In einem Labor im Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart steht ein großes Mikroskop. Der Tisch ist schwingungsgedämpft, denn die kleinsten Erschütterungen könnten das, was unter dem Mikroskop liegt, unbeobachtbar machen: Die Roboter, die Amirreza Aghakhani und sein Team erfunden haben, sind nur ca 25 Mikrometer klein und deshalb nur mit sehr starker Vergrößerung zu sehen.
Ein Fingerhut mit Düsenantrieb
Der Mikroroboter sieht aus wie ein kurzer Fingerhut mit verengter Öffnung: Vorne strömungsgünstig abgerundet, hinten flach mit einem kleinen Loch, innen hohl. Wenn diese Roboter im 3D-Drucker an der Luft hergestellt werden und dann in eine Flüssigkeit getaucht werden, schließen sie eine winzige Luftblase in sich ein, die durch die kleine Öffnung nicht entweichen kann. Treffen dann Ultraschallwellen auf die Blase, dann fängt sie an zu vibrieren.
330 Kilohertz haben die Schwallwellen, mit denen die Wissenschaftler die Luftblasen treffen. Die Vibration der Luftblase erzeugt dann an der Öffnung einen Rückstoß: wie eine Art Düsenstrahl. Das lässt den Roboter geradeaus schießen - und das ziemlich schnell:
Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei dem 90-fachen der eigenen Länge pro Sekunde. Bei einer Länge von ca. 25 Mikrometer ergibt das ungefähr 2,2 Millimeter pro Sekunde. Umgerechnet auf die Größe eines Menschen rasen die Roboter mit über 500 Km/h herum. Damit sind sie auch ein Vielfaches schneller als andere Modelle von Mikrorobotern.
Der Traum der Medizin
Vor allem ist das auf jeden Fall schnell genug, um Medikamente im Körper zu transportieren. Das soll irgendwann ihre Aufgabe sein: Angetrieben von Ultraschall und gelenkt von einem schwachen Magnetfeld sollen sie die Medizin revolutionieren. Eine Finne an der Seite hilft außerdem dabei, den Kurs einfacher zu halten.
Die Roboter können in einer Flüssigkeit gelöst und dann in den Körper gespritzt werden. Es gibt auch schon Methoden, mit denen Medikamente an den Robotern befestigt werden könnten. Damit könnten sie durch Blutbahnen rasen und die hochdosierte Arznei punktgenau am Zielort abladen. Die Luftblase und der Düsenstrahl haben außerdem so viel Energie, das die Roboter damit sogar schlechte Zellen, wie Tumorzellen, einfach zerschießen könnten.
Schwangerschaftsdiagnostik macht Roboter sichtbar
Die Luftblase im Innern ist überhaupt erst der Grund, dass die Mikroroboter sichtbar werden: Im Körper sind sie mit einem Ultraschallgerät auf dem Bildschirm zu sehen. Das arbeitet ähnlich wie die Geräte in der Schwangerschaftsdiagnostik, nur mit einer anderen Frequenz, um den Antrieb nicht zu beeinflussen. So kann man die winzigen Roboter im Körper sehen.
Für die Praxis noch nicht einsatzbereit
Trotzdem gibt es aber noch einige Hürden für die Zukunft: Die Massenherstellung der Mikroroboter ist mit derzeitiger Technologie noch viel zu teuer, für die Behandlungen würden schließlich Millionen von ihnen gebraucht. Außerdem verhalten sich die Roboter in Wasser anders als in Blut oder Lymphflüssigkeit. Die Präzision des Steuerns ist auch noch problematisch: Im Labor geht das schon sehr genau, am Bildschirm des Ultraschallgeräts ist das schon schwerer.
Deshalb wird es wohl noch ein paar Jahre der Forschung dauern, bis die Roboter von Amirezza Aghakhani und seinem Team durch menschliche Adern flitzen.