Ein Drittel aller produzierten Lebensmittel landet im Müll statt auf unseren Tellern. Egal ob Obst, Gemüse, Backwaren oder Fleisch - die Verschwendung ist gewaltig. Laut dem Fleischatlas 2021 der Heinrich-Böll-Stiftung wird in Deutschland so viel Fleisch und Wurst weggeschmissen, dass dafür jedes Jahr knapp neun Millionen Hühner, 640.000 Schweine und 50.000 Rinder umsonst geschlachtet werden.
Laut einer Studie des Thünen-Instituts landen jährlich in Deutschland im Durchschnitt 75 Kilo Essen pro Kopf in der Tonne - ein Grpßteil davon bei uns zu Hause. Dabei wären viele der weggeschmissen Lebensmittel noch verwertbar.
Viele Lebensmittel werden zu schnell weggeschmissen
Lebensmittel sind oft deutlich länger haltbar als durch das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) angegeben. Wenn dieses abgelaufen ist, heißt das nicht, dass die Produkte schlecht und ungenießbar sind. Trotzdem entsorgen viele Händler ihre Ware unmittelbar nach dem Verfall des MHDs. Der Grund: Die Haftung vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums liegt beim Hersteller, danach haften die Händler dafür, dass die Lebensmittel wirklich noch gut sind. Vielen Supermärkten ist das Risiko deshalb zu groß, ihre Lebensmittel nach Ablauf der Mindesthaltbarkeit weiter zu verkaufen.
In manchen Ländern wie Italien oder Frankreich ist das anders. Dort haften die Händler nicht, wenn sie Waren auch nach Ablauf des MHDs noch verkaufen oder zum Beispiel an Tafeln weitergeben, statt sie wegzuschmeißen, solange diese noch in qualitativ einwandfreien Zustand sind.
Etwas anders gelagert ist es bei leicht verderblichen Lebensmitteln wie Fleisch oder Fisch. Diese haben ein sogenanntes Verbrauchsdatum. Wenn dieses überschritten ist, darf die Ware tatsächlich nicht länger verkauft werden.
Ältere Waren sind oft günstiger
Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum bald abläuft, werden in vielen Supermärkten vergünstigt angeboten. Auch Backwaren vom Vortag werden von Händlern oft deutlich billiger weiter verkauft. Das soll Lebensmittel nicht nur vor der Mülltonne retten, sondern spart den Kunden auch Geld.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft macht inzwischen bundesweiten mit der Kampagne “Ich bin noch gut“ auf MHD-Ware aufmerksam. Alle Infos dazu finden sich hier: “Zu gut für die Tonne“. Das Unternehmen „Too good to go“ will ebenfalls auf die unnötige Verschwendung von Lebensmitteln aufmerksam machen: "Oft länger gut“-Sticker sollen deutlich machen, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum nur eine grobe Orientierung ist und viele Produkte um einiges länger genießbar sind.
Die gleichnamige App “Too good to go“ kann ebenfalls helfen, Lebensmittel vor dem Wegschmeißen zu retten. Dort bieten Einzelhändler und Gastronome überschüssige Lebensmittel oder Gerichte zu vergünstigten Preisen an. Per App kann das Essen bezahlt werden und anschließend zu fest vereinbarten Zeiten im Laden abgeholt werden. Auf diesem Weg lassen sich bis zu zwei Drittel oder mehr des Originalpreises sparen und zugleich die übrig gebliebene Nahrung vor dem Wegschmeißen bewahren.
Lebensmittel retten mit Foodsharing
Eine gute Möglichkeit, Essen vor der Mülltonne zu retten, kann auch Foodsharing sein. Die ehrenamtliche Organisation hat inzwischen mehr als 450.000 Mitglieder und über 100.000 sogenannte Foodsaver. Diese holen die übrig gebliebenen Lebensmittel von den Supermärkten ab und verteilen sie auf öffentliche zugängliche Boxen und Kühlschränke.
So wird abgelaufene Ware nach Verfall des MHDs weiterverwendet. Voraussetzung ist, dass die Lebensmittel noch ohne Bedenken konsumiert werden können. Die Haftung bei solch einer Weitergabe von Lebensmitteln ist in Deutschland jedoch noch nicht geklärt.
Unter www.foodsharing.de finden sich alle Standorte, an denen Lebensmittel kostenfrei abgeholt oder vorbeigebracht werden können.
Obst wird häufig entsorgt
Auch bei dem Einkauf im Supermarkt kann man seinen Teil gegen die Lebensmittelverschwendung beitragen. Vor allem Obst und Gemüse wird häufig weggeschmissen. Einzelne Bananen lassen sich zum Beispiel schwer verkaufen und landen besonders oft im Müll. Auch der Griff zu Produkten, die kurz vor dem Ablauf der Mindesthaltbarkeit stehen oder eine beschädigte Verpackung haben, hilft, Abfälle zu vermeiden. Diese Lebensmittel sind oft schon reduziert, obwohl sie noch einwandfrei genießbar sind.
Nationale Strategie gegen Lebensmittelverschwendung
Die Bundesregierung hat mittlerweile reagiert und die “Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung“ ins Leben gerufen. Bis zum Jahr 2030 sollen die Lebensmittelabfälle im Handel und von Privathaushalten halbiert werden und Haftungsfragen zur Weitergabe von Nahrung geklärt werden. Ein verbindliches Gesetz, das Unternehmen verbietet, Lebensmittel wegzuschmeißen, existiert allerdings noch nicht.
Trotzdem kann jeder Einzelne mithilfe von Initiativen wie Foodsharing, Lebensmittel-Retter-Apps und durch bewusstes Einkaufen dazu beitragen, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden und Essen vor der Mülltonne zu retten. Das ist nicht nur nachhaltiger, sondern oft auch richtig günstig.