"Der Staat übernimmt deutlich zu wenig Verantwortung", sagte der Präsident der Landespflegekammer, Markus Mai, in Mainz. Das Pflegesystem werde mit den Vorhaben der Bundesregierung nicht nachhaltig gesichert.Die Pflegeversicherung sei weiterhin "katastrophal aufgestellt". Als Alternativen nannte Mai regionale Konzepte und Budgets nach schwedischem Vorbild, die auch vom Bund finanziert werden müssten.
Pflegekammer: Leiharbeit reduzieren und Stammpersonal stärken
Mai präsentierte auch ein Positionspapier der Landespflegekammer zur Leiharbeit. In der Pflege werde Leiharbeit vor allem aufgrund systematischer Mängel im Gesundheitswesen eingesetzt.
"Leiharbeit ist schädlich für die Versorgung", sagte Mai. Er sei zwar nicht für ein Verbot von Leiharbeit in der Pflege, "aber die Unternehmen sollten sie möglichst nicht mehr nutzen". Stattdessen müsse das Stammpersonal stärker motiviert werden. "Leiharbeiter sind nie so gut auf die Bedürfnisse der Menschen eingestellt wie das Stammpersonal", so Mai. Mit Leiharbeitern könnten nie alle Ausfälle abgedeckt werden und das Stammpersonal müsse sich oft mit seinen Schichten danach richten.
Die Landespflegekammer fordert in diesem Zusammenhang unter anderem mehr qualifiziertes Personal, eine Ausbildungsoffensive sowie eine deutliche Erhöhung der monatlichen Zulage für Wechselschichten von derzeit 120 auf 1.200 Euro brutto.
"Vier-Tage-Woche ist gut zur Versorgung Angehöriger"
"Ganz schlimm" sei, dass die Überlegungen zu einem Entlastungsbeitrag für pflegende Angehörige "völlig weggestrichen" worden seien, kritisierte Mai. "Das erhöht nicht die Motivation für eine nachhaltige Pflege zu Hause." Diese sei aber angesichts des demografischen Wandels die einzige Möglichkeit.
In diesem Zusammenhang sagte Mai: "Eine Vier-Tage-Woche ist gut, damit die Leute ihre Angehörigen versorgen können." In der alternden Gesellschaft werde es nicht mehr genug Pflegekräfte für alle Menschen geben.
Pläne der Bundesregierung für eine Reform der Pflege
Die Pflege wird seit Jahren teurer, was Millionen Familien belastet. Die Bundesregierung will jetzt an mehreren Stellen gegensteuern. Sie hatte am Mittwoch Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf den Weg gebracht, die die Finanzen der Pflegeversicherung vorerst bis 2025 stabilisieren sollen. Der Pflegebeitrag soll dafür zum 1. Juli um 0,35 Prozentpunkte angehoben werden und für Menschen ohne Kinder noch etwas stärker. Pflegebedürftige zu Hause und im Heim sollen 2024 mehr Geld bekommen.