Neue Methode zum Insektenmonitoring

Artenreiche Wiesen bieten Insekten Hitzeschutz

Stand
Autor/in
Annegret Faber
Onlinefassung
Elisabeth Theodoropoulos

Forschende aus Leipzig haben kleine Chips, so genannten RFID-Transponder, so umgebaut, dass sie auf Insekten passen. Sie konnten so erstmals beobachten, wie sich Insekten bei Hitze verhalten. Verstecken sie sich, laufen sie herum, wenn ja, welche Orte suchen sie auf? 

Heutige Wiesen sind Menschen-gemacht

So wie wir die Wiesen heute kennen und sehen, sind sie ein Produkt des Menschen. Das wiederum heißt: Was da wächst, liegt in unserer Hand. Allerdings übertreiben es viele mit der Wiesenpflege und mähen beinahe wöchentlich.

Wenn man einen Rasen in der Stadt oder im Garten regelmäßig mäht, dann entwickeln sich in der Regel sehr viele tritt- und schnittresistente Arten, wie zum Beispiel Gänseblümchen oder der kriechende Klee, oder Herbstlöwenzahn oder auch der Breitwegerich. Der Breitwegerich ist besonders häufig auf Sportplätzen zu finden, an Toren, weil dort sehr viel getreten wird.

Diese Pflanzen bilden Blätter, flach über dem Boden und werden so nicht komplett vom Rasenmäher weggeraspelt. Unter diesen Blättern finden Insekten an heißen Tagen Feuchtigkeit und Schatten.

Neue Methode: Live-Monitoring von Insekten

Forschende haben die Insekten dabei nun erstmals tatsächlich live verfolgt. Sie haben kleine Käfer mit Transpondern bestückt. Die Tiere haben allerdings nicht auf einer richtigen Wiese gelebt, erläutert eine der Autorinnen der Studie, sondern in einer künstlichen Landschaft, in sogenannten Eco-Units (Eco für ecological = ökologisches Ökosystem und Unit = Einheit).

Insektenmonitoring - Diese Eco-Units waren zwei Wochen lang das Zuhause der Insekten und die Forschenden konnten ihre Laufwege live verfolgen.
Diese Eco-Units waren zwei Wochen lang das Zuhause der Insekten und die Forschenden konnten ihre Laufwege live verfolgen.

Diese künstlichen Welten sind ein Meter fünfzig lang und breit und drei Meter hoch.

Da ist jetzt beispielsweise das Laub am Boden und dann die Eichen, die da gepflanzt sind und dann gibt es noch ein unterirdisches System, wo dann der ganze Boden aufgebaut ist. 

Auf dem Boden liegen vier verschiedene Blattarten mit unterschiedlichen Eigenschaften. Eiche und Birke, die lange liegen bleiben und Schatten bieten und Blätter von Esche und Eberesche. Die verrotten schnell und liefern dadurch Nahrung. Entscheidend waren jedoch die Temperaturen. Knapp 40 Grad herrschten am Tag und 20 Grad in der Nacht. 12 dieser künstlichen Welten gab es – alle mit denselben Bedingungen.

Oben drin sind Lampen, die das Sonnenlicht imitieren. Wir imitieren einen Tag-Nacht-Rhythmus und Feuchtigkeit, also wir simulieren auch den Regen und wir haben in unserem Experiment auch die Temperatur kontrolliert.

500 gechippte Insekten wurden von Forschenden beobachtet

In diese Hightech-Welten haben die Forschenden dann insgesamt beinahe 500 Insekten gesteckt – alle mit kleinen Chips auf dem Rücken – so genannte RFID-Transponder. Schwarz, dünn, viereckig – und jeder Chip hat eine eigene Identifikationsnummer. So wissen die Forschenden, welcher Käfer da gerade vorbeiläuft.

Das waren jetzt gerade Laufkäfer, das hier ist eine Feuerwanze. Die brauchen unterschiedliche große Chips. Man sieht das bei der Feuerwanze, die hat einen kleineren Chip, als der größere Laufkäfer.

Die RFID-Transponder können deshalb so klein und leicht sein, weil sie keine Energie benötigen. Im Boden der künstlichen Welten sind Lesegeräte installiert. Die erkennen die Chips auf den Käfern drauf und senden: Da läuft gerade der Käfer mit der Nummer 007 vorbei.

Die RFID Transponder wurden von den Forschenden extra so umgebaut, dass sie auf die Insekten passen.
Die RFID Transponder wurden von den Forschenden extra so umgebaut, dass sie auf die Insekten passen.

Insekten brauchen bei Hitze Pflanzenarten, die ihnen Feuchtigkeit, Schatten & Nahrung spenden

Zwei Wochen lang marschierten die kleinen Insekten dann in den Eco-Units herum und lieferten Daten. Es gab Bereiche mit Feuchtigkeit und Schatten, oder Bereiche mit Nahrung und in einem der Bereiche fanden die Insekten beides – Nahrung und Schutz. Und das war auch die Fläche, wo sie sich am liebsten aufgehalten haben, erläutert der Leiter der Forschungsgruppe Biodiversitätstheorie.

Bei den extremen Temperaturen werden die Organismen sehr herausgefordert. Dann kommen sie über den Bereich, der für sie von den Proteinen her physiologisch möglich ist und dann müssen sie Prozesse abschalten und das führt zu ganz drastischen Einschränkungen der Aktivität. Das heißt in einem Lebensraum, der beides gleichzeitig liefert, konnte die Aktivität aufrechterhalten werden. In einem Lebensraum, der nur verschiedene Dinge anbietet, also entweder oder, musste permanent gewechselt werden.

Im Grund ist es wie beim Menschen – an heißen Tagen bewegen wir uns auch nicht gerne, um Energie zu sparen. Dass Insekten auch so ticken war bereits vor der Studie bekannt. Nun liegt das aber schwarz auf weiß vor, dank der Mini-Transponder. Und noch etwas brachte die Studie ans Licht:

Im Prinzip haben wir heraus gefunden, dass gerade auch sehr kleinräumige Vielfalt an Lebensräumen gut ist für Insekten, dass sie bei Hitzestress ihre Aktivität reduzieren und entsprechend Energie sparen können.

Auch kleinräumige Lebensraum-Vielfalt ist gut für Insekten

Manchmal reicht schon ein Hochbeet oder ein artenreicher Balkonkübel oder ein abgetrennter Teil des Rasens, auf dem viele Kräuter und Blumen wachsen dürfen. Mehr Mut zu wucherndem Rasen mit Pusteblume und Co., könnte die Botschaft der Forschenden sein. Wichtig sind Schatten und Nährstoffe auf einer Fläche. Noch einmal zurück zu Matthias Scholz und der richtigen Wiese.

Es gibt eben monotone Rasen, wo nur Grasarten vorkommen, was ja viele Gartenbesitzer auch lieben und schätzen und dann verzweifeln, wenn da Kräuter, bzw. Rosettenkräuter drin auftauchen, wie das Gänseblümchen oder der Löwenzahn oder der Klee. Aber diese Arten, die sind eben ganz wichtig weil sie Nektar bieten, sie bieten Lebensraum für Larven und Raupen von kleinen Faltern und Schwebfliegen.

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