"Schmuck und Bargeld durch Enkeltrick ergaunert" - Schlagzeilen wie diese gibt es fast täglich, auch in der Region Stuttgart. Und obwohl inzwischen so viel über die verschiedenen Varianten des sogenannten Enkeltricks bekannt sein dürfte, fallen immer noch viele Seniorinnen und Senioren darauf herein. Der Schaden ist meistens groß, die Aufklärungsquote eher klein. Ein Anlass für die Stadt Sindelfingen, in Sachen Sensibilisierung zusammen mit dem Kreisseniorenrat Böblingen neue Wege zu gehen: Aufklärung per Theaterstück.
Jede Betrugsmasche in einer eigenen Szene
Voll ist es am Nachmittag in der Begegnungsstätte "Treffpunkt Gisela" in Sindelfingen. Die Theatergruppe einer anderen Begegnungsstätte in Holzgerlingen (beide Landkreis Böblingen) zeigt in verschiedenen kurzen Szenen spielerisch die verschiedenen Betrugsmaschen rund um den Enkeltrick. Betrug per SMS, Betrug per WhatsApp, mit sogenanntem Schockanruf, als "falscher Polizist" - alles dabei. Nach jeder Szene erklären Beamtinnen und Beamte der Polizei Böblingen, wie die Betrüger vorgehen, was das auch psychisch auslösen kann und wie Seniorinnen und Senioren sich beim jeweils realen Fall verhalten sollten.
Viele Anwesende glauben, sie können dadurch noch etwas lernen. Werner Kühn zum Beispiel: "Man kennt ja viele Maschen schon, ist informiert über die Zeitung, Radio, Fernsehen. Da hat man sich schon so ein bisschen drauf einstellen können. Wobei ich nicht behaupten würde, mich trifft es nicht. Es gibt bestimmt Maschen, die man noch nicht kennt."
Betrugsversuche sind eine emotionale Sache
Etliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind sichtlich emotional. Sie sind an diesem Nachmittag da, weil sie sich verunsichert oder sogar fast ohnmächtig angesichts der trickreichen Betrugsmaschen fühlen. Sie fühlen sich belästigt und möchten gerne erfahren, wie sie sich besser wehren können und dadurch ein Stück Kontrolle, wieder ein bisschen mehr Lebensqualität, zurückgewinnen. Und einige geben sogar zu, dass sie schon mal Opfer eines Enkeltricks geworden sind beziehungsweise des Betrugsversuches. "Da kriegt man schon Bedenken", sagt etwa Ilse, die ihren Nachnamen nicht nennen mag. Auch sie wurde schon öfters angerufen. Einmal, da "haben die mich ausgefragt und gesagt, sie brauchen meine Kontonummer". Schließlich habe sie aufgelegt. Auch durch Gespräche mit ihren Kindern sei sie zu Varianten des Enkeltricks sensibilisiert worden.
Grundsätzlich ist sie der Meinung, dass immer noch zu wenig aufgeklärt werde und zu wenige Menschen erreicht würden. So eine Veranstaltung wie heute, meint Ilse mit Nachdruck, gehöre in die Stadthalle.
Die Opfer werden am Telefon unter Druck gesetzt
Die Polizeibeamtinnen und -beamten aus Böblingen bestätigen: Obwohl ständig über Enkeltrick und Co. in Zeitungen und Radio berichtet wird, wollen sich nach wie vor viele informieren. Dass die Betrugsmaschen immer noch erfolgreich sind, habe mehrere Gründe. "Die Täter sind supergut ausgebildet und geschult", sagt etwa Julia Schmalz vom Referat Prävention des Polizeipräsidiums Ludwigsburg, Standort Böblingen. "Die Opfer werden sehr unter Druck gesetzt. Es wird nicht nachgelassen, die Opfer haben gar keine Möglichkeit, drüber nachzudenken, was da gerade passiert. Oft wird dieses Angst-Syndrom im Hirn aktiviert." Da seien die Opfer dann wie blockiert von ihren Gefühlen und würden nicht mehr nachdenken können, ob es sich bei der Situation nun gerade um einen Betrug handelt.
Spiel und Witz für ein "fürchterliches Thema"
Weil man Menschen über eine gewisse Emotionalität aber vielleicht besser erreichen kann, findet Schmalz die Möglichkeit mit dem Theaterstück sehr gut, vor allem, weil es von Senioren für Senioren gemacht ist: "Das kommt super an!"
Das finden auch die Seniorinnen und Senioren im Begegnungszentrum. Gut, wenn man auch mal befreiend schmunzeln kann. "Das könnte man ruhig öfter machen!", sagt eine Seniorin lachend nach der Veranstaltung.
Und wenn zwischendrin Fragen und Unsicherheiten auftauchen? Seniorinnen und Senioren können sich jederzeit an die Bereiche Prävention der Polizei Baden-Württemberg wenden. Und auch die Polizeiliche Kriminalprävention des Bundes und der Länder gibt Tipps.