Stress, Finanzsorgen, Zukunftsängste

Umfrage: Immer mehr Studierende leiden unter Gesundheitsproblemen

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Autor/in
Tim Stobbe
Tim Stobbe ist Redakteur bei SWR Aktuell in Rheinland-Pfalz

Studierenden ging es gesundheitlich - laut Umfragen - stets überdurchschnittlich gut. Das ändert sich. Die Techniker Krankenkasse sieht ein Drittel von ihnen Burn-Out-gefährdet.

"Beschissen." Das ist Darias Antwort auf die Frage "Wie geht's dir denn derzeit?". Daria studiert an der Universität Mainz, arbeitet gerade an der Bachelor-Arbeit. Neben der Uni belasten Daria Erkrankungen sowie Jobs, um das Studium zu finanzieren.

Wie Daria geht es immer mehr Studierenden. Eine repräsentative Umfrage der Techniker Krankenkasse (TK) hat ergeben: Nur noch 61 Prozent der Befragten schätzen ihren Gesundheitszustand als gut ein. Bei einer vergleichbaren Umfrage von 2015 waren es noch 84 Prozent.

Gesundheitsniveau bei Studierenden wie bei allen Erwachsenen

Bisher seien Studierende immer eine Bevölkerungsgruppe gewesen, der es überdurchschnittlich gut gegangen sei, erklärt TK-Vorstandsvorsitzender Jens Baas. Die Studie zeige, dass die Gesundheit der Studierenden sich deutlich verschlechtert habe und jetzt auf dem Niveau aller Erwachsenen liege. "Da müssen wir genauer hinschauen. Denn die Fach- und Führungskräfte von morgen sollen gesund ins Berufsleben starten - eine wichtige Grundlage, um im Job langfristig zufrieden und leistungsfähig zu bleiben."

Mehr als zwei Drittel der Studierenden haben angegeben, dass sie aktuell oder in den vergangenen zwölf Monaten durch Stress erschöpft waren. Hinzu kommen Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Schlafprobleme und Konzentrationsschwierigkeiten.

Daria sieht den Grund für die Belastung vor allem im System: Universitäten setzten für alle die gleichen Voraussetzungen an - wobei die Voraussetzungen, mit denen die Studierenden ins Studium gehen, unterschiedlich seien, sei es durch Vorerkrankungen, Belastung durch Jobs, unterschiedliche soziale und akademische Hintergründe.

Belastungslage ist "deutlich existenzieller"

An den Unis wie in Mainz gibt es zwar psychologische Beratungsstellen, doch die können die Nachfrage kaum bewältigen. "Die Beratungsstellen werden förmlich überrannt. An manchen Standorten hat sich die Wartezeit vervielfacht", sagt der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Studierendenwerks, Matthias Anbuhl. Dabei sei die Belastungslage heute "deutlich existenzieller" und "gravierender" als vor der Corona-Pandemie.

"Es geht um soziale Isolation und Vereinsamung, die grundsätzliche Infragestellung des Studiums und in hohem Maße auch um depressive Verstimmungen, Hoffnungslosigkeit, bis hin zu suizidalen Gedanken."

Studierende nehmen häufiger Antidepressiva

Nicht nur diese Umfrage der TK gibt einen Hinweis auf die schwierige gesundheitliche Situation, in der sich viele Studierende befinden. Auch in ihren Verschreibungen finden sich Hinweise darauf. Der Anteil selbst bei der TK versicherter Studenten, die Medikamente gegen Depressionen einnehmen, sei zwischen 2019 und 2022 von 4,1 auf 4,7 Prozent gestiegen.

Bei der Verordnung sogenannter Psychostimulanzien gebe es im gleichen Zeitraum sogar einen Anstieg um 40 Prozent. Psychostimulanzien wirken in der Regel antriebssteigernd und erhöhen kurzfristig Leistungs- sowie Konzentrationsfähigkeit.

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