Ab 2023 müssen mehr als 500 Verwaltungsleistungen laut Onlinezugangsgesetz (OZG) online möglich sein, doch Rheinland-Pfalz hinkt bei digitalen Behördengängen hinterher.

Grundbucheintrag, Hundesteuer, Eheschließung

RLP hinkt bei digitalen Behördengängen noch hinterher

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Bis zum Jahresende sollten über 500 Verwaltungsleistungen digital möglich sein. Das Ziel aus dem Onlinezugangsgesetz wird zwar deutlich verfehlt, doch einige Behördengänge kann man sich in RLP bereits sparen.

Es geht voran mit der Digitalisierung der Verwaltungen in Rheinland-Pfalz - aber nur langsam. Eigentlich sollten bis Ende dieses Jahres 575 Behördengänge online erledigt werden können. Das sieht zumindest das Onlinezugangsgesetz (OZG) von 2017 vor. Doch für schätzungsweise zwei Drittel der staatlichen Leistungen müssen die Bürgerinnen und Bürger auch im kommenden Jahr noch aufs Amt.

Heirat online anmelden - das geht noch nicht überall

Zu den Verwaltungsvorgängen, die bereits online möglich sind, gehört in bislang 32 rheinland-pfälzischen Kommunen die Anmeldung zur Eheschließung - in 45 weiteren ist dies in Vorbereitung. Ziel sei es, Brautpaaren die Formalitäten vor der standesamtlichen Trauung weitestgehend digital zu ermöglichen, erklärt der Digitalisierungsbeauftragte der Stadt Trier, Thorsten Kraus. Trier ist bei diesem Behördengang Modellkommune. "Damit wird der Prozess beschleunigt und zudem die Anzahl der Vor-Ort-Besuche auf dem Standesamt reduziert", sagt Kraus.

Bevor digitalisiert wird, muss Bürokratie verschlankt werden

Landesregierung und Kommunen arbeiten bei der Umsetzung des Gesetzes zusammen. Dem geschäftsführenden Direktor des Städtetags Rheinland-Pfalz, Michael Mätzig, ist wichtig zu zeigen, dass es um viel mehr geht als um die Installation einer Software: "Das ist kein IT-Projekt, es ist ein Organisationsprojekt", sagt er.

Als Beispiel zeigt er eine lange Papierbahn. Auf acht Seiten zusammengeklebt stellt dieses Ungetüm die Abläufe in einer Stadtverwaltung dar, wenn ein Schüler oder eine Schülerin die Schule schwänzt und die Verwaltung dem Verstoß gegen das Schulgesetz nachgeht. Es sei nicht sinnvoll, jeden dieser Vorgänge eins zu eins digital abzubilden, erklärt Mätzig. Stattdessen sollte zuerst der komplizierte Workflow auf den Prüfstand gestellt und verschlankt werden. "Dieses Prozessdenken ist in der öffentlichen Verwaltung noch zu wenig entwickelt", sagt der Kommunalexperte.

Daten aus Online-Formularen werden in Verwaltungen ausgedruckt

Auch bei der Beantragung von Verwaltungsleistungen reiche es nicht aus, ein Online-Formular bereitzustellen. "Die dort eingegebenen Daten werden dann ausgedruckt und in der zuständigen Abteilung auf den Tisch gelegt - das kann es ja nicht sein." Die Verwaltung stecke mitten in einem Kulturwandel, bescheinigt auch der Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Digitalisierungsministerium, Fedor Ruhose (SPD). Wichtig sei es, vorhandene Ängste angesichts der notwendigen Veränderungen abzubauen. "Die Digitalisierung ist kein Schreckgespenst."

Der OZG-Zeitplan sei unrealistisch gewesen, sagt Ruhose. In den fünf Jahren seit der Verabschiedung des Gesetzes sei deutlich geworden, dass für etliche Vorgänge der Verwaltung noch keine geeignete Software vorhanden sei. "So kommt etwa die Technologie für rechtsgültige Siegel erst jetzt." Für bestimmte Fachanwendungen wiederum gebe es bereits etablierte Anbieter, erklärt Ruhose. Dabei stelle sich aber das Problem, diese Lösungen über geeignete Schnittstellen an eine einheitliche Plattform anzudocken.

Meldebescheinigung, Grundbucheintrag und Hundesteueranmeldung

Das System, das die Kommunen nutzen, wird sowohl für Anträge von Bürgern oder Unternehmen für bestimmte Verwaltungsleistungen von Kommunen genutzt, als auch für verwaltungsinterne Bearbeitungsprozesse. Bislang werden dort nach Angaben Mätzigs 37 Online-Prozesse unterstützt - von Anträgen auf Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz über amtliche Meldebescheinigungen, Grundbucheinträge und Hundesteueranmeldung bis zur Anzeige öffentlicher Versammlungen.

Recht weit sind bereits die meisten Städte im Land. Die Plattform soll aber auch in allen Kreisen und Verbandsgemeinden eingeführt werden. Er sei froh, dass sich der IT-Planungsrat, also das politische Steuerungsgremium von Bund und Ländern für die Informationstechnik, auf 35 "Booster-Leistungen" verständigt habe, sagt Ruhose. Diese sollen Priorität haben und möglichst bis Ende des Jahres den Ländern bereitgestellt werden.

Dazu gehört die Anmeldung zur Eheschließung ebenso wie die Ummeldung, die An- und Ummeldung des Autos oder der Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis. "Wenn eine Leistung verfügbar ist, heißt es allerdings noch nicht, dass sie auch von allen Rathäusern angeboten wird", gibt der Staatssekretär zu bedenken.

Online-Funktion des Personalausweises kennen, ist Voraussetzung

Die Digitalisierung der Verwaltung fordert von allen ein Umdenken. Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter müssen sich von vertrauten Abläufen verabschieden. Und von den Bürgerinnen und Bürger wird erwartet, dass sie sich mehr als bisher mit der Online-Funktion ihres Personalausweises anfreunden. Denn der eindeutige Identitätsnachweis ist eine wesentliche Voraussetzung für den digitalen Behördengang. Inzwischen muss man für die digitale Personalausweisnutzung nicht mehr unbedingt ein Chipkarten-Lesegerät einsetzen, auch viele Smartphones können damit umgehen.

Bis alle 575 im OZG vorgesehenen Leistungen online genutzt werden können, wird es noch dauern. Staatssekretär Ruhose schätzt, dass bis Mitte 2023 rund 200 Verwaltungsleistungen verfügbar sein werden.

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SWR