Anna Bauer lebt mit ihrem Lebensgefährten und ihren zwei Hunden in Speyer. Die 31-jährige ist Lehrerin an einer Integrierten Gesamtschule - und plötzlich soll sie eine halbe Millionen Menschen vertreten - zumindest rechnerisch.
Denn sie ist eine von 160 Vertreterinnen und Vertretern im Bürgerrat in Berlin. Der Rat geht auf eine Idee der Ampel-Koalition zurück, um mehr Bürgerbeteiligung zu erreichen.
Dabei war sie nie politisch aktiv. "Ich hatte einfach nicht die Zeit dazu und wenn dann hätte ich das richtig machen wollen", erzählt sie. Ehrenamtlich engagiert sich die 31-Jährige als Ski- und Schwimmtrainerin.
Überraschender Brief für die Lehrerin
Zunächst wusste sie den Brief der Bundestagspräsidentin nicht einzuordnen, der im Mai bei ihr ankam. Sie wurde durch einen Algorithmus zufällig ausgewählt, Teil des Bürgerrates zu sein.
"Dann hab ich mich eingelesen und gedacht: Coole Aktion, da kann ich mir vorstellen mitzumachen", sagt Anna Bauer. Besonders, weil ihr das Thema des Rates - Ernährung - am Herzen liegt.
Anna Bauer kennt die Probleme
Das Thema begegnet der Lehrerin in ihrem Beruf ständig. Sie unterrichtet Deutsch und Sport. So erzählt Bauer: "Ich sehe ja schon die Kinder in jungen Jahren mit Adiposidas oder Diabetes."
Wenn sie die Schülerinnen und Schüler in der Pause sieht essen diese oft nur Chips und Cola, das erschreckt sie. Und auch am Schulkiosk gebe es viele ungesunde Alternativen. "Wir müssen ein stärkeres Bewusstsein für die Ernährung schaffen."
Auch die Kennzeichnung von Lebensmitteln muss aus ihrer Sicht dringend verbessert werden. Der so genannte Nutri-Score sei zum Beispiel komplett undurchsichtig. Den meisten sei nicht bewusst, dass die Skala nur innerhalb einer Produktgruppe vergleiche und damit keine objektive Einschätzung ermögliche.
Das führe dann auch zu komischen Situationen: "Wenn der Lachs dann einen Nutri-Score von E hat und die Chips einen von C, dass ist dann auch nicht mehr verständlich." Sowohl bei Nutri-Score als auch bei der Tierwohl-Angabe kritisiert sie weiter, dass die Auszeichnung freiwillig sei.
Bürgerrat mit neuen Perspektiven für die Politik
Mehr Aufklärung und das Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher verbessern: Mit diesen zwei Punkten auf der Agenda geht Anna Bauer nach Berlin. Dort hofft sie etwas bewegen zu können: "Sonst würde ich das ja nicht machen."
Sie findet die Idee des Bürgerrates gut. Dadurch gebe es die Möglichkeit andere Perspektiven in die Politik einfließen zu lassen, denn ein Bürgerrat repräsentiere eine breite Bevölkerung. Was Anna Bauer wichtig ist: "Die Regierung muss uns zuhören!"