Die Vorsitzende Richterin fasste in ihrer Urteilsbegründung die ungewöhnliche Haßliebe zwischen der Angeklagten und ihrem Lebensgefährten, dem Opfer, zusammen: Beleidigungen, Drohungen, körperliche Verletzungen - das war seit Jahren Alltag in dieser toxischen Zweierbeziehung.
Das ganze gipfelte in einem Dauerstreit, der von Heiligabend 2023 bis zum 2. Januar 2024 ging und schließlich mit der tödlichen Messerattacke endete. Der Angeklagte war betrunken, seine Partnerin stand zusätzlich unter Drogen und hatte die Tagesdosis eines Medikaments (sechs Tabletten) auf einmal genommen.
Gericht sieht eine ganz bewusste Tat
Das Gericht kam zum dem Schluss, dass die Frau ganz bewusst ihren Freund im Streit verletzen wollte und seinen Tod dabei billigend in Kauf nahm. Sie sei verletzt, gedemütigt und wütend gewesen, nachdem ihr Freund sie an den Haaren gepackt hatte und aus der Küche zerren wollte.
In der gebückten Haltung, in der sie sich durch den Griff ihres Freundes befand, habe sie ein Küchenmesser gegriffen und ihm in den Rücken gestochen. Notwehr, wie es die Angeklagte und ihr Verteidiger geltend machen wollten, sei das allerdings nicht gewesen, dessen ist sich das Gericht sicher.
"Bei einem Angriff muss die Verhältnismäßigkeit stimmen", sagte die Vorsitzende Richterin. "Die Angeklagte hat den Stich in einen sehr verletzlichen Bereich des Oberkörpers gesetzt. Sie hätte den schmerzhaften Griff auch beenden können, indem sie ihrem Lebensgefährten ins Bein oder in den Po sticht."
Opfer fleht um Hilfe
Auch nach dem Stich, der mit großer Wucht ausgeführt wurde, habe sie das Messer nicht losgelassen. Ihr Lebensgefährte hatte versucht, sich umzudrehen und sich dabei noch viel erheblicher selbst verletzt.
Damit das geschehen konnte, muss die Frau mit viel Kraft das Messer festgehalten haben. Auch das spreche nicht für Notwehr, sondern für viel Wut. Der Lebensgefährte hatte die Frau noch angefleht: "Hilf mir... ich glaube ich sterbe."
Die Angeklagte habe nicht geholfen, so die Richterin. Stattdessen habe sie sich aufs Sofa gesetzt, eine Bierdose geöffnet, und so habe sie dann auch die Polizei vorgefunden. Sie ließ sich widerstandslos festnehmen. Ihr Lebensgefährte hatte sich zum nahegelegenen Haus seiner Mutter geschleppt und war auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben.
Strafmaß liegt in mittlerem Bereich
Das Strafmaß für Totschlag liegt bei fünf bis zwölf Jahren - kann in sehr schweren Fällen auch bei lebenslänglich liegen.
Strafmildernd wertete das Gericht, dass die Frau die Tat gestanden hat, dass sie unter Drogen-, Alkohol- und Medikamenteneinfluss stand und dass sie im Affekt gehandelt hat - gedemütigt und wütend von den andauernden Streits und Verletzungen.
Das Gericht habe keinen Alkohol-Entzug für die Frau verordnen können, wie es die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer gefordert hatte. Aber die Richterin legte der Verurteilten einen Entzug sehr ans Herz.
Die 25-Jährige habe ihr Leben noch vor sich und sie werde es nicht schaffen, ohne Therapie dauerhaft vom Alkohol loszukommen. Denn der Alkohol verwandele sie, die eigentlich ansonsten friedlich und eher schüchtern ist - regelmäßig in einen "Berserker".
Lebensgefährten getötet Prozessauftakt in Frankenthal: Angeklagte räumt Messerstich ein
Weil sie im Streit ihren Lebensgefährten erstochen haben soll, muss sich eine 25-jährige Frau vor dem Landgericht verantworten. Der erste Verhandlungstag schockiert die Beteiligten.
Staatsanwaltschaft und Nebenklage sind sich einig
Die Oberstaatsanwaltschaft hatte beim vergangenen Prozesstag auf eine sechsjährige Haftstrafe plädiert. Die Nebenklage schloss sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft im vollen Umfang an, auch wenn der Anwalt meinte, dass diese Forderung eher im unteren Bereich des Angemessenen liegt.
Einen Freispruch, wie ihn die Verteidigung gefordert hatte, hätte er nicht akzeptieren können, sagte Nebenklage-Anwalt Richard Radtke dem SWR. Der Verteidiger will sich jetzt nach dem Urteil mit seiner Mandantin beraten, ob sie in Revision gehen werden.