Hunde können auf antrainierte Anweisungen wie „Sitz“ und „Platz“ reagieren – das ist klar. Aber können sie auch das Vorhaben des Menschen verstehen? Das haben Forschende des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena zusammen mit Wissenschaftler*innen aus Göttingen untersucht. Die Studie erschien im Fachmagazin Scientific Report.
Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen untersuchten die Frage, ob Hunde absichtliches von unabsichtlichem Verhalten unterscheiden können. Das könnte bedeuten, dass sie zumindest zum Teil die Fähigkeit besäßen, mentale Zustände wie Wünsche und Wissen von anderen zu deuten.
Futterbelohnung soll Aufschluss geben
Für den Versuch wurden 51 Familienhunde beobachtet: Sie waren durch eine Plexiglasscheibe mit einer kleinen Öffnung von einer Person getrennt. Jeder Hund wurde in drei Durchläufen getestet, jeweils mit anderen Bedingungen.
Zunächst lernten die Hunde, dass sie durch die Öffnung in der durchsichtigen Trennwand Futter bekommen. Beim ersten Durchgang wurde die Belohnung absichtlich zurückgezogen, also willentlich verwehrt, und auf den Boden gelegt. In der zweiten Runde versuchte die Person, das Futter durch die Öffnung zu schieben. Das fiel jedoch „aus Versehen“ zu Boden. Beim letzten Durchlauf scheiterte die Belohnung, da die Öffnung plötzlich geschlossen wurde.
Führt eine verhinderte Belohnung zu einer anderen Reaktion?
Die Frage war: Reagieren die Hunde anders auf den Menschen, der ihnen ihre Belohnung absichtlich verwehrt hat, als auf den, der ihnen das Futter geben wollte, jedoch nicht konnte? Wenn Hunde tatsächlich erkennen könnten, ob ein Mensch etwas mit Absicht tut, dann müssten die Reaktionen unter den unterschiedlichen Bedingungen („Will nicht“ im ersten Durchgang, bzw. „Kann nicht“-Bedingungen im zweiten und dritten Durchgang) anders ausfallen, erklärt Juliane Bräuer vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte. Und genau das war der Fall.
Wenn der Hund davon ausging, dass der Mensch das Leckerli eigentlich übergeben wollte, lief er um die Trennwand herum, zum Menschen hin. Die Forschenden maßen, wie lange es dauerte, bis die Hunde sich der Belohnung näherten, also um die Absperrung herumliefen.
Hunde können Vorhaben des Menschen erkennen
Wenn die Menschen das Futter mit Absicht nicht gaben, warteten die Hunde länger. Außerdem hörten sie auf mit dem Schwanz zu wedeln, setzten oder legten sich öfter hin. Das könnte als Beschwichtigungsversuch interpretiert werden.
Das sei ein Hinweis dafür, dass Hunde tatsächlich in der Lage sind, zu erkennen, ob Menschen etwas mit Absicht machten. Das spräche dafür, dass sie zumindest zu einem gewissen Teil in der Lage sind zu erkennen, was der Gegenüber weiß und will.
Weitere Forschung ist nötig
Natürlich könnte es auch andere Erklärungen für dieses Verhalten geben. Um diese auszuschließen, ist allerdings noch mehr Forschung nötig. So ist es zum Beispiel möglich, dass die Testpersonen unbewusst Signale ausgesendet haben, die die Hunde wahrnehmen. Auch könnten frühere, individuelle Erfahrungen der getesteten Hunde bei den Versuchen eine Rolle gespielt haben.