Die Richter verurteilten den mehrfach vorbestraften Mann am Donnerstag zu zwei Jahren Gefängnis, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Außerdem muss er 7.500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen, in 30 Monatsraten zu je 250 Euro. Damit blieb das Gericht unter der Forderung der Staatsanwältin, die wegen schweren Raubs drei Jahre und sechs Monate Gefängnis gefordert hatte. Mit dem Urteil konnten der Angeklagte und seine Verteidigerin einen Sieg vor Gericht feiern. Denn die Anwältin hatte auf zwei Jahre Haft auf Bewährung und eine Geldstrafe plädiert.
Der Tatablauf war weitgehend unstrittig
Der Prozess hatte bereits im Dezember begonnen. Nach und nach klärte sich während der Verhandlung der Tatablauf, der im wesentlichen bei Staatsanwältin und Verteidigerin unstrittig ist. Demnach hatte der Angeklagte das Waffengeschäft in Carlsberg (Kreis Bad Dürkheim) am 17. März überfallen. Bereits einige Tage vorher hatte er den Waffenhändler angerufen und sich erkundigt, welche Waffen er denn bei ihm kaufen könnte und hatte mit ihm einen Termin ausgemacht. Am Tattag lieh sich der Neustadter ein Auto, fuhr auf einen Mitfahrer-Parkplatz in Enkenbach-Alsenborn, entwendete dort ein KFZ-Kennzeichen mit "KIB" und montierte es an seinem Pkw.
Noch ein zweites Waffengeschäft aufgesucht
Dann fuhr er zu dem Waffenhändler in Carlsberg. Dabei hatte er sein Gesicht mit einer OP-Maske verdeckt. Als der Händler die Waffen vor dem Neustadter ausgebreitet hatte, bedrohte der Täter den Händler mit einer ungeladenen Schreckschusswaffe mit Schalldämpfer, wie er später aussagte, und flüchtete mit fünf scharfen Schusswaffen im Wert von etwa 6.000 Euro. Einen Tag später fuhr der Mann nach Idstein in Hessen zu einem weiteren Waffenhändler und ließ sich erneut Waffen zeigen. Allerdings kam es dort zu keinem Raub. Am 21. März wurde der Mann festgenommen und kam in Untersuchungshaft.
Frühes Geständnis erspart dem Täter U-Haft
Von den fünf Waffen fehlte zunächst jede Spur. Durch das Eingreifen seiner Anwältin verriet der Mann allerdings den Aufenthalt der Waffen und legte ein paar Tage später ein Geständnis ab. Die Schreckschuss-Tatwaffe habe er in einen öffentlichen Mülleimer geworfen. Danach kam er unter Auflagen aus der Untersuchungshaft frei, musste sich allerdings in den kommenden 17 Monaten viermal in der Woche bei der Polizei in Neustadt melden. Als Motiv für den Raub gab er die Angst vor dem damals gerade ausgebrochenen Ukrainekrieg an: er habe sich mit den Waffen schützen wollen. Bei dem Prozess gab der als Schichtarbeiter in einer Firma in Haßloch beschäftigte Mann an, Alkohol zu trinken und vor dem Tattag Kokain konsumiert zu haben. Die Richter billigten ihm zu, durch diesen Konsum wohl eine übersteigerte Angst vor dem Krieg gehabt zu haben.
Anklage und Verteidigung nicht einig
Die Staatsanwältin hatte in ihrem Plädoyer unter anderem auf das Opfer hingewiesen. Der Waffenhändler sei nicht mehr in der Lage, seinen Beruf wie früher mit Kundenkontakt auszuüben. Er verkaufe nur noch Sprengstoff über das Internet. Außerdem verwies die Anklägerin auf die neun Vorstrafen des Neustadters, unter anderem wegen Bedrohung und Körperverletzung. Doch die Verteidigerin, die auf Bewährung mit Geldstrafe plädiert hatte, setzte sich durch. Außer dem Geständnis machte sie unter anderem geltend, dass ihr Mandant ein Anti-Aggressions-Training und ein Abstinenz-Programm absolviere. Nach der Urteilsverkündung flossen bei der Freundin des Angeklagten die Freudentränen.
Bewährung mit scharfen Auflagen
Allerdings muss der 32-jährige Neustadter ab sofort völlig straffrei bleiben. Fünf Jahre lang darf er während der Bewährungszeit keinen Alkohol trinken und keine Drogen konsumieren. Dies werde viermal im Jahr unangekündigt überprüft. Außerdem muss der Mann einmal im Monat zur Suchtberatung. Auch die Zahlung von 7.500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung soll ihn immer wieder an seine schwere Straftat erinnern, sagte der Vorsitzende Richter. "Es ist Ihre absolut letzte Chance, ohne Gefängnis davon zu kommen" meint er wörtlich. Dazu gehört auch, dass der Neustadter fünf Jahre lang weder eine Schreckschusswaffe besitzen noch tragen darf.