Neuer Oberbürgermeister in Waldshut-Tiengen

Interview: Martin Gruner will die Arbeitsatmosphäre verbessern

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Paukenschlag in Waldshut-Tiengen: Martin Gruner (parteilos) wird mit deutlicher Mehrheit Oberbürgermeister. Der Amtsinhaber Philipp Frank (CDU) wird abgewählt.

Mit einem überraschend deutlichen Ergebnis von knapp 68 Prozent der Stimmen wurde Martin Gruner am Sonntag zum neuen Oberbürgermeister von Waldshut-Tiengen gewählt. Amtsinhaber Philipp Frank bekam rund 32 Prozent der Wählerstimmen. Martin Gruner, der derzeit noch bei der Stadt Weil am Rhein (Kreis Lörrach) als Bürgermeister arbeitet, war bis 2017 Erster Beigeordneter in Waldshut-Tiengen. Damit tritt Gruner aus der zweiten Reihe - als Bürgermeister und Baubürgermeister - erstmals in die erste Reihe als Oberbürgermeister.

SWR Aktuell: Herr Gruner, von der zweiten Reihe jetzt vorne in die Erste - wie bange ist Ihnen oder geht für Sie ein Traum in Erfüllung?


Martin Gruner: Für mich geht tatsächlich ein Traum in Erfüllung, denn ich liebe diese Stadt in der ich seit 21 Jahren wohne. Ich glaube, diese Stadt hat ganz viel Potenzial und wir können sie unglaublich weit nach vorne bringen. Das aus der ersten Reihe zu leiten ist schon ein Traum. 

SWR Aktuell: In einer Umfrage des SWR haben sich gestern viele Menschen über das Wahlergebnis gefreut. Aber sie waren auch über die Deutlichkeit und den großen Vorsprung, den Sie hatten, überrascht. Was hat bei Ihnen gestern Abend überwogen, Freude oder Überraschung?

Gruner: Also natürlich hat die Freude überwogen, aber ich war auch überrascht, gebe ich ganz offen zu. Ich hatte mir das Ergebnis denkbar knapp vorgestellt und war mir nicht sicher, wie sie ausgehen wird. Umso mehr bin ich über den Vertrauensvorschuss erfreut.

Es wurde klar, dass da zwei unterschiedliche Persönlichkeiten vor dem Wähler stehen.

SWR Aktuell: Und worauf führen Sie dieses Ergebnis zurück? Sie haben sich wahrscheinlich heute auch schon Gedanken gemacht und ein bisschen analysiert.

Gruner: Ich glaube, dass zwischen den Kandidaten einfach klar wurde, dass da zwei unterschiedliche Persönlichkeiten vor dem Wähler stehen, die mit Fehlern, Projekten und Menschen unterschiedlich umgehen. Das hat letztendlich den Ausschlag gegeben.

SWR Aktuell: Die Wahlbeteiligung von 43 Prozent war jetzt nicht so massig - reicht Ihnen das?

Gruner: Die 43 Prozent sind mit Sicherheit keine große Wahlbeteiligung, aber das zeigte sich dieses Jahr auch schon an vielen anderen OB-Wahlen. Und die 43 Prozent sind für Waldshut-Tiengen immer noch besser als bei der letzten und vorletzten OB-Wahl. Da waren es deutlich weniger. Insofern können wir zufrieden sein.

SWR Aktuell: Was steht für Sie als nächstes in Waldshut-Tiengen an, da gibt es ja einiges aufzuarbeiten. Worauf wollen Sie sich zunächst konzentrieren?

Gruner: Der Anfang wird jetzt erst mal sein, dass ich das Personal kennenlerne und sehe, was sich in den letzten sieben Jahren, als ich nicht mehr in Waldshut-Tiengen tätig war, getan hat. Was gibt es für Konzepte? Und dann werde ich das nochmal mit dem OB abstimmen, mit der Ersten Beigeordneten, mit den Amtsleitern, und dann schaue ich mir erstmal das Thema Haushalt und Stellenplan an.

SWR Aktuell: In Ihrem Wahlkampf haben sie die Gemeinsamkeit und den Zusammenhalt in der Stadt betont. Dem Amtsinhaber Philipp Frank wurde mangelnde Team- und Kritikfähigkeit vorgeworfen, auch vom gesamten Gemeinderat, in dem die Debatte immer wieder eskalierte. Wie wollen sie da jetzt eine neue Gesprächskultur schaffen?

Die Mitarbeiter sollen morgens mit einem Lächeln ins Büro kommen.

Gruner: Ich glaube, es ist wichtig, dass wir mit den Mitarbeitern wertschätzend umgehen. Dass wir ihnen Möglichkeiten zur eigenen Entfaltung geben, dass wir ihnen klare Ziele setzen und dass wir uns auch vor sie stelle. Für mich ist es an der Stelle wichtig, dass wir eine Arbeitsatmosphäre schaffen, dass die Mitarbeiter morgens mit einem Lächeln ins Büro kommen. Wenn wir das erreicht haben, dann kriegen wir insgesamt eine andere Stimmung in der Stadt.

SWR Aktuell: Es gab im Wahlkampf auch Kritik an Ihnen. Ein Vorwurf: Sie hätten als Architekt eine zu große Nähe zur Bauwirtschaft. Wie gehen Sie jetzt damit um, in Ihrer neuen Rolle?

Gruner: Das ist immer so eine Frage, die Nähe zur Bauwirtschaft. Auf der einen Seite ist es gut, man soll Investoren fördern, auf der anderen Seite ist es dann wieder zu nah. Ich glaube, dass eine Nähe so lange gut ist, solange sie der Stadt hilft. Sie wird dann schlecht, wenn sie persönlich wird. Und eine persönliche Nähe zur Bauwirtschaft gibt es an dieser Stelle nicht.

Das Interview führte SWR-Moderatorin Marion Eiche in SWR4 Radio Südbaden am 24.7.2023.

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Marion Eiche
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Petra Jehle

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