Kein mysteriöser Geheimbund

Freimaurer in Pirmasens: "Wir trinken kein Blut aus Totenschädeln"

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Sie gelten als geheimnisvoll: Die Freimaurer. Ihre Logen existieren in vielen Städten, oftmals misstrauisch beäugt. In Pirmasens geben die Freimaurer jetzt Einblicke.

Das Gebäude der Freimaurerloge "Zur Treue am Berge Horeb" liegt unauffällig an der Beckenhofer Straße in Pirmasens. Neben der Tür weist ein kleines Schild mit Zirkel und Winkel, dem Logo der Freimaurer, darauf hin, dass sich in dem weißen, zweigeschossigen Bau die Räume und der Tempel der Pirmasenser Loge befinden. Vor dem Haus wartet bereits Uwe Scheid. Der 62-Jährige ist Zeremonienmeister und stellvertretender Meister vom Stuhl – Letzterer ist vergleichbar mit dem zweiten Vorsitzenden eines Vereins.

Die Freimaurerloge in Pirmasens öffnet sich.
Uwe Scheid ist Zeremonienmeister und stellvertretender Meister vom Stuhl der Loge "Zur Treue am Berge Horeb" in Pirmasens.

Freimaurerlogen wirken auf viele Menschen geheimnisumwittert

Die Freimaurerloge in Pirmasens hat derzeit 22 praktizierende Brüder, erklärt Uwe Scheid. "Die sind zwischen Anfang 50 und Mitte 70." Die Kinder seien aus dem Haus, sagt Scheid, man habe wieder mehr Zeit. In der Lebensmitte würden sich viele Menschen fragen, was kommt jetzt? Dann kämen sie zur Loge. Allerdings wirken Logen auf viele Menschen mysteriös – oftmals kennen sie nur Geschichten aus Filmen oder Büchern, wie etwa "Illuminati" von Dan Brown. Vorurteile aus grauer Vorzeit und moderne Märchen aus Büchern und Filmen haben bei vielen Menschen zu einem Misstrauen gegenüber den Freimaurern geführt.

Wir verspeisen keine Jungfrauen

"Wir sind kein Geheimbund", sagt Uwe Scheid. "Wir verspeisen keine Jungfrauen, wir trinken kein Blut aus dem Totenschädel." Daher ist es Scheid auch wichtig, die Freimaurer in Pirmasens bekannter zu machen – unter anderem um Vorurteile abzubauen. Den Freimaurern gehe es um Humanität, Brüderlichkeit, Toleranz und Nächstenliebe. Daran arbeiten die Brüder alleine und gemeinsam im Tempel. So heißt der Raum, in dem die Rituale stattfinden und den nur die Brüder betreten dürfen.

Die Freimaurerloge in Pirmasens öffnet sich.
Blick in den Tempel der Pirmasenser Freimaurerloge. Allerdings ist hier schon alles für den öffentlichen Gästeabend am 29. August hergerichtet. Ansonsten dürfen keine Außenstehenden in den Tempel hinein.

"Die Loge ist ein Raum, wo sich Menschen mit gleicher Gesinnung treffen, ihre Gedanken austauschen können und sich gegenseitig unterstützen", erklärt Scheid. Auf neudeutsch kann man sagen, dass die Logenbrüder dort an ihrer Selbstoptimierung arbeiten, auf dem Weg zu einem besseren "Ich". Mittelpunkt dabei: Sich selbst zu erkennen und an Fehlern und Schwächen zu arbeiten.

Logenbrüder in Pirmasens unterstützen sich gegenseitig

"Das ist ein ganz mühsamer Weg", sagte Uwe Scheid. "Es ist ganz, ganz schwer und immer wieder mit Rückschlägen verbunden". Aber, so erklärt Scheid, das Schöne sei, dass man sich nicht zu schämen brauche, wenn man etwas falsch mache, wenn etwas nicht gelinge. Die Brüder würden einen seelisch wieder aufbauen. Unter denen gibt es keine Standesunterschiede – egal, ob Unternehmer oder Müllwerker – in der Loge hat jeder den gleichen Stellenwert. "Mir ist schon vorgekommen, dass ich nach Hause gefahren bin und hab gesagt: Mensch, da hat er recht gehabt, das habe ich so noch gar nicht gesehen. Ich bin mit einer anderen Meinung nach Hause gefahren als ich vorher hatte – das ist das Schöne daran".

