Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will am Donnerstag ein Klimaanpassungsgesetz vom Kabinett beschließen lassen. Unter anderem sollen Gemeinden künftig verpflichtet sein, ein Klimaanpassungskonzept zu entwickeln. Denn das fehlt in den Kreisen Alzey-Worms und Bad Kreuznach aktuell noch, nur die Stadt Worms hat ein entsprechendes Konzept. Die Stadt Mainz erarbeitet zurzeit eins. Das hat eine Recherche von SWR mit CORRECTIV, NDR, BR und WDR ergeben.
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Kreis Alzey-Worms: Bis 2050 zunehmend von Hitze und Dürre betroffen
Der Landkreis Alzey-Worms gibt auf Nachfrage an, damit zu rechnen, bis 2050 verstärkt von Hitze betroffen zu sein. Um sich darauf einzustellen, werden in den Kommunen im Kreis Fassaden und Dächer begrünt und Bäume gepflanzt. Zum Beispiel in der Stadt Alzey im Gewerbegebiet Ost, das erweitert werden soll.
Alle neugebauten Gebäude dort müssen begrünte Dächer und Fotovoltaik haben. 150 Bäume seien im Alzeyer Stadtgebiet zudem in den letzten zwei Jahren neu- oder nachgepflanzt worden, sagte ein Stadtsprecher auf SWR-Nachfrage. Dazu zählen heimische Arten wie die Heimbuche und die Silberlinde. Weitere Bäume sollen folgen.
Hitzeverträgliche Pflanzen und Pflanzen für trockene Böden
Hitze und Trockenheit sorgen dafür, dass wir unsere Pflanzen im Garten anpassen müssen. Welche hitzeresistenten Pflanzen besonders geeignet sind, erklärt Experte Volker Kugel.
Kein Hitzeaktionsplan im Kreis Alzey-Worms
Auf Correctiv-Nachfrage gibt der Kreis Alzey-Worms auch an, in den kommenden Jahren Flächen entsiegeln zu wollen. Einen Hitzeaktionsplan gibt es hingegen noch nicht. Ein Antrag für ein Klimawandelanpassungskonzept sei aber beim Bund gestellt worden. So wolle man an Fördergelder kommen, erklärt eine Kreissprecherin auf SWR-Nachfrage. Der Prozess sei allerdings noch ganz am Anfang.
Fast doppelt so viele Hitzetage im Jahr
Dass das notwendig ist, zeigt die Zahl der durchschnittlichen Hitzetage pro Jahr. Die haben sich im Kreis Alzey-Worms von 1993 bis 2022 im Vergleich zu 1961 bis 1990 fast verdoppelt.
Beim Thema Dürre sieht es ähnlich aus. Auch die Zahl der durchschnittlichen Dürremonate ist im Kreis Alzey-Worms angestiegen. Deshalb seien dürreresistente Baum- und Pflanzenarten gepflanzt worden und schnelle Abflusssysteme zurückgebaut worden. Dadurch soll das Wasser nicht so schnell abfließen.
Trockenheit schon jetzt ein Problem
Das Dürre ein echtes Problem werden kann, zeigt sich schon jetzt. Wegen der anhaltenden Trockenheit haben viele Landwirte in Rheinhessen in diesem Jahr Angst um ihre Ernte und früher angefangen zu ernten.
Landwirte beginnen mit Ernte Trockenheit gefährdet Getreide in Rheinhessen
Wegen der anhaltenden Trockenheit haben viele Landwirte Angst um ihre Ernte und fangen an zu ernten - früher als geplant.
Kreis Alzey-Worms hat Klimaschutzportal
Auch wenn beim Thema Klimawandelanpassung noch Luft nach oben ist, ein eigenes Klimaschutzportal hat der Kreis seit Kurzem. Dort können sich Bürger und Bürgerinnen zum Beispiel darüber informieren, was der Kreis schon für den Klimaschutz tut und wie es möglich ist, das eigene Hausdach zu begrünen.
Kreis Bad Kreuznach: Maßnahmen zur Klimawandelanpassung in Planung
Auch der Kreis Bad Kreuznach hat erkannt, dass die Anpassung an den Klimawandel notwendig ist. Seit 2015 gibt es einen Klimaschutzmanager. Der Kreis rechnet bis 2050 vermehrt mit Starkregenereignissen, Hitzewellen, Stürmen und Wassermangel und damit auch mit höheren finanziellen Belastungen.
Flächen sollen entsiegelt werden
Viele Maßnahmen seien innerhalb der nächsten fünf Jahre geplant. Zum Beispiel die Entsiegelung von Flächen, konkret soll nach Angaben des Klimaschutzmanagers der Vorplatz des Gebäudes der Kreisverwaltung begrünt und vom Beton befreit werden. In der kleinen Gemeinde Traisen werde außerdem der Dorfplatz saniert, eingeplant sei dort ein kleiner Wasserlauf, der abkühlend wirke.
