Was versteckt sich in Lippenpflege?
Laut einer Studie von 2019 nutzen 60 Prozent der Frauen in Deutschland Lippenstift oder Lippenpflege mehrmals die Woche, oft sogar täglich. Die Produkte landen dabei meistens nicht nur auf den Lippen, sondern auch im Magen: Vier Lippenstifte - also etwa 20 g - verschlucken die Menschen, die regelmäßig zu Lippenpflege greifen, durchschnittlich im Jahr.
Ein Blick auf die häufig langen Inhaltsstofflisten lässt erahnen, dass das nicht unbedingt gesund ist. Auch eine Untersuchung der Stiftung Warentest hat ergeben: Keiner von insgesamt 17 getesteten Lippenstiften wurde mit „Gut“ bewertet und zwei der 17 sind durch ihre bedenklichen Inhaltsstoffe mit „Mangelhaft“ sogar durchgefallen.
Inhaltsstoffe wie Parabene, die als Konservierungsstoffe in Kosmetika eingesetzt werden, und sogenannte MOSH (Mineral Oil Saturated Hydrocarbins) stehen besonders oft in der Kritik: MOSH werden aus Erdöl gewonnen und können sich im Körper anreichern. Experten vermuten, dass die Substanzen die Funktion von Organen stören könnten. Parabene stehen im Verdacht, das Hormonsystem zu beeinflussen. Und auch auf andere Inhaltsstoffe sollte man achten, erklärt die Inhaltsstoff-Expertin Christine Throl von Ökotest:
Das Problem dabei: Für Verbraucher ist es sehr schwer zu erkennen, ob alle diese Kriterien erfüllt werden.
Ist Naturkosmetik die Lösung?
Denn auch im Naturkosmetik-Bereich sind nicht alle Stoffe unbedenklich. So wurde im Test der Stiftung Warentest auch in naturkosmetischen Produkten der kritische Stoff Titandioxid nachgewiesen. Dieser wird zum Aufhellen von Pigmenten eingesetzt. Da der Verdacht besteht, dass Titandioxid ein Auslöser für Krebs ist, wurde von der EU-Kommission ein Verbot für Titandioxid in Lebensmitteln beschlossen. Dieses soll Mitte des Jahres 2022 in Kraft treten. In Kosmetika ist der Stoff allerdings weiterhin erlaubt und wird in vielen Lippenstiften zur Erweiterung des Sortiments genutzt.
Zudem ist der Begriff "Naturkosmetik" gesetzlich nicht geschützt. Seit 2016/2017 gibt es zwar die sogenannte ISO-Norm 16128: Ein EU-Standard für kosmetische Inhaltsstoffe und fertige kosmetische Produkte, mit der sich der Grad des natürlichen oder biologischen Ursprungs von Kosmetika numerisch ermitteln lässt, sodass sich einzelne Rohstoffe und fertige Produkte leicht untereinander vergleichen lassen. Die Norm lässt den Herstellern jedoch viel Spielraum. So gilt ein Produkt mit 49-prozentigem Mineralölanteil danach trotzdem noch als „naturnah“.
Auch wenn der Naturkosmetik-Begriff nicht geschützt ist, bieten seriöse Zertifizierungen eine gute Orientierungshilfe, zum Beispiel das Natrue-Siegel oder das Cosmos-Siegel. Die Siegel garantieren zumindest, dass keine Mineralölprodukte enthalten sind. Es darf kein Mikroplastik und auch kein Paraben in den Produkten stecken.
Falls vegane Kosmetik erwünscht ist, sollte auf das V-Label mit dem Zusatz "vegan" oder auf die Vegan-Blume der Vegansociety England geachtet werden.
Lippenstift nachhaltig? Das geht!
Eine umweltbewussteste Alternative für Lippenpflege und Lippenstift kann außerdem ein selbstgemachtes Produkt sein. Denn hier bestimmt jeder für sich selbst, welche Inhaltsstoffe in den Lippenstift kommen und welche nicht. Zudem kann so ein Lippenstift auch problemlos als Cremerouge oder Lidschatten eingesetzt werden. Hier ein Rezept von Katrin Maiwald, Referentin für Naturkosmetik.
Lippenstift-Grundrezept:
2g Jojobaöl
4g Rizinusöl
0,5g Sheabutter
1,8g Bienenwachs
0,8g Carnaubawachs
Beim Zusammenmischen sollte man eine Maske und Handschuhe tragen - denn die Pigmente sollten nicht eingeatmet werden. Wer einen veganen Lippenstift möchte, kann anstatt Bienenwachs Candelilla-Wachs nutzen.