Anders als bei einer Gruppentherapie soll das neue Angebot vielmehr informieren. In der Tagesklinik des Pfalzklinikums in Kaiserslautern sollen sich Betroffene vernetzen und die eigene Krankheit besser kennenlernen können. Geleitet wird das neue Projekt von Ärztin Patrizia Bellati.
SWR Aktuell: Frau Bellati, das Gruppenangebot nennt sich "Wegweiser bei psychischen Beschwerden". Was kann man sich darunter vorstellen?
Patrizia Bellati: Das Gruppenangebot ist gedacht für eine Gruppe von etwa zehn Menschen mit psychischen Beschwerden, die sonst eben gar keine Unterstützung hätten. Es ist in drei Module aufgebaut. Im ersten Modul geht es natürlich hauptsächlich darum, sich auszutauschen oder eben auch mit der therapeutischen Begleitung seine Nöte darzustellen. Das kann oft schon sehr viel Entlastung bringen, weil Menschen erfahren: "Ach, ich bin nicht allein mit den Problemen. Es gibt andere, denen geht es ähnlich." Das kann auch ein Stück weit Scham abbauen. Dann geht es natürlich auch ganz viel um Informationsvermittlung, bei der etwas über die Krankheitsbilder erklärt wird. Danach geht es um therapeutische Ansätze.
SWR Aktuell: Wie sehen diese therapeutischen Ansätze aus?
Bellati: Im letzten Modul geht es darum, was kann ich denn selber alles tun? Und da muss ich ganz ehrlich sagen: Wenn man es herunterbricht, kommen wir immer wieder zu einer gesunden Lebensführung. Da kommt dann sowas zur Sprache wie Achtsamkeitskurse, Ernährung, ausreichendes Trinken, Bewegung und auch die Frage, warum das alles wichtig ist. Theoretisch wissen wir das alle. Aber wenn man nochmal hört, was das eigentlich im Gehirn tatsächlich verändert, wenn man sich bewegt, genug trinkt oder die richtigen Nährstoffe zu sich nimmt, dann kann das noch ein Stück weit mehr motivieren. Und da versuche ich auch ein bisschen Lust darauf zu machen.
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SWR Aktuell: An wen richtet sich das Angebot? Mit welchen psychischen Beschwerden kann man sich an Sie wenden?
Bellati: Dazu gehören natürlich jede Form depressiver Beschwerden oder verschiedene Angststörungen. Menschen mit Sozialphobie, Ängsten oder Zwangsstörungen können sich bei uns melden. Das sind die häufigsten Beschwerden, die sehr oft durch ein bestimmtes Ereignis ausgelöst wurden. Zum Teil können durchaus auch Menschen mit Traumafolgebeschwerden zu uns kommen. Ausgenommen sind allerdings sehr schwere Krankheiten. Das kann man in einer Gruppe nicht abfangen. Dazu gehören beispielsweise schwere depressive Symptome, Suizidgedanken, akute oder sehr problematische Psychosen.
Parallelwelten
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SWR Aktuell: Wieso kann das Gruppenangebot denn hilfreich sein? Es handelt sich dabei ja nicht um eine Therapie.
Bellati: Hilflos zu sein, sich ohnmächtig oder ausgeliefert zu fühlen, ist ein ganz, ganz schwieriges Gefühl für jeden Menschen. Und dann wieder eine Idee zu bekommen: Das sind die Möglichkeiten und Schritte, die ich unternehmen kann. Da und da kann ich mir Hilfe holen. Und zu erfahren, dass Bewegung, Ernährung sowie soziale Kontakte helfen können, stärkt jeden Menschen. Sofern die Krankheit nicht zu schwer ist oder ich gar keinen Antrieb mehr habe. Das Gefühl zu haben, ich kann etwas tun, ist einfach immer unterstützend.
Gruppenangebot startet am 15. August am Pfalzklinikum Kaiserslautern
An jeweils drei Donnerstagen hintereinander können Betroffene am neuen Gruppenangebot des Pfalzklinikums teilnehmen. Insgesamt dauert ein Termin 90 Minuten. Wer das Angebot wahrnehmen möchte, braucht eine Überweisung vom Hausarzt oder der Hausärztin.