"Ich bin enttäuscht", sagt Peter Kallusek über den Kurs der Grünen in der Bundesregierung. Er sitzt im Vorstand des Kreisverbands Südliche Weinstraße und engagiert sich lokalpolitisch für die Grünen. "Wir machen zu viele Zugeständnisse an SPD und FDP. Wir können kaum etwas durchsetzen."
Aus seinem Frust heraus hat Peter Kallusek einen Offenen Brief an die Grüne Parteispitze unterschrieben. Darin haben bereits mehr als 1.000 Grünen-Mitglieder ihren Unmut über den Kurs der Partei geäußert. "Natürlich verstehe ich, dass man auch Kompromisse machen muss", sagt Kallusek. Aber die Frage, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind, muss man sich regelmäßig stellen."
Südpfalz: Grüne Parteibasis kritisiert aufgeweichte Klimaziele
Beim Bundesparteitag in Karlsruhe erwarten die Unterzeichner, dass der Vorstand sich ihre Kritik anhört und mit ihnen ins Gespräch kommt, sagt Obada Barmou aus dem Vorstand der Grünen in Jockgrim. Auch er hat den Brief unterschrieben. "Ich bin den Grünen wegen der Basisdemokratie beigetreten", sagt Obada Barmou. "Jede Stimme in der Partei zählt. Durch die Regierungsbeteiligung geht das leider verloren."
Viele Kompromisse und die dann auch noch als eigene Erfolge verkauft. Das ist der Kern der Kritik im Offenen Brief. Aufgeweichte Klimaziele, weniger Geld für die Kindergrundsicherung, längere Laufzeiten für Atomkraftwerke. Das alles sei gegen den Willen der Grünen geschehen. Die aktuelle Debatte über eine härtere Migrationspolitik bringt für Obada Barmou aus Jockgrim das Fass zum Überlaufen. "Dass bestimmte Menschen in dieser Gesellschaft als Menschen zweiter Klasse herumlaufen müssen, werde ich nicht mittragen. Das betrifft mich auch selber."
Zuletzt hatten auch wichtige Grünen-Politiker, wie der Baden-Württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann gefordert, dass weniger Migranten nach Deutschland kommen sollten, um die Kommunen zu entlasten. Ein Mittel, das Kretschmann befürwortet, ist, Zahlungen an Geflüchtete durch Sachleistungen zu ersetzen.
Vorstand soll sich Kritik zu Herzen nehmen
Obada Barmou und Peter Kallusek sind beide optimistisch, dass sie mit ihrem Brief die Parteispitze erreichen und eine Diskussion beim Parteitag auslösen. Danach müsse aber auch etwas passieren, fordert Kallusek. "Ich erwarte, dass man dann sagt, dass es so nicht weitergehen kann. Und wenn es doch so weitergeht, muss zumindest darüber nachgedacht werden, ob die Grünen in der Bundesregierung bleiben können."