Wenn Vögel auf der Partnerwahl sind, setzten sie bewusst ihre Stimme ein, um auf sich aufmerksam zu machen und attraktiver zu wirken. Wir Menschen sind da nicht ganz anders. Auch wir lassen uns durch die Stimmfarbe des Gegenübers beeinflussen, jedoch eher unbewusst und intuitiv.
Tiefe Männerstimmen lassen Frauenherzen höher schlagen
Eine tiefe Stimmlage bei Männern deutet auf deren körperliche Stärke hin. Das zeigt eine Studie der University of California in Santa Barbara. Auch die Ergebnisse eines Experiments der Pennsylvania State University in den USA legen nahe, dass Frauen hinter tieferen Männerstimmen attraktivere Personen erwarten. Eine dunkle Stimme wird demnach als stärker, kompetenter, attraktiver und dominanter wahrgenommen.
Männer seien dagegen von dunkleren Stimmfarben eher eingeschüchtert. Experimente am University College in London zeigten, dass Frauen mit eher höheren und zarteren Stimmen für besonders attraktiv gehalten werden.
Neue Studie kombiniert Stimmlagen mit visuellen Reizen
Die bisherige Forschung fokussierte sich meist auf die reine Wahrnehmung der Stimme, ohne diese mit anderen Sinneseindrücken zu vermischen. Doch eine aktuelle Studie der Universität Wien hat sich jetzt die Frage gestellt, wie die Stimme wahrgenommen wird, wenn eine Person gleichzeitig mit visuellen Reizen konfrontiert ist. Genauer hat die Studie untersucht, ob die weibliche Stimmhöhe auch beeinflussen kann, wie das Gesicht der Frau wahrgenommen wird.
Dazu wurden den 106 männlichen Teilnehmern kurze Videos von sprechenden Frauen gezeigt, bei denen die Stimmlage in verschiedenen Versionen verändert worden war. Alle Teilnehmer sahen die gleichen Aufnahmen mehrmals, jeweils mit unterschiedlichen Stimmlagen.
Wirken hohe Frauenstimmen doch nicht attraktiver?
Die Studie kam zu einem überraschenden Ergebnis: Die Gesichter mit höheren Stimmen wurden nicht wie erwartet als attraktiver, weiblicher oder gesünder beschrieben. Bisher sei man davon ausgegangen, dass höhere Frauenstimmen evolutionsbedingt als attraktiver wahrgenommen werden, da sie Indikatoren für Jugendlichkeit und Gesundheit und damit für einen höheren Reproduktionserfolg der Frau seien, so Christina Krumpholz, Leiterin der Studie. "Dass wir dies in der Studie nicht gefunden haben, ist also eher überraschend und stellt diese Theorien in Frage", meint sie.
Bei Merkmalen wie Attraktivität, Weiblichkeit und Gesundheit scheinen die Gesichter ausreichend Informationen zu liefern, weshalb der Klang der Stimme leichter ignoriert werden konnte. Die Bedeutung der Stimme scheint also im Vergleich zum Antlitz einer Person nachrangig zu sein. Die Bewertungen des Gesichts wurden daher nicht maßgeblich beeinflusst.
Hohe Stimmen lassen Gesichter jünger wirken
Eine deutliche Wirkung zeigte sich aber: Frauen mit höherer Stimme wurden von den Teilnehmenden im Schnitt um ein halbes Jahr jünger eingeschätzt. Bei der Bewertung von Gesichtern scheint die Stimme also dann eine wichtige Rolle zu spielen, wenn es um die Einschätzung des Alters geht.
Bei der Evolutionspsychologie muss neu hingehört werden
Die Stimmhöhe spielt zwar eine Rolle für die sozialen Bewertungen, jedoch nicht so ausgeprägt, wie viele frühere Studien vermitteln. Die überraschenden Erkenntnisse der Studie könnten, so Christina Krumpholz, ein Hinweis darauf sein, "dass wir bestehende evolutionspsychologische Konzepte vielleicht überdenken müssen, und mehr Raum für individuelle Vorlieben und Unterschiede geben müssen“.
Wir sind also bei der Partnerwahl doch nicht so sehr von der Stimme unseres Gegenüber beeinflussbar wie die Vögel, auch wenn wir die Wahrnehmung einer Person nicht ganz vom Klang ihrer Stimme lösen können.