Bis heute ist im Traumahilfezentrum des Ahrtals die Nachfrage nach psychotherapeutischen Beratungsterminen höher als das Angebot. In letzter Zeit habe es gerade für Kinder zu wenig psychologische Betreuung gegeben, sagt Leiterin Katharina Scharping. Denn im Sommer habe eine Kinderpsychologin die Beratungsstelle für flutbetroffene Menschen mit Traumata verlassen.
Nach Angaben von Scharping gibt es seit einigen Wochen wieder eine Psychologin, die sich gezielt um die Probleme der Kinder kümmert. Das sei gerade dann wichtig, wenn Familien noch zögerten, sich an eine Praxis oder Klinik zu wenden, sagt Scharping: "Wir sind froh, dass sich dadurch die Lage der Betreuung im Traumahilfezentrum etwas entspannt." Seit der Eröffnung im Dezember 2021 sind nach Angaben des Hilfezentrums bisher 334 Kinder betreut und beraten worden.
Psychologische Hilfe auch in Schulen gefragt
Auch an den Schulen im Ahrtal nehmen Kinder und Jugendliche die psychologische Beratungsangebote nach Angaben der Kreisverwaltung nach wie vor stark in Anspruch. Die Folgen der Flut seien Teil der Lebensrealität der Kinder im Kreis Ahrweiler. Das präge auch in Zukunft die Arbeit der Lehrer, Betreuer und Schulpsychologen, sagte ein Sprecher auf SWR-Anfrage.
Zustand der Kinder zeigt sich an ihren Bezugspersonen
Lisa Thies vom Kinderschutzbund in Ahrweiler teilt diese Einschätzung. Sie hat täglich mit Familien zu tun, die weiterhin nicht zurück in ihre Häuser können. Aus ihrer Sicht ist es bei Kindern oft schwieriger zu erkennen, ob sie das Erlebte verarbeiten können oder an traumatischen Folgestörungen leiden. "Wir sehen, dass Kinder nicht immer direkte Verhaltensweisen zeigen, aus denen man erkennen kann, wie es ihnen geht. Ein wichtiger Punkt sind dabei die Erwachsenen. Der Zustand der Bezugspersonen sagt meistens auch etwas über das Befinden der Kinder aus."
Kinderschutzbund: Weniger Ehrenamtliche für Kinderbetreuung
Auch Monika Hunger arbeitet für den Kinderschutzbund im Ahrtal. Dort leitet sie ein Patenschaftsprojekt das Ehrenamtliche an Familien vermittelt, die Unterstützung bei der Kinderbetreuung brauchen. Denn eine intensive Betreuung traumatisierter Kinder sei auch zweieinhalb Jahre nach der Flut wichtig für ihre psychische Gesundheit, sagt Hunger.
Doch es gibt ein Problem: Der Kinderschutzbund kann in letzter Zeit immer weniger Menschen für das ehrenamtliche Projekt gewinnen. Deshalb sei für viele Kinder kein Platz im Patenschaftsprogramm, sagt Monika Hunger: "In diesem Projekt merkt man, dass zweieinhalb Jahre nach der Flut eine allgemeine Müdigkeit eingetreten ist. Das führe ich darauf zurück, dass viele Menschen im Ahrtal an dem Punkt sind, mehr auf ihre eigenen Kräfte achten zu wollen."
Neue Freizeitangebote für Kinder im Ahrtal
Doch an der Ahr gibt es auch positive Entwicklungen, was Angebote für Kinder und Jugendliche betrifft. Durch Spendengelder konnten beispielsweise viele Spielplätze und Freizeitorte wieder aufgebaut oder zusätzlich geschaffen werden.
Ein Leuchtturmprojekt ist das KinderpAHRadies in Ahrweiler. Nach der Flut wurde der Indoor-Spielplatz im Herbst 2021 vom Verein Spenden-Shuttle finanziert und aufgebaut. Bis heute können in dem Zelt Kinder und ihre Familien kostenlos spielen und entspannen.
50.000ster Besucher auf Indoor-Spielplatz in Ahrweiler erwartet
Am Freitag wurde auf dem Indoor-Spielplatz der 50.000ste Besucher begrüßt. Ein Meilenstein, mit dem das Team den Erfolg des Projekts feiern will. Dirk Gemein vom Vorstand des Spenden-Shuttles e.V. spricht von einem "heilsamen Effekt", den diese Projekte für flutbetroffene Kinder haben.
Es sei deshalb gut, dass sich an der Ahr nach der Flutkatastrophe für Kinder viel getan habe, sagt Gemein: "Man kann sagen, das Ahrtal ist in Deutschland mittlerweile der Ort mit den schönsten Spielplätzen. Wir sind über den Punkt heraus, wo wir tief in der Zerstörung stecken. Wir sind in Sachen Spielstätten in der Phase des Wiederaufbaus, zum Teil sogar schon in der Phase der Optimierung."
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