Zeremonien und Rituale der Freimaurer

Um in die Loge aufgenommen zu werden, bedarf es verschiedener Vorarbeiten des "Suchenden". So werden die Anwärter genannt, die in der Loge Mitglied werden möchten. Details dazu will Uwe Scheid nicht nennen, denn bei den Freimaurern gilt auch heute noch das Arkanprinzip. Das bedeutet, dass Rituale nur einem Kreis von Eingeweihten zugänglich gemacht werden. Die Freimaurer haben sich verpflichtet, diese Geheimnisse zu wahren. "Bei den Ritualen spielen Musik und Licht eine große Rolle", erklärt Uwe Scheid. Wird ein Neuling in die Loge aufgenommen, so dauert das dazugehörige Ritual mehrere Stunden.

Man könne nicht beschreiben, was während eines Rituals mit einem passiert, meint der Zeremonienmeister. Man könne zwar Einzelheiten nennen, aber es sei für Außenstehende kaum zu verstehen, weil man die Gefühle während des Rituals nicht vermitteln könne.

Die Freimaurerloge in Pirmasens öffnet sich.
Die Symbolik der Freimaurer stammt noch aus dem Mittelalter. Jeder Gegenstand hat eine Bedeutung bei den Logen. Mit Morbidität hat der Totenkopf allerdings nichts zu tun. "Wir trinken kein Blut aus Totenschädeln", versichert Zeremonienmeister Uwe Scheid. Bild in Detailansicht öffnen
Die Freimaurerloge in Pirmasens öffnet sich.
Die Freimaurerei hat in Pirmasens seit 1778 Tradition. Da hat Landgraf Ludwig IX. die Loge "Zur brennenden Granate" gegründet. Bild in Detailansicht öffnen
Die Freimaurerloge in Pirmasens öffnet sich.
Das Logo der Freimaurerloge in Pirmasens. Bei den Logen spielt die alte Symbolik aus Steinmetzzeiten eine große Rolle. Bild in Detailansicht öffnen
Die Freimaurerloge in Pirmasens öffnet sich.
In diesem Raum treffen sich die Logenbrüder, bevor es an die Tempelarbeit geht. An der Wand die Bilder zeigen die verschiedenen Phasen, die ein Bruder durchläuft: vom Lehrling über den Gesellen bis hin zum Meister. Für den unwissenden Betrachter sind es einfach nur Bilder, für die Logenbrüder erzählen sie eine Geschichte. Bild in Detailansicht öffnen
Die Freimaurerloge in Pirmasens öffnet sich.
Das Gemälde zeigt den Logenneuling, der Aufnahme begehrt, vor dem entsprechenden Ritual, das ihn zum Lehrling macht. Im Bild macht er sich über sich Gedanken, versucht, sich selbst zu erkennen. Bild in Detailansicht öffnen

Uwe Scheid ist seit fast zehn Jahren Freimaurer. "Mir hat die Freimaurerei Ausgewogenheit und mehr Zufriedenheit im Leben gebracht", erklärt er. Ihm gehe es seelisch besser als zuvor. Und er sei weniger aufbrausend, nehme Dinge gelassener. "Das hat auch die Familie gemerkt. Du bist irgendwie anders, aber schöner anders" – das habe seine Frau gesagt, lacht Uwe Scheid. Die Freimaurer wollten versuchen, ihr Umfeld besser zu machen, indem sie sich selbst verändern, sagt Scheid. "Ob wir es schaffen, ich glaube es nicht. Aber wir geben nicht auf".

Die Freimaurerloge in Pirmasens veranstaltet am 29. August um 19 Uhr einen offenen Gästeabend. Interessierte können vorbeischauen und einen ersten Einblick in die Freimaurerei bekommen.

Buchkritik John Dickie - Die Freimaurer. Der mächtigste Geheimbund der Welt

Über die Freimaurer kursieren die wildesten Verschwörungstheorien, was in der Geschichte immer wieder zur Verfolgung der Logen geführt hat, etwa im Nationalsozialismus. Der Historiker John Dickie folgt ihnen von ihren britischen Wurzeln im 16. Jahrhundert bis heute. Rezension von Eva Karnofsky. Aus dem Englischen von Irmengard Gabler S. Fischer Verlag ISBN 978-3-10-397335-8 544 Seiten 26 Euro

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