Im Kreis Bad-Kreuznach hat sich die Zahl von durchschnittlichen Hitzetagen pro Jahr von 1993 bis 2022 im Vergleich zu 1961 bis 1990 mehr als verdoppelt.
Worms: Viel Engagement aber kein Geld für die Umsetzung
Die Stadt Worms gilt als Vorreiter in der Region, wenn es um das Bewusstsein für die Anpassung an Hitze und den Klimawandel geht. Das bestätigt die Recherche von SWR mit CORRECTIV, NDR, BR und WDR. Die Stadt sieht sich in Zukunft vermehrt mit extremen Wetterereignissen, Hitze, Dürre und Wassermangel konfrontiert.
Im vergangenen Jahr hat der Stadtrat entschieden, einen Hitzeaktionsplan umzusetzen. Dafür sollen im städtischen Haushalt jedes Jahr 10.000 Euro eingestellt werden. Ein Klimaanpassungskonzept hat die Stadt schon seit mehreren Jahren. Auch andere Maßnahmen wie die Begrünung durch Bäume und von Fassaden oder Entsiegelung hält die Stadt für sinnvoll. Aber das Geld fehlt. Die Stadt ist auf Fördermittel angewiesen und vermutet, dass die erforderlichen Maßnahmen nicht ausreichend finanziert werden können.
Senioren bekommen bei Hitze Tipps am Telefon
Aber nicht nur Trinkwasserbrunnen gibt es in Worms. Im vergangenen Jahr hat die Stadt ein Hitzetelefon eingeführt, berichtet der Klimaschutzmanager Martin Hassel. Das Angebot richte sich vor allem an ältere Menschen. Sie müssen sich für den Service anmelden und werden dann kostenfrei vor anstehenden Hitzewellen in Worms gewarnt und bekommen Tipps.
Außerdem gebe es in Worms sogenannte Klimaoasen. Das seien Orte, die an heißen Tage angenehm kühl seien und wo sich Bürger und Bürgerinnen kostenlos aufhalten können, zum Beispiel der Innenhof des Andreasstifts.
Mainz hat viel Geld, aber noch kein Konzept zur Klimawandelanpassung
Im Vergleich zu der Stadt Worms sieht die finanzielle Lage in Mainz seit einiger Zeit dank der hohen Gewerbesteuereinnahmen deutlich besser aus. Maßnahmen zur Klimawandelanpassung wird die Stadt wohl finanzieren können, das gibt sie gegenüber Correctiv an.
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Ein Konzept für die Anpassung an den Klimawandel hat die Stadt aber noch nicht. Das wird nach Angaben der Stadt zurzeit erstellt. Erst vor Kurzem gab es hierzu eine Auftaktveranstaltung, zu der Bürger und Bürgerinnen eingeladen waren. Die Verantwortlichen in der Stadt nehmen die Herausforderungen, die in den kommenden Jahren auf Kommunen zukommen werden, aber ernst.
Die Stadt erwartet, dass sie bis 2050 vermehrt mit Hitzewellen, Wassermangel, Dürre, Starkregen, extremen Wetterereignissen und Hochwasser beziehungsweise Überschwemmungen konfrontiert sein wird. Unter anderem sind in Zukunft ein Hitzeaktionsplan und die Entsiegelung von Flächen geplant. Der Mainzer Stadtrat hat bereits 2019 den Klimanotstand ausgerufen.
Trockenheit ist im Kreis Mainz-Bingen großes Thema
Für den Kreis Mainz-Bingen seien Trockenheit und Hitze große Themen, so Martina Schnitzler vom Umwelt- und Energieberatungszentrum des Kreises. Schon seit über 20 Jahren existiere das Zentrum. Konkret biete der Kreis zum Beispiel eine Online-Veranstaltungsreihe für Bürgerinnen und Bürger an. In fünf Vorträgen gehe es unter anderem darum, wie man sein Haus gegen starke Hitze rüsten kann. Oder wie man seinen Garten gestalten kann, um ein kühleres Klima zu schaffen. Die Vorträge können kostenlos im Internet abgerufen werden.
Kleine Gärten zur Abkühlung
Außerdem seien kleine Gärten mit schattenspendenden Bäumen angelegt worden. Zum Beispiel in Köngernheim, Trechtingshausen oder Ober-Hilbersheim. Die Gärten würden von engagierten Menschen vor Ort betreut. Ein Klimawandelanpassungskonzept habe der Kreis bisher noch nicht.