Gegen Gewalt tätig

Stand
Autor/in
Ferrarese, Emilia

Jeden Montagabend kommen sie dort zusammen – die Männer, die das Gruppentraining von “Gegen Gewalt tätig” in Anspruch nehmen. Für zwei Stunden setzen sie sich mit Themen wie Gewalt, Opferperspektive oder Männlichkeit auseinander, aber vor allem: mit ihren eigenen Taten.

Severin Schuster, Sozialarbeiter und ausgebildeter Anti-Gewalt-Trainer, leitet diese Trainings. Ihm ist wichtig, die Teilnehmenden nicht als Gewalttäter abzustempeln.

O-Ton 1: “Dieser Mensch kommt nicht so auf die Welt. Und das ist kein Gendefekt oder sonst irgendwas. Oder keine Krankheit. Also...es gibt schon Auswirkungen, die dann krankhaft werden, aber dann sind wir auch die falsche Stelle.”

Melden kann sich jeder, der gewalttätig geworden ist – ob in der Partnerschaft oder der Öffentlichkeit – oder befürchtet, gewalttätig zu werden. Manche der Teilnehmenden werden auch von Gerichten oder Jugendämtern vermittelt.

Ziel ist es, Gewalt wieder zu verlernen.

O-Ton 2: “Gewalt als Konfliktlösung ist ‘n erlerntes Muster wie Radfahren, das aufgrund von mehr oder weniger Impact erlernt oder als gut befunden oder adaptiert wurde und wenn wir sagen, es wurde etwas gelernt – und im Sinne des lebenslangen Lernens – gehen wir halt davon aus, wenn jemand möchte, oder zumindest mal die Aussicht hat, daran umzulernen, ist das potenziell möglich.”

Jemand, der seine Tat leugnet, kann nicht ins Training aufgenommen werden. Außerdem wichtig:

O-Ton 11: “Es gibt Gründe, warum jemand was macht, aber ‘ne Rechtfertigung ist was anderes und bei der Rechtfertigung steigen wir praktisch aus und sagen: dafür gibt’s keine Rechtfertigung.”

In den Trainings treffen Männer, die verbale Gewalt ausgeübt haben auf andere, die Mitmenschen geschlagen oder angespuckt haben.

O-Ton 5: “Das schafft zum einen manchmal Transparenz für andere Lebenswelten untereinander, also sowohl von der Schwere bis hin zur Leichte. Kann ja auch den Satz geben: was machst du eigentlich hier, du hast ja gar nix gemacht.”

Den typischen Teilnehmer gibt es in Schusters Augen nicht. Oder, in seinen Worten:

O-Ton 6: “Vor Ihnen sitzt einer. (lacht) Nein, das ist tatsächlich meine Standardantwort.”

Denn Gewalt gibt es in allen gesellschaftlichen Gruppen. Die Arbeit mit Tätern findet Schuster deshalb so wichtig, weil sie ein Baustein ist, um Opfer zu vermeiden.

O-Ton 8: “Eigentlich ist es ein unschönes Wort mit Rückfallverhinderung, das klingt für mich immer so passiv. Aber das Nicht-erneut-tätig-werden, wobei sich das – diese Entwicklung von Handlungsstrategien – eigentlich durchs ganze Training zieht.”

In Zukunft soll es nach einem abgeschlossenen Training die Möglichkeit geben, sich in größeren Abständen weiterhin als Gruppe zu treffen. Denn: das Umlernen dauert seine Zeit. Schließlich hätten viele Teilnehmer über Jahrzehnte Gewalt als Mittel der Konfliktlösung verinnerlicht, so Schuster.

O-Ton 10: “Und dann – sag ich mal - kommen wir jetzt mit ‘nem Trainingsangebot von zwanzig Wochen – oder: zwanzig Montagen – also da muss ich nur die Zahlen gegenüberstellen.”

Der Wunsch danach kam von einem Betroffenen selbst. Und denen wird bei “Gegen Gewalt tätig” schließlich gut zugehört...

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Ferrarese, Emilia

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