Pilzsuche im Freiburger Sternwald

Herbstzeit ist Pilzzeit

Genuss oder giftiges Verderben? Pilze sammeln boomt

Stand
Autor/in
Anita Westrup

Der Regen im September hat viele Pilze aus dem Boden schießen lassen. Das lockt immer mehr Pilzjäger in den Wald. Aber Achtung! Nicht alle Pilze sind essbar. Ein Selbstversuch.

Die Füße in Wanderschuhen, der Stoffbeutel in der Hand und die Augen auf den Waldboden gerichtet – die Pilzjagd im Freiburger Sternwald kann losgehen – Premiere für mich. Es fühlt sich an wie eine Schatzsuche – mit einigen Risiken. Mein Appetit auf Pilze ist riesig, meine Pilzkenntnisse sind wiederum sehr mickrig. Daher frage ich mich: Komme ich in den Genuss einer leckeren Pilzsuppe, oder steuere ich gerade auf mein giftiges Verderben zu?

SWR-Reporterin Anita Westrup berichtet im Radio über ihren Selbstversuch.

Nach ein paar Metern entdecke ich die ersten Exemplare. Hellbraunes Köpfchen, schmaler Stiel, dünne Lamellen. Essbar? Nicht essbar? Schwer zu sagen. Ich drehe die Pilze heraus und spaziere weiter. Vorbei an einem roten Fliegenpilz mit weißen Punkten. Leicht zu erkennen. Aber nicht alle Pilze lassen sich so eindeutig als giftig einstufen. Das kann gefährlich werden.

Vorsicht giftig, dieser Fliegenpilz, entdeckt im Freiburger Sternwald. Der Verzehr des Pilzes kann zu rauschhaften Zuständen führen, was ihm möglicherweise den Ruf als Glücksbringer einbrachte.
Vorsicht giftig, dieser Fliegenpilz, entdeckt im Freiburger Sternwald. Der Verzehr des Pilzes kann zu rauschhaften Zuständen führen, was ihm möglicherweise den Ruf als Glücksbringer einbrachte.

Pilzsprechstunde im Freiburger Naturkundemuseum

Hilfe und Beratung gibt es in der Pilzsprechstunde des Freiburger Museums Natur und Mensch immer montags von 16 bis 18 Uhr, ohne Voranmeldung. Kostenpunkt: drei Euro. Pilzsachverständige wie Annika Stobbe begutachten dabei die Ausbeute der privaten Pilzsammlerinnen und Pilzsammler. Auch meinen Pilzfang, mitgebracht im Stoffbeutel. Statt Jutetasche empfiehlt Annika Stobbe direkt einen Korb für den Transport. Dann bekämen die Pilze nicht so schnell Druckstellen.

Die Pilzsachverständige schüttet meinen Beutel aus und beginnt mit der Analyse: "Das ist hier ein ziemlich kleines Exemplar, aber das wird mal ein Riesen-Champion, der hat auch einen kleinen Marzipan-Geruch. Theoretisch essbar, aber wegen der Schadstoffbelastung wird davon abgeraten." Stobbe greift zu den nächsten Pilzen, darunter eine Nebelkappe (kein Speisepilz), ein Lacktrichterling (theoretisch essbar) und ein Helmling (schwach giftig) - eine bunte Mischung aus giftigen und theoretisch essbaren Pilzen.

Pilzberatung in der museumspädagogischen Werkstatt des Freiburger Museums Natur und Mensch.
Pilzberatung in der museumspädagogischen Werkstatt des Freiburger Museums Natur und Mensch.

Kontaktliste mit regionalen Pilzsachverständigen

Am Montag, 7. November, findet die Pilzsprechstunde im Freiburger Museum Natur und Mensch in diesem Jahr zum letzten Mal statt. Wer sein Pilz-Sammelgut auch danach noch vor dem Verzehr gegenchecken lassen möchte, findet ein Verzeichnis mit regionalen Pilzsachverständigen auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Mykologie. Viele Pilzexperten arbeiten ehrenamtlich oder bieten eine Pilzberatung gegen eine geringe Aufwandsentschädigung an.

Baden-Württemberg

Pilzsachverständiger Rainer Schall | 19.10.2022 So unterscheidet ihr Pilze im Wald

Pfifferlinge, Röhrlinge, Täublinge, Milchlinge oder Fliegenpilz: Experte Rainer Schall weiß, wie man sie unterscheidet und gibt wichtige Tipps.

Leute SWR1 Baden-Württemberg

Anfragen-Rekord zu Pilzen in Freiburger Vergiftungs-Informations-Zentrale

Viele Anfragen zu möglichen Pilzvergiftungen hat in diesem Jahr auch die Vergiftungs-Informations-Zentrale (VIZ) der Uniklinik Freiburg bekommen - so viele wie noch nie. "Wir haben zu Pilzen etwa 400 bis 500 Anfragen pro Jahr", erklärt Uwe Stedtler, stellvertretender Leiter der VIZ. "In diesem Jahr hatten wir bis Anfang Oktober 370 Anfragen, davon allein schon 140 in den ersten zehn Oktobertagen." Viel zu tun für sein Team, das aus rund zehn Mitarbeitenden besteht. Im Schichtsystem bieten die ausgebildeten Fachkräfte aus den Bereichen Medizin, Pharmazie und Chemie einen Rund-um-die-Uhr-Notfall- und Info-Service an, telefonisch erreichbar unter 0761/19240.

Hanna Mathieu und Uwe Stedtler in der Vergiftungs-Informations-Zentrale in Freiburg.
Hanna Mathieu und Uwe Stedtler in der Vergiftungs-Informations-Zentrale in Freiburg.

"Im Oktober haben wir enorm viele Anfragen, das wird mit Abstand der stärkste Pilzmonat, den wir je hatten."

Wie äußert sich eine Pilzvergiftung?

Für die Fachleute der VIZ sind Pilzanfragen eine schwierige Angelegenheit. Denn häufig können die Anrufenden die gegessenen Pilze nicht identifizieren. Daher liegt der Fokus bei der Diagnostik eher auf den Beschwerden. Leichte Pilzvergiftungen äußern sich laut Uwe Stedtler in Form von Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit oder Durchfall. In schweren Fällen kann die Leber ausfallen oder die Niere ihre Funktion einstellen. Diese Schäden machten sich erst ein paar Tage nach dem Verzehr bemerkbar, so Stedtler.

Todesfälle sind dem Experten in diesem Jahr nicht bekannt. Aber in der Vergangenheit sind immer wieder unbedarfte Pilzsammler an Vergiftungen gestorben. Besonders gefährlich: der Grüne Knollenblätterpilz. Nur eine rechtzeitige Behandlung kann den tödlichen Ausgang der Vergiftung abwenden. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Mykologie gibt es in Mitteleuropa rund 10.000 Großpilze, knapp 200 Arten sind essbar und 150 giftig, etwa zehn davon tödlich.

Meine persönliche Bilanz

Das Fazit meiner eigenen Pilzsuche lautet also: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Wenn man sich nicht auskennt, gilt: ohne Beratung kein Verzehr. Eine schöne Pilzsuppe war bei mir am Ende übrigens nicht drin, dafür war meine Ausbeute zu klein. Vielleicht beim nächsten Mal.

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