Pfalz: Wartelisten auf einen Platz im Altenheim

Caritas-Chef im Bistum Speyer: "Das System Pflege ist krank"

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Autor/in
Birgit Baltes
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Fachkräftemangel und Geldnot in der Altenpflege sind nicht neu. Doch die Folgen werden immer dramatischer, etwa in den Altenheim der Caritas im Bistum Speyer.

Der Leiter der Caritas im Bistum Speyer, Vinzenz du Bellier, fand auf der Jahrespressekonferenz des Bistums Speyer klare Worte, um die aktuelle Lage in den 15 Altenheimen der Caritas zusammenzufassen: "Das System Pflege ist krank. Es müsste im Prinzip neu gedacht und aufgebaut werden."

Jahrespressekonferenz Bistum Speyer
Caritasdirektor Vinzenz du Bellier (2. v. l.) auf der Jahrespressekonferenz des Bistums Speyer. Wegen einer Corona-Infektion zugeschaltet war Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann.

Pfalz: "Da sitzen einem Menschen heulend gegenüber"

Das Problem ist eigentlich bereits bekannt: Die Pfelgeversicherung decke bei Weitem nicht die Kosten ab, weder in stationären Senioren- und Pflegeheimen noch in der ambulanten Pflege, so Caritas-Direktor du Bellier. Hinzu komme noch der eklatante Mangel an Fachkräften in der Altenpflege. Das führe dazu, dass es in fast allen Häusern der Caritas Wartelisten gebe.

Die Betroffenen seien oft verzweifelt, so der Leiter der Caritas: "Da sitzen einem Menschen heulend gegenüber, weil sie keinen Platz bekommen können." Für die gebe es dann nur die Möglichkeit, sich durch Angehörige Zuhause pflegen zu lassen und auf ambulante Pflegedienste zurückzugreifen.

Da sitzen Einem Menschen heulend gegenüber, weil sie keinen Platz bekommen können.

Immer mehr Insolvenzen in der Pflege

Doch auch in der ambulanten Pflege sei die Lage wegen der Unterfinanzierung und fehlender Fachkräfte dramatisch, sagt der Caritas-Chef. Einrichtungen in der Pfalz mussten bereits Insolvenz anmelden, wie eine Ökumenische Sozialstation. Und auch ein Altenheim in Bad Bergzabern sei Pleite. Andere Einrichtungen stünden kurz davor.

Caritas-Direktor im Bistum Speyer: Leiharbeit keine Lösung

Er habe die Wahl: Entweder die Seniorenheime teilweise leer stehen lassen, weil Pflegefachkräfte fehlen oder die Lücken durch Leiharbeitskräfte füllen, sagt du Bellier. Die Caritas im Bistum Speyer habe sich in vielen Fällen für die Leiharbeit entschieden. Doch wegen des Fachkräftemangels in der Branche seien die Leiharbeitskräfte fast doppelt so teuer wie die eigenen Mitarbeitenden. Und auf den Mehrkosten bleibe die Caritas sitzen, die würden nicht von der Pflegeversicherung übernommen.

Hinzu komme, dass die Leiharbeiter nicht mit den Abläufen in den Häusern vertraut seien und sich ihre Arbeitszeiten oft auch selbst aussuchen würden, was zu Spannungen mit dem Stammpersonal führe.

Ungerechtigkeit in der Ausbildung zur Pflegefachkraft

Zwar gebe es aktuell an den Pflegeschulen im Bistum 117 Auszubildende. Doch seit die Ausbildung 2020 vereinheitlicht wurde, könnten die Azubis entscheiden, ob sie nach ihrem Abschluss in die Kranken- oder in die Altenpflege gehen. Und da "die Krankenhäuser zurzeit alles bezahlt bekommen", so der Caritas-Direktor, wandern die meisten in die Krankenpflege ab.

Paradox: Häuser stehen teils leer und Senioren auf Wartelisten

Aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation, habe die Caritas erst einmal alle anstehenden Sanierungen auf Eis gelegt, sagt du Bellier. Denn selbst wenn die Häuser saniert oder gar neue gebaut würden, könnten die aktuell ja gar nicht voll belegt werden, weil es an Personal fehle. Und das gelte ohnehin schon in einigen Häuser der Caritas im Bistum Speyer. Obwohl dort noch Plätze frei seien und es Wartelisten gebe, könnten die wegen Personalmangels nicht besetzt werden.

Eigenanteil Pflegebedürftiger steigt immer weiter

Um noch wirtschaftlich arbeiten zu können, seien die Häuser gezwungen, den Eigenanteil, den die Pflegebedürftigen leisten müssen, immer weiter zu erhöhen. Du Bellier spricht von bis zu 1.000 Euro Preiserhöhungen im Monat, die auf die Menschen zukämen. Das sei unzumutbar.

Forderung: "Ein "Weiter so" darf es nicht geben"

Noch hat die Caritas im Bistum Speyer zwar nicht beschlossen, Häuser zu schließen. Aber ihr Leiter du Bellier schließt nicht aus, dass es in den kommenden Monaten dazu kommen könnte. Er warnt: "Wenn wir so weitermachen, richten wir die Pflege zu Grunde". Du Bellier fordert deshalb, dass die Politik endlich die Pflege in den Fokus nehmen müsse und die Pflege auf neue Beine stellt.

Wenn wir so weiter machen, richten wir die Pflege zugrunde

Die Pflegeversicherung müsse so aufgestellt werden, dass sie die Pflegekosten tatsächlich abdecke. Die starre Vorgabe, dass 50 Prozent des Personals in den Altenheimen aus Fachkräften besteht, müsse gelockert werden, da sie nicht einzuhalten sei. Und die Altenpflege müsse generell aufgewertet, also auch besser bezahlt werden.

Pflegegesellschaft RLP: Viele Pflegeeinrichtungen existentiell bedroht

Mit seinen Forderungen steht der Caritas-Chef im Einklang mit einem Positionspapier, mit dem sich die Pflegesellschaft Rheinland-Pfalz im Januar an die Politik und die Öffentlichkeit gewandt hatte. Die Gesellschaft vertritt viele große Träger von Pflegeeinrichtungen im Land wie Diakonie, Caritas, Arbeiterwohlfahrt (AWO) und Deutsche Rotes Kreuz (DRK). Sie macht unter anderem deutlich: Mehr als 200 Pflegeeinrichtungen stehen landesweit wirtschaftlich vor dem Aus.

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