Am Montag den 13. Juni 2022 wurden auf einer Pressekonferenz im Haus der Astronomie in Heidelberg die neusten Messergebnisse der Gaia-Mission vorgestellt.
Diese vermisst seit 2013 unsere Galaxie, die Milchstraße. Die Daten enthalten Informationen zu fast 2 Milliarden Sternen und anderen astronomischen Objekten.
Professor Stefan Jordan vom Astronomisches Rechen-Institut der Universität Heidelberg und sein Team haben sich mit den Gaia-Daten beschäftigt: "Wir haben Daten für Asteroiden in unserem Sonnensystem, für die Sterne unserer Milchstraße. Wir können Galaxien vermessen, wir können Quasare vermessen. Die Vielfältigkeit von Gaia und die hohe Genauigkeit, das sind die Dinge, die mich am meisten an Gaia faszinieren."
Beginn der Gaia-Mission
Am 19. Dezember 2013 startete eine Rakete mit dem über 700 Millionen Euro teuren Astronomie-Satellit Gaia vom europäischen Weltraumbahnhof in Korou. Dieser Satellit sollte nach fast 20 Jahren Planungs- und Bauzeit, die Sterne der Milchstraße mit bislang nicht erreichter Genauigkeit vermessen. Um das zu erreichen, trägt Gaia unter anderem die größte Digitalkamera, die je für eine Raumfahrtmission gebaut wurde.
Drei Wochen nach dem Start erreichte Gaia die gewünschte Position. In 1,5 Millionen Kilometer Entfernung läuft der Satellit in festem Abstand mit der Erde um die Sonne, hat einen relativ ungestörten Blick in unsere Galaxie und beginnt die Vermessung.
Bereits 2016 wurden die ersten exakten Positionen von mehr als einer Milliarde Sternen in unserer Milchstraße veröffentlicht, ein einmaliger „Sternenkatalog“.
So funktioniert Gaia
Gaia hat zwei Teleskope, die das Licht der Sterne bündeln und auf die eingebaute Digitalkamera lenken. Alle sechs Stunden dreht sich der Satellit einmal um sich selbst und ändert dabei auch die Rotationsachse. So tastet Gaia in sechs Monaten den gesamten Sternenhimmel ab und erfasst jeden Stern mehrmals. Dadurch entsteht ein Abbild der Milchstraße mit den genauen Positionen der Sterne.
Diese Animation der ESA zeigt 14.099 Asteroiden in unserem Sonnensystem, die von Gaia beobachtet wurden.
Diese Daten werden jeden Tag vom Astronomisches Rechen-Institut der Universität Heidelberg überprüft, um Unregelmäßigkeiten und damit Fehler im System frühzeitig zu erkennen. Auch wenn Gaia keinerlei bewegliche Teile an Bord hat, kann immer etwas schief gehen. Laut Michael Biermann vom Astronomischen Rechen-Institut sei die thermische Stabilität eine der großen technischen Herausforderungen bei Gaia. Im Fall von Gaia müssten 40 millionstel Grad zu jedem Zeitpunkt stabil auf dem Satelliten erreicht werden: "Falls wir das nicht erreichen können, dann verzieht sich die Optik, auf diesem kleinen Level, bereits so stark, dass wir nicht mehr die hochgenauen Messungen machen können, die wir gerne machen möchten und den hochgenauen Katalog, den wir den Wissenschaftlern versprochen haben, am Ende nicht produzieren können.“
Dritte Veröffentlichung der Gaia-Daten
Der jetzt veröffentlichte Datensatz zeigt erstmals die Bahnbewegungen von mehr als 150.000 Asteroiden, gibt neue Einblicke in die Masse oder das Alter von Sternen und die Geschwindigkeit, mit der sie sich auf uns zu- oder wegbewegen. Mit der dritten Veröffentlichung gibt es für die Wissenschaft ganz neue Möglichkeiten, so auch Prof. Stefan Jordan, Astronomisches Rechen-Institut, Uni Heidelberg:
"Wenn wir das mit den bisherigen Katalogen vergleichen, dann sind jetzt ganz wichtige neue Informationsquellen hinzugekommen. Nämlich Sternspektren, die das Licht in die einzelnen Wellen zerlegen und mit denen man dann die Parameter der Sterne bestimmen, welche Temperaturen sie haben, welche chemische Zusammensetzung sie haben (...). Das sind Daten, die jetzt neu hinzugekommen sind."
Rekonstruktion der Entwicklung unserer Galaxie
Mit diesen Informationen wollen Astronomen eine dreidimensionale Karte unserer Galaxie erstellen. Denn das Ziel des Forschungsprojektes ist, die Entwicklung unserer Heimat-Galaxie zu rekonstruieren und damit auch unseren Platz in der Milchstraße zu bestimmen.
Denn, "wir wissen immer noch nicht genau, wieviele Sterne unsere Milchstraße hat. Wir kennen nur eine Stichprobe aus unserer Sonnenumgebung und die jetzt sehr genau mit dem Gaia-Katalog. Man schätzt, dass es zwischen 200 und 400 Milliarden Sterne sind – Aber ich denke, dass auch da Gaia im Laufe der Zeit immer mehr Sicherheit geben wird", so Prof. Stefan Jordan von der Uni Heidelberg.
Nach aktueller Planung wird Gaia noch bis 2025 unsere Heimatgalaxie vermessen und neue Daten liefern. Dann steht vielleicht auch fest, wo exakt sich unsere Erde in der Milchstraße befindet.