Wenn Europa schon bald keine Treibhausgase mehr ausstoßen soll, dann brauchen gerade Flugzeuge und Schiffe andere Treibstoffe als heute: Solche Treibstoffe sollen CO2-neutral hergestellt werden können, zum Beispiel aus Pflanzenresten. Robert Daschner erforscht sie am Fraunhofer-Institut UMSICHT in Sulzbach-Rosenberg bei Nürnberg. Er nimmt sich zum Beispiel Holzreste vor, die sonst kompostiert oder verbrannt würden, weil sie nicht einmal für Pelletheizungen taugen. Bei holzigen Rindenrückständen hätten einige Feuerungen Probleme, diese Reste wolle man nicht für Hackschnitzel.
Resteverwertung: Unappetitlich, aber energiereich
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen unter anderem Kraftstoffe aus den Rindenstückchen gewinnen. Genauso wie aus Raps-Presskuchen, der übrig bleibt, wenn aus den Samen Rapsöl gepresst wird, und aus weiteren Bio-Abfällen, die sich nicht zum Essen eignen.
Bei der Produktion von Bier fällt ein Biertreber an, das ausgelaugte Malz sozusagen. Die landwirtschaftliche Verwertung ist durchaus gängig, sei in manchen Regionen aber schwierig. Aus der Lederherstellung kommt wiederum Leimleder – das Fettgewebe, was von den Häuten noch abgezogen wird. "Man kann sich vorstellen: Kein appetitlicher Einsatzstoff, aber durchaus sehr energiereich", kommentiert Daschner das Leimleder. Und bei den Schweinegülle-Pellets könne sich jeder selbst vorstellen, was da dahinter stecke.
Vom Bioabfall erst zum Öl, dann zu Diesel und Kerosin
Das Ziel sei es, Material für Biokraftstoffe zu finden, für das es sonst kaum noch Verwendung gibt – Resteverwertung also. Diese biologischen Abfälle erhitzt Robert Daschner im Technikum des Instituts unter Sauerstoffabschluss. Dabei entstehen feste, gasförmige und flüssige Produkte: Kohle, die zur Bodenverbesserung in der Landwirtschaft dienen soll; ein sogenanntes Synthesegas, das für die Chemieindustrie interessant ist; und ein Öl, so schwarz wie das im Automotor.
Etwa zehn Prozent des Einsatzstoffes würden am Schluss zu Öl, berichtet Daschner. Die Massenbilanz hinge stark vom Einsatzstoff ab. Üblicherweise kämen 25–30 Prozent der Massenbilanz von Gas, gut zehn Prozent von Öl und 20–50 Prozent von der Kohle dabei heraus. Das Öl macht zwar nur ein Zehntel der Menge aus, aber es steckt ein Drittel der Energie drin, die im Ausgangsmaterial war. Der Maschinenbauer Robert Daschner lässt es dann noch mit Wasserstoff reagieren und destilliert schließlich, was herauskommt. Das Ergebnis ist Benzin, Diesel oder Kerosin in einer Qualität, die von Motoren vertragen wird.
Geringere CO2-Belastung
Weil dieser Treibstoff aus Schweinegülle, Klärschlamm oder Rindenresten hervorgeht, gelangt kein fossiles CO2 in die Atmosphäre und es ist keine zusätzliche Anbaufläche auf einem Terrain nötig, das wie Wald ein natürlicher CO2-Speicher ist. Die Energie für die Prozesse bringt die Biomasse auch gleich mit, sie muss also nicht zusätzlich bereitgestellt werden. Auch deshalb ist das Verfahren klimaschonend.
Kompatibel zu den jetzigen Motoren
Schiffe sind für drei Prozent der weltweiten CO2-Belastung verantwortlich. Probeweise waren einige Containerschiffe im vergangenen Jahr mit einem Treibstoff unterwegs, bei dem ein Fünftel aus altem Speisefett und Pflanzenöl stammte. Wie der Test zeigte, greift er weder den Motor noch Leitungen oder Ventile an.
Bert Buchholz, Spezialist für Schiffsmotoren an der Universität Rostock, bewertet das als großen Vorteil der Biokraftstoffe. Sie sind weitgehend kompatibel zu den bestehenden Kraftstoffen. "Sonst könnten sie als Biokraftstoffe diese Brückenfunktion nicht erfüllen, wenn erst noch aufwändige Umkonstruktionen am Motor notwendig wären."
Übergangslösung, bis es neue Antriebe gibt
Von einer "Brückenfunktion" spricht Buchholz, weil das Umweltbundesamt Biokraftstoffe nur als Übergang sieht, bis etwa 2040. Dann könnten andere Antriebssysteme kommen. Treibstoffe wie die aus Speisefett sind eher eine Lösung für die Schiffe, die jetzt da sind und noch Jahrzehnte über die Weltmeere fahren werden. Sie sollen dabei helfen, das Klima jetzt sofort zu schützen.
Viel mehr als eine Brückenfunktion können solche Biokraftstoffe nicht leisten. Was die Fraunhofer-Forschenden in einer großen Demonstrationsanlage in einem ganzen Jahr herstellen wollen, würde bei einem mittleren Containerschiff gerade mal für einen Tag reichen. Laut Buchholz steht nicht ausreichend viel Biomasse zur Verfügung – es müsse auch immer die Konkurrenz mit Lebensmitteln berücksichtigt werden.
Beim Flugverkehr sind Biokraftstoffe ebenfalls bereits erfolgreich erprobt worden. Sie stammten ausschließlich aus Pflanzenöl und gebrauchtem Frittierfett. Biokraftstoffe werden zwar nicht die alleinige Lösung für klimafreundliche Schifffahrt oder Fliegerei sein, aber wenigstens ein kleiner Teil an CO2 kann so eingespart werden.