Lenya Misselwitz ist gerade mal 18 Jahre alt, war in den letzten Jahren aber schon ganze vier Mal bei sogenannten Workcamps dabei, wie sie vom Volksbund der Deutschen Kriegsgräberfürsorge ausgerichtet werden. Bei den Ferien-Camps kommen Jugendliche aus vielen verschiedenen Nationen zusammen und beschäftigen sich intensiv mit Krieg und Gewalt des 20. Jahrhunderts – geleitet von der Idee aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen.
Aktives Engagement für den Frieden
Lenya war das erste Mal mit 14 Jahren dabei und seitdem schon in Koblenz und Karlsruhe, aber auch in Österreich und Polen. "Ich denke, dass unsere Arbeit bei den Workcamps Arbeit für den Frieden ist. Indem wir von ganz vielen verschiedenen Nationalitäten zusammenkommen und gemeinsam ein Projekt haben, gemeinsam an etwas arbeiten, wachsen wir zusammen", erzählt Lenya.
Bei den Camps lernten die Jugendlichen andere Kulturen und andere Mentalitäten kennen, so Lenya. Und damit einander über Ländergrenzen hinweg zu verstehen. Die Camps böten die Möglichkeit, die eigene Sicht auf die Welt zu erweitern.
Urgroßvater in Verdun gefallen
Dass sich Lenya so für die Geschichte der Weltkriege und alles drum herum interessiert, kommt durch ihren Urgroßvater. Der ist in Verdun während des Ersten Weltkrieges gefallen. "Mit acht Jahren hat mich meine Familie zum Soldatenfriedhof in Verdun gebracht", erinnert sich die Schülerin. Das sei eine lehrreiche Erfahrung gewesen, aber vor allem auch eine, die sie sehr zum Nachdenken gebracht habe: "Am Abend konnte ich dann nicht so gut schlafen, weil ich diese Bilder im Kopf hatte, wie viele Menschen dort ihr Leben gelassen haben".
Seither ist es Lenya wichtig, dieses Bewusstsein, wie schlimm Krieg ist, aufrechtzuerhalten und zu stärken. Deswegen hat ihr Vater sie irgendwann auf die Workcamps des Volksbundes aufmerksam gemacht. "Mit 14 Jahren war ich das erste Mal dabei und seitdem direkt jedes Jahr", erzählt die Schülerin lächelnd. Für Lenya sind die Camps eine Verbindung von Geschichte, Bildung, Spaß und Freundschaft.
Die Camps dauern in der Regel zwischen zehn und vierzehn Tagen. In dieser Zeit besuchen die Jugendlichen aus verschiedenen Nationen eine historische Gedenkstätte in Europa. Das kann zum Beispiel ein Soldatenfriedhof oder ein Konzentrationslager sein. Dort beschäftigen sie sich in der Gruppe mit der Geschichte des Ortes. Das geschieht in verschiedenen Workshops: Einmal hätten sie zum Beispiel ein Mahnmal für ein Konzentrationslager entworfen.
Auch dazu gehört die Pflege von Kriegsgräbern. Immer wieder eine berührende Aufgabe für Lenya, wenn sie sich in die Gefallenen hinein versetzt: "Dann kommt einem mal ein Name bekannt vor oder die Person war zum Zeitpunkt ihres Todes genau so alt wie ich es jetzt bin". Da komme man schon ins Nachdenken.
Besondere Erinnerung an Camp in Polen
Besonders in Erinnerung geblieben, ist Lenya das Camp in diesem Jahr – in Polen in der Nähe von Warschau. Dort haben die Jugendlichen einen Soldatenfriedhof gepflegt, auf dem Menschen lagen, die durch eine Giftgasattacke gestorben sind. An einem der Abende haben sie eine sehr berührende Dokumentation über diese Attacke geschaut: "Als die Dokumentation aufgehört hat, war es erstmal total still im Raum".
Und dann seien sich alle in die Arme gefallen: "Früher waren das Polen und Deutsche, die sich gegenüber standen und sich gegenseitig töten wollten und heute stehen wir hier, 100 Jahre danach, und haben die Möglichkeit uns zu trösten, über das was passiert ist", erzählt Lenya, immer noch gerührt von diesem Moment.