
Eigenen Putzerfolg kontrollieren
Das Forschungsteam um Renate Deinzer hat sich auf die Psychologie des Zähneputzens spezialisiert. Es wollte wissen: Was steckt hinter der mangelhaften Zahnhygiene – trotz Anstrengung der Probanden?
Gewohnheit? Faulheit? Den Grund sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im mangelnden Bewusstsein für die Zahnhygiene. Denn, so das Ergebnis der Studien: Bei der Frage nach der "richtigen" Zahnputztechnik denken viele Menschen eher daran, dass sie viel tun müssen, und nicht, dass es auch auf die Qualität ankommt. Der Tipp vom Zahnarzt: Mit Hilfe von färbenden Lösungen könne jeder ab und an seinen Putzerfolg messen. Und das Putzen gegebenenfalls noch einmal neu lernen.