Nikos Logothetis ist zurzeit Direktor des Max-Planck-Instituts für biologische Kybernetik in Tübingen. In Shanghai wird ihm nun offenbar ein neuer Forschungscampus eingerichtet. Er könnte dort auch viele seiner jetzigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen.
Der international anerkannte Hirnforscher war in Deutschland öffentlich unter Druck geraten, als Filmmaterial aus seinem Affenlabor veröffentlicht wurde.
Tierschützer zeigen verstörende Bilder aus Logothetis Affenlabor
Es begann im September 2014. Damals veröffentlichten Tierschützer heimlich gedrehte Aufnahmen aus Nikos Logothetis Tierversuchslabor. Zu sehen waren verstörende Bilder von Versuchsaffen. Affen, die sich wie wahnsinnig um die eigene Achse drehten. Affen mit blutüberströmten Köpfen.
Tierschützer stellten sich gegen Wissenschaftler
Während die einen sich auf die Seite der Tierschützer stellten, die immer wieder demonstrierend durch Tübingen zogen und ein Ende der Versuche forderten, stärkten vor allem viele Wissenschaftler Logothetis den Rücken und verteidigten seine Forschung.
Die Affenversuche waren genehmigt
Hirnforscher Logothetis betrieb Grundlagenforschung – bei der Mikroelektroden ins offene Hirn der Affen eingeführt werden, um ihre Hirnströme zu messen. Diese Tierversuche waren genehmigt.
Oberbürgermeister Palmer stellt sich hinter den Hirnforscher
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) stellte sich damals bei einer Demonstration gegen die aufgebrachten Tierschützer:
Die Staatsanwaltschaft stellt Verstöße bei den Affenversuchen fest
Doch es blieb nicht bei öffentlicher Empörung. Die Staatsanwaltschaft Tübingen ermittelte und stellte fest, dass es im Rahmen der Affenversuche Verstöße gegeben hatte. Zu einem Prozess gegen Nikos Logothetis kam es letztlich aber nicht. Das Verfahren wurde eingestellt - gegen Zahlung einer Geldauflage.
Logothetis fühlt sich in Tübingen angefeindet
Diese Vorgänge sind ein Grund dafür, dass der international anerkannte Forscher Tübingen verlassen will - mit 69 Jahren. Hinzu kommt, dass radikale Tierschützer ihn bedroht haben, wie er sagt. Tübingen sei seitdem für ihn nicht mehr der Ort, der es einmal war.
Max-Planck-Gesellschaft entzog Logothetis sämtliche Tierversuche
Letztlich entscheidend dürfte aber das Verhalten seines Arbeitgebers gewesen sein: Als die Staatsanwaltschaft gegen Logothetis ermittelte, entzog ihm die Max-Planck-Gesellschaft (kurz: MPG) jegliche Tierversuche. Bis zum Ende des Verfahrens.
Logothetis vermisst die Loyalität seines Arbeitgebers
Für Logothetis war der Entzug ein Vertrauensbruch. Wie viele andere Wissenschaftler weltweit hatte er erwartet, dass die Max-Planck-Gesellschaft sich vor ihn stellen würde. Schriftlich teilte er mit:
Die Max-Planck-Gesellschaft fühlt sich im Recht
Die Max-Planck-Gesellschaft sagte öffentlich, dass einige der Vorschriften zur Haltung von Versuchstieren im Labor von Logothetis nicht eingehalten wurden. Den Vorwurf der Tiermisshandlung zu klären, sei Sache der Staatsanwaltschaft. Professor Logothetis für die Dauer der Ermittlungen die Tierversuche zu entziehen, sei die richtige Entscheidung gewesen, bekräftigt Pressesprecherin Christina Beck:
Deshalb zieht es den Hirnforscher nach China
Die Kluft, die zwischen Logothetis und der Max-Planck-Gesellschaft entstand, konnte nie mehr zugeschüttet werden. Logothetis‘ Weggang wäre für beide Seiten die Lösung eines immer noch schwelenden Konflikts.
Noch ist nicht klar, ob Logothetis wirklich nach China geht und vor allem wann. Sein Vertrag am Tübinger Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik läuft noch fast drei Jahre. Es gibt seit einigen Monaten Gespräche darüber, den Vertrag vorzeitig zu beenden. Zu welchen Konditionen ist allerdings noch nicht klar – zumal Logothetis offenbar einen Teil seiner Mitarbeiter mit nach China nehmen will.
Die MPG will das Tübinger Institut neu ausrichten
Die Max-Planck-Gesellschaft scheint dem Wissenschaftler keine Träne nachzuweinen. Logothetis stehe ohnehin an der Schwelle zur Emeritierung, sagt Pressesprecherin Christina Beck.
Die Max-Planck-Gesellschaft hat längst damit begonnen, das Tübinger Institut neu auszurichten. Künftig wird zum Thema Künstliche Intelligenz geforscht.