Bund und Länder haben sich geeinigt: Für das Jahr 2023 soll es einen extra Zuschuss des Bundes in Höhe von einer Milliarde Euro geben. Dieses Ergebnis ist nicht das, was die Länder sich im Vorfeld erhofft hatten: Sie forderten eine Pro-Kopf-Pauschale, ein "atmendes, dynamisches System". In diesem speziellen Punkt gab es jedoch auch nach sechsstündiger Verhandlung keine Übereinkunft. Im November wollen Bund und Länder dann erneut darüber sprechen, in welcher Form der Bund dauerhaft mehr Geld zur Verfügung stellen könnte.
Dreyer zufrieden mit Ergebnis
Nach dem Treffen sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), sie sei zufrieden mit dem Ergebnis. Man habe sich aufeinander zu bewegt, und das sei ein wichtiges Signal gewesen. Beide Seiten hätten eine ziemliche Strecke zurücklegen müssen, um zu dem gemeinsamen Ergebnis zu kommen. "Die Not derer, die ihre Heimat, Freunde und Familien verlassen müssen, um vor dem Krieg in der Ukraine, Syrien oder vor Verfolgung zu fliehen, muss unermesslich sein", betonte Dreyer mit Blick auf die gestiegenen Flüchtlingszahlen. Deswegen sei die konstruktive Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen wichtig.
"Eine Milliarde zusätzlich sind eine große Unterstützung"
Dreyer betonte, die Kommunen verdienten höchste Anerkennung für ihre Leistung bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Bund, Länder und Gemeinden hätten in den vergangenen Jahren viel Geld für eine menschenwürdige Aufnahme der Schutzsuchenden gezahlt. "Dass der Bund für dieses Jahr eine Milliarde zusätzlich zugesagt hat, ist ein wichtiges Signal und eine große Unterstützung, gerade auch für die Kommunen", ergänzte Dreyer.
Nun wolle sie schnell auf die Kommunen zugehen und über die Beschlüsse des Flüchtlingsgipfels sprechen, sagte Dreyer dem SWR. Dabei werde es auch um die Aufteilung des Geldes gehen. Bisher habe man noch keine Verabredung über die Finanzierung im Jahr 2023 getroffen, sich diesen Punkt extra noch offen gehalten. "Das nehmen wir jetzt direkt in Angriff, so Dreyer. "Ich bin ganz sicher, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen."
Rund 50 Millionen Euro für Rheinland-Pfalz
Von der Milliarde für die Länder wird Rheinland-Pfalz circa 50 Millionen abbekommen, so SWR-Korrespondent Georg Link. Für die einzelne Kommune sei das am Ende wohl eher nur "ein Tropfen auf den heißen Stein".
Freie Wähler: Ergebnis ist "herbe Enttäuschung"
Der Beitrag sei für die einzelne Kommune "verschwindend gering", heißt es auch von Joachim Streit von den Freien Wählern. Malu Dreyer rede das Ergebnis des Flüchtlingsgipfels schön. Für die Kommunen sei es eine "herbe Enttäuschung. Sie müssen finanziell dauerhaft entsprechend den Anforderungen unterstützt werden", so Streit. Das Land dürfe die Kommunen nicht im Stich lassen, gleichzeitig müsse Wohnraum schneller und einfacher geschaffen werden.
Landkreistag und Städtetag sehr unzufrieden mit dem Ergebnis
Die Summe von 50 Millionen Euro reiche bei weitem nicht, sagte der geschäftsführende Direktor des Landkreistags, Burkhard Müller (SPD), dem SWR. Sie decke noch nicht einmal 20 Prozent des Defizits, das die Städte, Kreise und Gemeinden in Rheinland-Pfalz in diesem Jahr mit der Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge machen würden. Müller sagte, er sei enttäuscht, dass die Bundesländer keine höhere Summe mit dem Bund verhandelt hätten.
Städtetag und Landkreistag fordern, dass das Land jetzt einspringt und den Kommunen mehr Geld gibt. Diese Forderung unterstützen auch die Freien Wähler. Der Städtetag teilte mit, falls das Land nicht mehr Geld zur Verfügung stelle, bestehe die Gefahr, dass in einigen Städten zum Beispiel Kitas oder Sportstätten nicht mehr ausgebaut werden können. Das würde die gesellschaftliche Akzeptanz und Solidarität für Geflüchtete gefährden.
Gemeinde- und Städtebund: Kommunen brauchen Perspektive
Auch der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz äußert sich kritisch. Das Geld sei zwar wichtig, die Kommunen bräuchten aber dringend eine langfristige Finanzierungsperspektive, teilte das Geschäftsführende Vorstandsmitglied Karl-Heinz Frieden mit. "Nur so kann versucht werden, schnell adäquate Unterkünfte zu schaffen, die auch im kommenden Jahr noch betrieben werden können."
Auch der Koblenzer Oberbürgermeister David Langner (SPD) sagte, das Geld vom Bund reiche nicht aus. Es sei aber "zunächst einmal gut, dass der Bund sich bewegt hat". Der Neuwieder Landrat Achim Hallerbach (CDU) sagte dem SWR, es fehle ein langfristiges Konzept. "Eine Milliarde ist sicherlich viel Geld - es ist ein Signal, aber keine Lösung." Ob das ausreiche, bezweifle er sehr.