Haselnussanbau in Italien bedroht

Mit Wespen gegen eingeschleppte Wanzen

Stand
Autor/in
Thomas Migge
Onlinefassung
Leila Boucheligua

In Italien sind immer mehr Insekten unterwegs, die dort nicht heimisch sind und Obst, Gemüse sowie die menschliche Gesundheit bedrohen. Auch Italiens ausgedehnte Haselnussplantagen sind von einem eingeschleppten Insekt bedroht – von Wanzen. Mit verheerenden Folgen für einen ganzen Wirtschaftszweig.

Die Zahlen sprechen für sich. Rund 1.500 landwirtschaftliche Betriebe leben im Norden der Region Latium von der Haselnussproduktion. Die kleinen Nüsse werden auf rund 25 Tausend Hektar Land angebaut. Ein Grossteil der Haselnüsse geht an den Schokocremegiganten Ferrero.

Das Unternehmen unterstützt immer mehr Landwirte, in diese Sträucher zu investieren. Doch die Haselnüsse sind bedroht. Vor allem im Norden Latium. Nicht nur der Klimawandel, immer weniger Regen und immer mehr viel zu warme Tage, setzt den Bäumen zu: auch eine aus China und Japan eingeschleppte Insektenart Halyomorpha halys, die marmorierte Baumwanze oder umgangssprachlich Stinkwanze.

Eingeschleppte Wanze befällt Haselnüsse

Der an der Universität Tuscia in Viterbo, mitten im Haselnussgebiet, forschende Agrar-Entomologe Stefano Speranza kennt sich gut aus mit diesen Stinkwanzen:

Dieses Insekt liebt Haselnüsse und deshalb ist es zum Hauptfeind der Nusslandwirte geworden. Es hat ja keine Feinde hier. Die hat es in seinem Herkunftsgebiet in Asien. Hier aber nicht und so breitet sich die Baumwanze explosionsartig bei uns aus.

Die asiatische Wanze hat inzwischen heimische Wanzenarten, viel weniger gefährlich und deshalb einfacher zu bekämpfen, verdrängt. Die eingeschleppte Insektenart bohrt sich in die wachsenden Haselnüsse hinein und frisst das Innere.

Dieser Vorgang provoziert in der Haselnuss zweierlei Schäden, erklärt Speranza. Einserseits werde die Wachstumsphase der noch kleinen Haselnüsse durch das Hineinbohren der Wanzen unterbrochen. Der andere Schaden betrifft den Geschmack der Nüsse, der sehr bitter wird. Das leigt daran, dass die Wanze in der Nuss eine Art Speichel hinterlasst, der den bitteren Geschmack bewirkt. 

Haselnussbäume in Italien, tags: Wanze, Wespe, Italien
In der italienischen Region Latium leben etwa 1.500 landwirtschaftliche Betriebe von der Haselnussproduktion.

Wespe als natürliches Mittel gegen Wanzen

Die natürlichen Waffen im Kampf gegen die asiatischen Wanzen sind beschränkt, erklärt der Agrar-Entomologe:

Es gibt zwar einige natürliche Mittel gegen diese Insekten. Wie etwa das Aussetzen nützlicher Insekten, die diese Art von Wanzen fressen. Aber bis man hier eine Wirkung erzielen kann vergehen einige Jahre. Zu viel Zeit. Die betroffenen Landwirte haben diese Zeit nicht.

Also suchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie Speranza nach möglichst schnell wirkenden Gegenmitteln. Er und weitere Biologen sind davon überzeugt, dass ein anderes Insekt aus Asien der Wanze relativ schnell  den Garaus machen könnte, Trissolcus japonicus, die so genannte Samurai-Wespe. Eine Wespe, die erst seit einigen Jahren in Europa nachweisbar ist, weiß die Agrarwissenschaftlerin Alessia Iacovone:

Diese kleine Wespe parasitieren die Eier der asiatischen Wanze. Sie schlürft die Eier der Wanzen aus und legt dann darin ihre eigenen Eier ab. Nach rund 18 Tagen schlüpfen dann die jungen asiatischen Wespen.

Es existiert also ein wirksames Gegenmittel gegen die asiatischen Wanzen. Warum also werden die Samurai-Wespen dann nicht gleich im ganz großen Stil in den betroffenen Anbaugebieten eingesetzt?

Studie bestätigt Wirksamkeit der Wespen gegen Wanzen

Das Hindernis hat seinen Grund in bürokratischen Vorschriften, die eine Testphase vorschreiben. Dabei könnte auf eine lange Testphase dort verzichtet werden, argumentieren Landwirte und Agrarwissenschaftler der Universität in Viterbo.

Der Einsatz der Samurai-Wespen wurde bereits vor wenigen Jahren in der Region Trentino positiv getestet. Dort waren Obstplantagen von der asiatischen Wanze befallen. In 44 Plantagen kamen 90 Prozent weibliche und 10 Prozent männliche Samurai-Wepsen zum Einsatz.

Die im Trentino ansässige Forschungsstiftung Fondazione Edmund Mach hat nach dem Einsatz der Samurai-Wespen eine Studie vorgelegt, die die Wirksamkeit dieses Insekts im Kampf gegen die Wanzen und zur Rettung der Obstbäume eindeutig nachweisen soll. Mit dieser Studie in der Hand fordern nun die Landwirte in Latium eine schnelle Entscheidung des Landwirtschaftsministeriums.

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