Wohnungsnotstand in Rheinland-Pfalz

Geflüchtete aus Afghanistan oder Syrien finden kaum Wohnungen

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In Rheinland-Pfalz ächzen die Kommunen unter dem Druck, Geflüchtete gut durch den Winter zu bringen. Die Aufnahmeeinrichtungen sind voll, Wohnungen gibt es nicht.

Besonders schwer auf dem Wohnungsmarkt zu vermitteln sind all diejenigen Geflüchteten, die nicht aus der Ukraine kommen. Die Kommunen können ein Lied davon singen.

"Von Vermietern, die uns Wohnungen anbieten, hören wir oftmals: am liebsten Geflüchtete aus der Ukraine", berichtet Ingelheims Oberbürgermeister Ralf Claus (SPD). Er könne das ein bisschen nachvollziehen, sagte er. "Die Menschen aus der Ukraine sind uns kulturell näher. Da ist dann auch die Hilfsbereitschaft größer. Das kann man bemängeln, aber das ist Fakt."

People of Colour finden schwerer eine Wohnung

In den städtischen Unterkünften in Ingelheim leben 300 Geflüchtete aus Syrien, Afghanistan und anderen Ländern. Ein Drittel von ihnen dürfte längst eine eigene Wohnung mieten, aber sie finden keine. "Manche suchen schon fast zwei Jahre", sagt Claus, "und diese Plätze fehlen uns dann für Neuankömmlinge."

Der Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz warnt schon lange vor der Ungleichbehandlung von Geflüchteten. "Wir haben das auch versucht, in Veranstaltungen zu bearbeiten", berichtet Luca Giongo, Sozialarbeiter im Flüchtlingsrat. "Wir hatten zum Beispiel eine Veranstaltung zum Thema 'Geflüchtete erster und zweiter Klasse'. Und man hat schon gemerkt, dass die Aufnahmebereitschaft gegenüber Geflüchteten mit ukrainischer Staatsbürgerschaft, die weiß sind, größer ist."

Syrer, Afghanen und andere müssen länger in Unterkünften bleiben

Geflüchtete aus der Ukraine durchlaufen nicht das übliche Asylverfahren und sind nicht verpflichtet, in eine der fünf Erstaufnahmeeinrichtungen zu ziehen. In den mittlerweile voll belegten Einrichtungen leben also überwiegend Menschen aus dem Bürgerkriegsland Syrien, aus Afghanistan, der Türkei, Pakistan und Ägypten. Und genau das ist auch der AfD ein Dorn im Auge. Sie wirft der Landesregierung eine verfehlte Migrationspolitik vor.

"Am Beispiel der beschaulichen Moselkleinstadt Bernkastel-Kues zeigt sich das Scheitern der Migrationspolitik von Landes- und Bundesregierung wie unter einem Brennglas. Die dort geplante Unterbringung von bis zu 1.000 Asylzuwanderern - überwiegend Nicht-Ukrainer - in einem Ortsteil mit lediglich 500 Einwohnern ist zutiefst rücksichtslos gegenüber der einheimischen Bevölkerung", meint Michael Frisch, AfD-Fraktionsvorsitzender im rheinland-pfälzischen Landtag.

Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz kritisiert Ungleichbehandlung

In Bernkastel-Kues sollen in einem ehemaligen Hotel Moselpark 400 und in einer angrenzenden Tennishalle weitere 680 Geflüchtete untergebracht werden können. In einer Petition fordern mehrere hundert Bürger, dass die Zahl auf maximal 400 begrenzt wird. Die Organisatoren betonen gleichzeitig, dass sie nicht gegen die Aufnahme Geflüchteter im Ort seien, sondern auf eine menschenwürdige Unterbringung Wert legten.

Binz: Können neue Flüchtlinge gut unterbringen

Obwohl die Erstaufnahmeeinrichtungen am Limit sind, sieht die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Katharina Binz (Grüne) das Land gut vorbereitet. Sie gehe davon aus, dass man die im Winter erwarteten zusätzlichen Flüchtlinge erst einmal gut unterbringen könne. "Wir haben seit Beginn des Jahres schon 3.000 zusätzliche Plätze in unseren Aufnahmeeinrichtungen des Landes geschaffen und wir schaffen jetzt bis Ende des Jahres noch weitere zusätzliche Plätze", sagte Binz dem SWR.

Bei aller Raumnot auch auf eine menschenwürdige Unterbringung zu achten, findet auch der Flüchtlingsrat wichtig. Land und Kommunen hätten den sozialen Wohnungsbau jahrzehntelang vernachlässigt. Das räche sich nun, sagt die Geschäftsführerin Pierrette Onangolo. Es dürften jetzt aber nicht die Geflüchteten gegeneinander ausgespielt werden. Sie hätten keine Schuld an der Wohnungsnot.

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SWR