Den Namen und das Geschlecht offiziell ändern lassen: Für Menschen, die sich nicht mit dem bei ihrer Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren, sich keinem Geschlecht zuordnen können oder körperliche Merkmale beider Geschlechter haben, geht das in Zukunft nun einfacher als bisher. Ab dem 1. November gilt in Deutschland das neue Selbstbestimmungsrecht - doch schon seit Donnerstag, 1. August, kann man anmelden, dass man seinen Geschlechtseintrag ändern möchte.
Von nun an kann die Erklärung zur Änderung beim Standesamt angemeldet werden. Dann sind neben "männlich" und "weiblich" auch "divers" und "ohne Eintragung" als Geschlechtseinträge möglich - und zwar mit viel weniger Aufwand als bisher.
Bislang langwierige Verfahren notwendig
Rechner aufgeklappt, die Webseite des Stuttgarter Standesamtes geöffnet und direkt den Onlineantrag ausgefüllt: Jay-Jay Link hat keine Minute gezögert. Denn auf diesen Tag hat JJ lange gewartet. Noch steht in Jay-Jays Ausweis nämlich "weiblich" und der Name Jasmin. Mit dem Antrag beim Stuttgarter Standesamt soll sich das nun ändern - in "divers" und "Jay-Jay". Jay-Jay ist froh, dass das Verfahren mit dem Selbstbestimmungsgesetz vereinfacht wurde: "Nach der alten Regelung hätte ich ein Gerichtsverfahren machen müssen. Das heißt: Ein Richter oder eine Richterin hätte darüber entscheiden müssen, ob das, was ich angebe, was mein richtiges Geschlecht ist, stimmt. Und das hat sich immer falsch angefühlt."
Offizielle Zahlen dazu, wie viele non-binäre, inter- und transsexuelle Menschen in Deutschland oder Baden-Württemberg leben, gibt es bislang nicht. Die Behörden rechnen mit bis zu 4.000 Änderungsanträgen mit einem großen Andrang.
Behörden haben Bedenkzeit
Jay-Jay ist also nicht die einzige betroffene Person, die sich über das langwierige Verfahren beklagt, mit dem sich non-binäre, trans-, und intersexuelle Menschen bislang konfrontiert sahen. Neben einem Gerichtsverfahren waren auch zwei Begutachtungen von Sachverständigen notwendig, ohne deren Zustimmung eine Änderung von Geschlecht und Namen nicht möglich war. Hier mussten Betroffene körperliche Untersuchungen und Fragen über sich ergehen lassen, die sie oftmals als grenzüberschreitend oder demütigend empfanden.
Gerichtsverfahren sowie die Notwendigkeit mehrerer Gutachten verfallen - nun kann die Anmeldung beim Standesamt schriftlich oder mündlich erfolgen. Darauf folgen seitens der Behörden drei Monate Bedenkzeit. Die sei notwendig, um nicht ernst gemeinte Änderungen zu verhindern. Dann kann die Erklärung zur Namens- und Geschlechtsänderung abgegeben werden. Nach der Erklärung gibt es eine sogenannte einjährige Sperrfrist, in der keine neuen Änderungen vorgenommen werden können. Wichtig ist für Betroffene außerdem: Sollte die Erklärung sechs Monate nach der Anmeldung nicht beim Standesamt eingegangen sein, verfällt sie.
"Es fühlt sich noch nicht so an, als wäre alles geregelt"
Anders als beim bisherigen Verfahren müssen Betroffene auch nicht mehr mehrere tausend Euro zahlen, wenn sie ihren Namen und das Geschlecht auf Papier anpassen möchten. Je nach Kommune kann es sein, dass die Standesämter für die Änderung des Geschlechtseintrags eine Verwaltungsgebühr erheben. Im Standesamt in Stuttgart belaufen sich die Kosten bei der sogenannten namensrechtlichen Erklärung auf 40 Euro.
Geld, das Jay-Jay Link nach einem langen Kampf für Selbstbestimmung gerne in die Hand nimmt. Er lächelt: "Es ist total schön, dass man nicht mehr vor Gericht gehen muss." Jay-Jay weiß auch: "Aber es fühlt sich noch nicht so an, als wäre alles geregelt." Unklar sei nämlich noch, wie viele Vornamen wirklich akzeptiert werden und welche Konsequenzen der neue Eintrag beim Reisen hat.