Er ist 27 Jahre alt und am 18. Oktober vergangenen Jahres wäre er um ein Haar gestorben – an der Kasse einer Drogeriemarkt-Kette in Ludwigshafen-Oggersheim. Der junge Mann aus Ludwigshafen hat am Freitagvormittag im Prozess am Landgericht in Frankenthal ausgesagt. Er schilderte, wie er den Messerangriff in der Drogerie erlebt hat.
Der Angeklagte, ein Mann aus Somalia, soll den 27-Jährigen am 18. Oktober 2022 angegriffen haben. Zuvor soll er zwei Handwerker in einem Wohngebiet erstochen haben.
Zeuge: "Ich habe immer im Hinterkopf, ich muss mich umschauen"
Der 27-Jährige schilderte, wie ruhig und gelassen der Angeklagte am Tattag gewesen sei. Er habe ihn im Drogeriemarkt nach seiner Nationalität gefragt: "Bist du deutsch, türkisch oder amerikanisch?" Er sei so ruhig dabei gewesen, als würde er ihn fragen, wie es ihm gehe. "Als ich 'deutsch' sagte, war schon das Messer in der Brust." Und weiter sagte der 27-Jährige aus: "Das Messer hat mich mit einer extremen Wucht getroffen, die ich nicht erwartet hätte." Die Wunde habe geblutet, wie wenn man einen Wasserhahn aufdrehe, sagte der Zeuge mit ruhiger aber gedrückter Stimme.
Der 27-Jährige ist seit dem Vorfall krankgeschrieben. Er hatte in der Nähe des Drogeriemarktes, in dem er angegriffen wurde, gewohnt. Damit er die Filiale nicht sehen muss, sei er umgezogen, gab er vor Gericht an.
Er habe seit dem Tag der Attacke Probleme zu schlafen. Er habe immer im Hinterkopf, er müsse sich umschauen.
Am Freitagvormittag wurden auf zwei großen Bildschirmen Videoaufnahmen von der Überwachungskamera aus dem Drogeriemarkt gezeigt, in dem der letzte Angriff stattfand und in der der Angeklagte von einem Polizisten niedergeschossen wurde.
Die Aufnahmen zeigen, wie der Angeklagte sein Opfer attackiert. Zwischen dem Betreten des Ladens durch den Angeklagten und der Tat lagen 20 Sekunden. Das Opfer verlässt mit der Hand auf der Wunde den Laden. Auch ist zu sehen, wie die Polizisten mit gezogenen Waffen den Täter durch den Laden verfolgen.
Tat möglicherweise länger geplant?
Am Freitagmittag sagte der leitende Ermittler vor Gericht aus. Dabei wurden auch die SMS-Chats mit der Ex-Freundin des Angeklagten öffentlich. Mehrere Tage vor der Tat habe der Angeklagte der Frau in einer SMS zwischen Streitnachrichten ein 'Geschenk auf ihrem Balkon' angekündigt. Der Angeklagte bestreitet jedoch die Nachrichten. "Das ist nicht wahr", sagte er am Freitagnachmittag.
Am Tattag hatte er laut Staatsanwaltschaft den abgetrennten Arm des jüngeren Opfers auf den Balkon der Freundin geworfen. Nach Aussage des Polizisten hatte er dabei gerufen: "Hier ist Dein Geschenk." Zunächst habe die Freundin gedacht es handele sich um eine Attrappe, aber dann habe sie die Polizei angerufen: "Können Sie vorbeikommen? Mein Ex-Freund hat mir eine abgeschnittene Hand auf den Balkon geworfen."
Mehrere Zeugen haben gesehen, wie der Angeklagte den Arm abgetrennt hat, so der Polizist weiter. Für die Angehörigen sind diese Aussagen offenbar schwer zu ertragen. Einige weinen und wirken sehr mitgenommen.
Opfer mit Nachbar verwechselt?
Der Angeklagte erklärte erneut sein Motiv: Er habe den 27-Jährigen angegriffen, weil er ihn für einen Nachbarn gehalten habe, der seine Ex-Freundin und ihre Kinder bedroht habe. Am ersten Prozesstag hatte er behauptet, das erste Opfer, dass er getötet und dem er den Arm abgetrennt hatte, für den Nachbarn gehalten zu haben. Den zweiten Mann habe er erstochen, weil er ihn für einen Verwandten des Nachbarn gehalten habe, ebenso erklärte er die Attacke auf den 27-Jährigen in der Drogerie.
Prozessauftakt in Frankenthal Prozess um tödlichen Messerangriff in Ludwigshafen - Angeklagter gesteht
Bei einer Messerattacke in Ludwigshafen-Oggersheim starben im Oktober zwei Männer, ein 27-Jähriger wurde schwer verletzt. Zum Prozessauftakt hat der Angeklagte die Taten gestanden.
Opferanwalt verwundert über Aussagen des Angeklagten
Der Anwalt des Schwerverletzen, Philipp Moritz Hug sagte dem SWR bereits am ersten Prozesstag, es sei "heftig“ mit welcher Leichtigkeit der Angeklagte die Messer-Angriffe geschildert habe. "Keine Silbe des Bedauerns – als ob das völlig normal wäre, sich so zu verhalten.“ Ob es den "ominösen Nachbarn" wirklich gebe - oder nur im Kopf des Angeklagten, das sei unklar, so der Anwalt. Sein Mandant sei froh, wenn er nach seiner Aussage am Freitag wieder aus dem Scheinwerferlicht treten könne.