Die Weihnachtstage und der Jahreswechsel haben etwas Ruhe einkehren lassen im Streit um die geplante Flüchtlingsunterkunft in Bodelshausen (Kreis Tübingen). Bei der Gemeinderatssitzung am Dienstag war der kein Thema. Aber es tut sich etwas im Ort.
Unternehmerfamilie wehrt sich mit Anwalt
Inzwischen wird gegen die Organisatoren der Demonstration vor dem Privathaus der Unternehmerfamilie Hahn, die das Firmengelände an den Tübinger Landkreis vermietet, ermittelt. Denn an einem Sonntagabend im Dezember hatten sich dort rund 300 Menschen zum stillen Protest getroffen, nachdem Whatsapp-Aufrufe mehrfach geteilt wurden. Die Versammlung war laut Polizei nicht angemeldet. Die Unternehmerfamilie hat einen Anwalt eingeschaltet, sagte Maria Hahn dem SWR.
Keine schlichtenden Gespräche
Nach dem Vorfall im Dezember hatte sich Maria Hahn bedroht gefühlt in Bodelshausen, wo sie seit Jahren mit ihrem Mann und der Familie lebt. Noch immer sei es "komisch", wenn sie zum Beispiel einkaufen geht. Die Leute gucken, hat sie das Gefühl. Sie muss noch oft an den Abend denken. Sie hofft, dass sie als Familie am Ende, wenn die Flüchtlinge dann da sind, nicht als "die Schuldigen" dastehen.
Gespräche mit Bürgermeister Florian King oder anderen im Ort hat es ihren Angaben nach nicht mehr gegeben. Das hat auch der Bürgermeister dem SWR gegenüber bestätigt. Seitdem der Unternehmer Martin Hahn mit dem Landratsamt Tübingen den Mietvertrag unterschrieben hat, herrscht demnach Funkstille. Dass der Vertrag just ein Tag vor der Einwohnerversammlung am 12. Dezember 2023 geschlossen wurde, haben ihm und Landrat Joachim Walter (CDU) viele in Bodelshausen übel genommen.
Wie geht es weiter in Bodelshausen?
Noch liegt der Bauantrag des Landkreises Tübingen nicht vor. Laut Informationen des Landratsamtes ist die Architektin derzeit dabei, die Pläne auszuarbeiten. Denn damit in dem Firmengebäude ab Mai Flüchtlinge leben können, muss dort vieles umgebaut werden. Rund 500.000 Euro sind dafür womöglich nötig. Sobald das Baugesuch des Landkreises eingereicht ist, schaut den sich dann der technische Ausschuss des Gemeinderats in Bodelshausen an.
Bürgermeister Florian King hofft darauf, dass er mit dem Gemeinderat rechtliche Möglichkeiten hat, um zumindest hinsichtlich der Anzahl der Personen - bis zu 250 Geflüchteten - "lenkend einzuwirken", sagte er dem SWR. Denn er und der Gemeinderat sind von Anfang an gegen die zentrale Unterbringung der Flüchtlinge. Im Rathaus hält man Lösungen über den Ort verteilt für besser.
Mössingen entscheidet über Baurecht
Außerdem will King prüfen lassen, wenn das Baugenehmigungsverfahren begonnen hat, ob die Gemeinde als Eigentümer von Grundstücken rund um das Firmengelände nicht Einwendungen erheben kann. Da sei der Gemeinderat gefragt. Und Einwohnerinnen und Einwohner - auch die könnten sich zum Baugenehmigungsverfahren äußern. Hinzu kommt aber, dass das Baurechtsamt der Stadt Mössingen am Ende entscheidet. Bodelshausen und Mössingen sind eine Verwaltungsgemeinschaft bei Fragen wie diesen.
Ganz egal, was auf Behördenebene geschieht oder nicht geschieht - sowohl in Bodelshausen als auch im Landratsamt Tübingen: Im örtlichen Unterstützerkreis für Geflüchtete wird schon besprochen und ausgearbeitet, wie sich Ehrenamtliche für die dann anwesenden Flüchtlinge engagieren können. Bei seiner ersten Versammlung dieses Jahr in der vergangenen Woche seien mehrere neue Interessierte dabei gewesen, erzählt Michael Laudenbach. Er ist schon seit Dezember 2014 Teil des Unterstützerkreises und damit "Mitglied der Ersten Stunde".
Auch Anwohner unter den Helfern
Schon jetzt hätten sie rund 20 Menschen zusammen, die den Flüchtlingen vor Ort helfen wollen - mit der Sprache, alltäglichen Belangen oder Freizeitangeboten. Unter den "Neulingen" sind laut Laudenbach auch Anwohnerinnen und Anwohner, die ganz in der Nähe der geplanten Unterkunft leben. Und ukrainische Geflüchtete - dadurch könnten "alte Flüchtlinge" die neu angekommenen unterstützen, so das Ziel.
So hatte SWR Aktuell Baden-Württemberg am 18. Dezember 2023 über den Konflikt um die Flüchtlingsunterkunft in Bodelshausen berichtet:
Ab Mai bis zu 140 Geflüchtete aus der Ukraine
Der Unterstützerkreis will vorbereitet sein und nicht warten, bis er weitere Informationen vom Landratsamt erfahren kann. Stand jetzt heißt es von dort - so auch auf SWR-Nachfrage: Ab Mai soll das Ankunftszentrum für Geflüchtete aus der Ukraine eingerichtet werden für maximal 140 Personen. Nach und nach könnten dann noch weitere 110 Plätze für die vorläufige Unterbringung von Flüchtlingen aus anderen Ländern hinzukommen.