Ist Bier in der Mittagspause oder Sekt im Büro erlaubt? Dienst und Schnaps werden in Baden-Württemberg längst nicht immer strikt getrennt. Das hat eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) unter Unternehmen und Verbänden ergeben.
Alkohol am Arbeitsplatz sei absolut inakzeptabel, egal, ob auf dem Bau oder im Büro, sagte Christa Niemeier von der Landesstelle für Suchtfragen der dpa in Stuttgart. Feste seien nur außerhalb des Betriebs mit Ausnahmeregeln denkbar. "Jeder Betrieb, der eine funktionierende betriebliche Gesundheitsförderung und ein betriebliches Gesundheitsmanagement etabliert hat, wird zu dem Ergebnis gekommen sein, dass Alkohol im Betrieb nichts zu suchen hat", so Niemeier. Ob während der Arbeitszeit Alkohol konsumiert werden darf, entscheidet der Arbeitgeber. Wenn die Arbeitnehmervertretung zustimmt, ist ein Verbot möglich. "Man muss sich eher fragen, warum das nicht selbstverständlich ist", sagte Niemeyer.
Unternehmen: Je eigene Regelungen für Alkohol am Arbeitsplatz
Auskünfte, ob es eine Betriebsvereinbarung zum Alkoholkonsum gibt, geben nicht alle Unternehmen. Mercedes-Benz, SAP und Würth möchten sich nicht offiziell dazu äußern. Von Bosch in Stuttgart heißt es, verantwortlich für Gesundheit seien Mitarbeiter und das Unternehmen gemeinsam. "Die Arbeitsordnung der Robert-Bosch GmbH regelt, dass hochprozentiger Alkohol während der Arbeitszeit verboten ist", sagte eine Unternehmenssprecherin. Komplettverbote gebe es an einigen Bosch-Standorten.
"Bei Kaufland sind der Konsum und das Arbeiten unter Einfluss von Alkohol generell untersagt", sagte eine Unternehmenssprecherin in Neckarsulm bei Heilbronn. "Das schließt zum Beispiel auch den Sekt am Geburtstag mit ein." Ausnahmen seien Feiern außerhalb der Arbeitszeit, wie Sommerfeste oder Weihnachtsfeiern.
Verbände: Alkoholverbote keine Pflicht, aber klare Ansagen sinnvoll
Verbände betonen, dass klar kommunizierte Regeln wichtig seien - konkrete Empfehlungen wollen sie aber nicht immer geben. "Klar ist, dass Arbeitgeber ein ausgelassenes Trinkgelage nicht dulden sollten", sagte ein Sprecher des Verbands Unternehmer Baden-Württemberg (UBW). Man unterstütze Betriebe dabei, einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol zu fördern oder Alkoholkonsum ganz zu unterbinden. Der UBW-Sprecher wies darauf hin, dass ein Arbeitgeber nicht verpflichtet sei, Alkoholverbote auszusprechen, sofern das nicht arbeitsschutzrechtliche Vorgaben verlangten. Pflicht ist das etwa beim Bedienen von Maschinen oder Fahrzeugen. Neben der Fürsorgepflicht gelte für Unternehmen, Sicherheit und Produktivität der Belegschaft zu gewährleisten, betonte der Sprecher.
Eine deutliche Ansage wertet auch der Gemeindetag Baden-Württemberg als sinnvoll bei Alkohol-Suchtprävention im kommunalen Dienst. "Es geht einerseits darum, klare Regeln zu haben", sagte ein Sprecher. "Dies kann ein Alkoholverbot sein, es können aber auch Vorgaben sein, aus denen klar ist, dass Alkohol nur bei bestimmten und geeigneten Anlässen zugelassen ist." Eine Möglichkeit bietet laut Gemeindetag ein absolutes Alkohol- oder Suchtmittelverbot bei der Arbeit, das den Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung folgt und abgestimmt mit dem Personalrat erlassen wird. Der Gemeindetag zeigte sich überzeugt, dass die Kommunen im Land dazu einen verantwortlichen Umgang gefunden hätten. "Klar ist, dass Alkohol während der Dienstausübung fehl am Platz ist", sagte der Sprecher.
Alkohol im Dienst: Wie Regierung und Behörden in BW verfahren
Und wie halten es die Landesregierung und Behörden in Baden-Württemberg mit Alkohol während der Dienstzeit? Vor kurzem hat sich das Landespolizeipräsidium einen Alkoholverzicht auferlegt - nachdem freitägliche Sektrunden im Zuge der Affäre um den vom Dienst freigestellten Polizei-Inspekteur in Baden-Württemberg bekanntgeworden waren. Der Inspekteur musste sich wegen Vorwürfen sexueller Nötigung einer Kommissarin vor Gericht verantworten, er wurde kürzlich freigesprochen. Im Landespolizeipräsidium werden nach der Affäre auch bei Anlässen wie Geburtstagen oder Beförderungen keine alkoholhaltigen Getränke mehr gereicht. Die "freiwillige Selbstverpflichtung", so das Innenministerium, habe aber keinen Einfluss auf die übrigen Abteilungen.
Zur Handhabe im Staatsministerium hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Ende Februar gesagt, bei einer Beförderung werde schon mal ein Glas Sekt getrunken. Man werde das nicht ändern, man sei schließlich kein "freudloses Haus". Eine einheitliche Linie auf Ministerialebene ist nicht in Sicht.