Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Göttingen werteten Daten von rund 135.000 Befragten aus 41 Ländern aus. Außerdem analysierten sie Studien der Länder zum Thema, erläutert die Entwicklungsökonomin Maja-Emilia Marcus im Interview.
Dabei erklärt sie, dass die Studien nach 2008 erhoben sein müssen und aus einem Land mit geringem oder mittlerem Einkommen stammen. Ganz wichtig sei auch, dass sie national repräsentativ sind und die Blutwerte zur Verfügung stehen.
Gutes und schlechtes Cholesterin
Dabei wurde in nicht allen Ländern zwischen dem guten HDL-Cholesterin und dem bösen LDL-Cholesterin, das für Herzinfarkt und Schlaganfall verantwortlich ist, unterschieden. In manchen Ländern wurden nur die Gesamtwerte für Cholesterin ermittelt.
Die Blutfettwerte detailliert zu erheben, ist nicht ganz billig, denn dafür müsste vielen Menschen Blut entnommen und untersucht werden. Daher haben manche Länder mit geringem Einkommen eher Werte zum Blutdruck und kaum welche zu Cholesterin oder Blutzucker. Ausgewählt wurden daher Länder, die diese Blutwerte zur Verfügung haben.
Andere Regionen, die untersucht wurden, waren zum Beispiel Algerien, Aserbaidschan, Bangladesch, Burkina Faso, Eswatini, Irak, Iran, Mongolei.
Unterschiede in Gesundheitsversorgung
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten direkt gravierende Unterschiede fest. Die Gesundheitsversorgung sei noch lange nicht da, wo sie sein müsste. Es haben immer mehr Menschen hohes Cholesterin, während nur ein Bruchteil der Menschen dafür auch versorgt werde.
Wenn es darum geht, sie zu diagnostizieren und zu behandeln, dann sind es laut Marcus unter 10 Prozent aller Menschen, die einen erhöhten Cholesterinwert haben. Neun von zehn Menschen werden also nicht behandelt. Damit steigt für diese das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, erheblich.
Die Gesundheitssysteme vieler Länder sind größtenteils noch damit beschäftigt, übertragbare Krankheiten, wie Tropenkrankheiten, zu bekämpfen. Cholesterin ist oft noch kein Thema. Das hat auch mit der Vorstellung von Krankheit in manchen Ländern zu tun.
Viele Menschen glauben man könne spüren, wenn man hohen Blutdruck oder erhöhtes Cholesterin hat, aber das ist nicht der Fall. Daher gehen viele in der Bevölkerung erst zum Arzt, wenn man sich bereits krank fühlt, aber nicht vorbeugend, um sich auf Krankheiten testen zu lassen.
Behandlung von hohen Cholesterinwerten
In ihrer Studie untersuchte Marcus auch, wie gut die Menschen, die erhöhte Cholesterinwerte haben, behandelt werden. Mehr Bewegung und bessere Ernährung können die Werte senken. Aber das müssen die Menschen wissen. An Medikamenten gibt es sieben verschiedene Statine. Sie sind das Mittel der Wahl, um hohe Werte zu senken und so das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt um bis zu 30 Prozent zu verringern.
Es gibt einige Länder mit mittlerem und niedrigem Einkommen, die bereits sehr viele Menschen behandeln. Zum Beispiel Costa-Rica, Iran, Irak und Sri Lanka. In vielen anderen Ländern hingegen gibt es wenig Ressourcen und kein System, um Menschen mit Risikofaktoren systematisch zu testen. Diese Länder liegen noch weit von den Zielen der Weltgesundheitsorganisation entfernt.
"Das Ziel der WHO ist es, dass 50 Prozent aller Leute, die hohes Cholesterin haben und Statine bekommen sollten, die dann dementsprechend auch bekommen. Und das schafft kein einziges Land in unserer Studie, es sind zwischen 8 und 20 Prozent der Menschen, die Statine erhalten."
Auch bei Menschen, die bereits Herzkreislauf-Erkrankungen haben, bekommen nur 20 Prozent Statine. Es gibt in dieser Untersuchung der 41 Länder kaum welche, die im Rahmen der Gesundheitsvorsorge ihre Bürger testen, sie richtig behandeln, sodass sie wieder gute Werte haben. Im Gegenteil, so Marcus, viele Länder erreichen das kaum.
Um so wichtiger sei, dass etwas getan werde. Mittlerweile gibt es billigere Testverfahren, patentfreie preiswerte Medikamente. Und eine Beratung, was man essen und wie viel man sich bewegen sollte, kostet auch kaum etwas. Aber auch in Deutschland gäbe es noch Nachholbedarf, erläutert Stephanie Stock, Professorin für Gesundheitsökonomie am Institut für Gesundheitsökonomie in Köln.