Ein junger Testpilot schreibt Geschichte
Gelungen ist der Überschallflug mit dem Raketenflugzeug Bell X-1. Damit flog der Testpilot Charles Elwood Yeager am 14. Oktober 1947 als erster Mensch schneller als der Schall. Der Mann, den alle nur "Chuck" nannten, war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 24 Jahre alt und bereits ein hochdekorierter Kampfpilot. Als Testpilot der Air Force wollte er an jenem Dienstag, dem 14. Oktober 1947, etwas erreichen, was viele Luftfahrt-Experten für seinen sicheren Tod hielten.
"Ein Job, der halt getan werden musste"
Das nur knapp zehn Meter lange Flugzeug Bell-X-1 hing unter dem Bauch einer riesigen Boeing B-29, die das kleine Raketenflugzeug nach oben trug. In 2.000 Metern Höhe kletterte Yeager in das Cockpit und schloss die Luke – unter starken Schmerzen. Er hatte sich zwei Tage vorher bei einem Reitunfall zwei Rippen gebrochen, vertraute sich aber einem Freund an und gemeinsam fanden sie eine Lösung: Mit einem zurechtgesägten Besenstiel, den er ins Cockpit schmuggelte, konnte Yeager die schwere Luke von innen zuziehen und verriegeln.
Dann löste sich die Bell X-1 vom Trägerflugzeug, beschleunigte immer mehr und stieg auf über 13.000 Meter. Bei den niedrigen Temperaturen in dieser Höhe beträgt die Schallgeschwindigkeit 1.060 Kilometer pro Stunde, Chuck Yeager schaffte 1.125 – und durchbrach damit die Schallmauer. Es war der Höhepunkt eines Projekts, das nach monatelanger Vorbereitung und unter strenger Geheimhaltung der USA den Rang als führende Flugmacht der Welt sicherte.
Der Mythos der undurchdringbaren Schallmauer
Die „Schallmauer“ war zu dieser Zeit so etwas wie der heilige Gral der Fliegerei, ein physikalisches Phänomen, um das sich düstere Legenden ranken. Der Begriff beschreibt den extremen Anstieg des Luftwiderstands, wenn sich ein Objekt der Schallgeschwindigkeit nähert. Die ist abhängig von der Lufttemperatur und beträgt zum Beispiel am Gefrierpunkt knapp 1.200 Kilometer pro Stunde. Die Piloten fürchteten, dass ihre Flugzeuge bei Schallgeschwindigkeit zerbrechen, dass sie wirklich gegen eine Mauer fliegen würden. Das dem nicht so ist, bewies Chuck Yeager auf der Muroc Air Base in Kalifornien, indem er den Mythos der „undurchdringlichen Mauer“ entzaubert.
Eine amerikanische Heldengeschichte
Nach dem gewonnenen Weltkrieg machte den USA noch niemand den Status als Supermacht streitig. Man suchte ständig neue Herausforderungen, um der Welt zu zeigen, wer die Nummer Eins ist. Da kam der „Durchbruch der Schallmauer“ gerade recht – und der, der sie als erster durchbricht wurde zum amerikanischen Helden.
Chuck Yeager starb im Dezember 2020, im Alter von 97 Jahren. Mit seinem „Flug durch die Schallmauer“ ist er zu einer Legende in der Luftfahrt geworden. Ihm ist am 14. Oktober 1947 etwas gelungen, was wohl nur wenigen Menschen jemals gelingen wird. Er hat ein neues Geräusch in diese Welt gebracht.
Ziviler Einsatz von Überschallflugzeugen heute
Mit der Pionierarbeit Chuck Yeagers war es wenige Jahrzehnte später möglich, auch Passagiere mit Überschall-Geschwindigkeit zu transportieren. Die mittlerweile stillgelegte Concorde der Fluggesellschaften Air France und British Airways flog in nur gut 3 Stunden von London nach New York. Mit über dreißig Jahren Betriebszeit wurde die britisch-französische Concorde 2003 als letztes Überschall-Passagierflugzeug in Rente geschickt.
Heute arbeiten Firmen wieder daran, Überschallflugzeuge im Verkehrssektor einzusetzen. Dieses Mal sind es Privatunternehmen und nicht mehr Nationen, die die Technologie marktreif machen wollen. Doch es gibt Hürden: Noch ist der Verbrauch und die Lärmbelastung extrem hoch. Der Flug ist einerseits nicht lukrativ, andererseits bestehen rechtliche Regulationen, die das Überschallfliegen über Land aus Lärmschutzgründen unterbinden. Forschende arbeiten aber bereits daran, die Grundlagen für den zivilen Überschallverkehr zu schaffen.