Wenn die Politik dem Klima helfen will, dann macht sie oft klimaschädliches Verhalten teuer. Ihr Instrument dafür ist in vielen Fällen eine Steuer, die zum Beispiel den Preis für klimaschädliche fossile Kraftstoffe an der Tankstelle so hochsetzt, dass viele Menschen ihr Auto stehen lassen. Zumindest ist das die Idee. Doch wie viele Treibhausgase haben Gesetze und politische Regelungen in Ländern wie Schweden, Deutschland oder den USA tatsächlich eingespart?
Um das herauszufinden, hat ein internationales Forschungsteam insgesamt 1.500 politische Maßnahmen aus den vergangenen 20 Jahren in 41 Ländern auf den Prüfstand gestellt. Mit dabei waren auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC).
Die wichtigste Erkenntnis, erklärt Studienautorin Annika Stechemesser vom PIK so: "Viel hilft nicht automatisch viel. Es kommt vielmehr auf den Mix an Maßnahmen an."
Erfolgreich: Klimaschädliches verbieten, Klimafreundliches fördern
Ein Beispiel: Wenn die Politik nur Verbote erlässt, also für Kohlekraftwerke im Stromsektor oder für Verbrenner-Autos im Verkehr, dann führte das in keinem der untersuchten Fälle dazu, dass Treibhausgase wirklich eingespart wurden. Erst, wenn das Verbot mit Anreizen wie zum Beispiel kostenlosen öffentlichen Nahverkehr bei gleichzeitigem Verbot der Verbrenner-Autos verknüpft wurde, konnten Treibhausgase eingespart werden - ein Erfolg fürs Klima.
Stechemesser nennt als Positiv-Beispiel Schweden: "Schweden ist ein Fall, der zeigt, dass im Gebäudesektor eine Kombi aus CO2-Bepreisung und Förderprogrammen für Sanierungen und den Heizungstausch erfolgreich sein kann."
Wie die Schweden Gebäudepolitik betreiben, ist führend beim Klimaschutz
Tatsächlich gilt Schweden auch bei Branchenverbänden als führend, wenn es darum geht, den Gebäudesektor klimafreundlicher zu machen. Die CO2-Steuer, die klimaschädliche, fossile Brennstoffe teurer macht, wurde bereits in den 1990er Jahren eingeführt und ist seitdem stetig gestiegen - ein echter Anreiz also, auf Kohle und Öl beim Heizen zu verzichten. Parallel dazu gab es Geld von der schwedischen Regierung für alle, die ihre Häuser besser dämmen ließen und auf Wärmepumpen, Fernwärme oder Biomasseheizungen umgestiegen sind.
Wenn die Politik erfolgreich Treibhausgase einsparen will, sollte sie laut der Studie eben solche Pakete schnüren, aus einer Steuer, die klimaschädliches Verhalten teurer macht, und einer Förderung, die als Alternative klimafreundliches Verhalten unterstützt.
Nur 63 von 1.500 Regelungen sparen Treibhausgase
In der Realität agierte die Politik in den vergangenen 20 Jahren allerdings nicht immer so: Für gerade mal 63 der 1.500 Maßnahmen stellt das Forschungsteam eine nennenswerte Emissionsminderung fest. Insgesamt konnten damit zwischen 600 Millionen und 1,8 Milliarden Tonnen CO2 eingespart werden. Zum Vergleich: Weltweit betrug der Ausstoß an Treibhausgasen im Jahr 2021 laut Statistischem Bundesamt rund 38 Milliarden Tonnen CO2.
Positive Beispiele, wie das im Gebäudesektor aus Schweden, seien auch für Deutschland ein gutes Vorbild, sagt Forscherin Annika Stechemesser: "Dies kann eine Orientierung beim Design von Politikmaßnahmen in Deutschland sein."
Denn tatsächlich hat die Studie im Gebäudesektor die meisten Positivbeispiele gefunden. Danach kamen Verkehr, Industrie und Strom.
Deutsche Politik: Heizungsgesetz nicht untersucht
Das deutsche Heizungsgesetz, das seit Anfang dieses Jahres gilt, verfolgt einen ähnlichen Mechanismus: Klimafreundliche Wärmepumpen werden gefördert, der Einbau neuer fossiler Ölheizungen ist ab einem bestimmten Zeitpunkt verboten. Wie viel das deutsche Heizungsgesetz tatsächlich fürs Klima bringt, haben die Forschenden nicht untersucht. Der betrachtete Zeithorizont endet mit dem Jahr 2022.
Stechemesser sagt: "Auch wenn es schwierig bleibt, die Wirkung einzelner Maßnahmen in einem Mix genau zu entschlüsseln, gewinnen wir aus unseren 63 Erfolgsfällen systematische Erkenntnisse darüber, welche Maßnahmen sich gut ergänzen und wie der Erfolg von Instrumenten vom Sektor, aber auch vom Entwicklungsstand der Länder abhängt." Denn die Studie unterscheidet, ob die Emissionsminderung in einem Entwicklungs-, Schwellen- oder Industrieland passiert ist.
Interaktives Tool verdeutlicht die Wirkungen auf das Klima
Aus den Ergebnissen hat das Forschungsteam eine interaktive Website gebastelt, den sogenannten Climate Policy Explorer, zu deutsch: Klimapolitik-Forscher. Das Tool ist frei zugänglich. Es stellt bildlich dar, wie viele Treibhausgase durch politische Maßnahmen je nach Sektor genau eingespart wurden.