Der Choreograf Marco Goecke bleibt voraussichtlich sogenannter "artist in residence" bei "Gauthier Dance". So lautet eine erste Reaktion der Stuttgarter Tanz-Compagnie - und das trotz einer aufsehenerregenden Attacke. Marco Goecke hatte am Sonntagabend im Rahmen einer Uraufführung in Hannover einer Kritikerin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) Hundekot ins Gesicht geschmiert.
Gauthier Dance betont enge Verbundenheit mit Goecke
"Dass Marco Goecke eine Tanzkritikerin tätlich angegriffen hat, zumal auf eine würdeverletzende Weise, ist nicht zu akzeptieren", teilte Gauthier Dance auf SWR-Anfrage mit. "Die Tat steht allerdings aus jetziger Sicht nicht im Zusammenhang mit Marco Goeckes Arbeit als 'artist in residence' im Theaterhaus Stuttgart." Es bestehe eine enge Verbundenheit mit Goecke, das Theaterhaus Stuttgart, Gauthier Dance und auch das Publikum hätten ihm viel zu verdanken. Jetzt wollen die Verantwortlichen erst mal mit Goecke persönlich sprechen.
Goecke begründete in einem Interview seine Tat mit jahrelangen negativen Berichten über seine Arbeit. "Es gibt einen Moment, wo ich mich persönlich angegriffen fühle", sagte Goecke dem Norddeutschen Rundfunk. Den Hundekot habe er in seiner Tasche gehabt, weil sein Dackel ein Häufchen gemacht habe, das er in die Tüte gepackt habe. Nach der Attacke wurde er als Ballettdirektor in Hannover suspendiert. Mittlerweile hat Goecke sich bei der FAZ-Journalistin entschuldigt.
FAZ hält Goeckes Entschuldigung für "gespielt"
Die FAZ hält in einem Kommentar-Artikel Goeckes Entschuldigung für unglaubwürdig. Die "jahrelangen negativen Berichten", die der Choreograf der Journalistin vorwirft, relativiert die FAZ. In einem Kommentar-Artikel schreibt die FAZ, dass die angegriffene Journalistin seit 2006 neun Werke von Goecke besprochen habe, zwei davon lobend, beide im Jahr 2021.
Stuttgarter Ballett verurteilt Tat aufs Schärfste
Goecke hat seine Karriere als Choreograf am Stuttgarter Ballett begonnen. Hier war er von 2005 bis 2017 Hauschoreograf. Seit 2018 arbeitet Goecke regelmäßig mit der Stuttgarter Tanzcompagnie von Eric Gauthier zusammen. Das Stuttgarter Ballett, bei dem Goecke nach wie vor als Gastchoreograf aufgetreten ist, hat am Dienstag auf SWR-Anfrage die Tat des vielfach ausgezeichneten Künstlers aufs Schärfste verurteilt.
"Wir sind über den Vorfall zutiefst schockiert. Jeglicher körperliche Angriff ist inakzeptabel. Selbst eine verbale Auseinandersetzung ist höchst fraglich", sagte Ballettintendant Tamas Detrich. Leider gehöre es zu der Arbeit eines Künstlers dazu, negative Rezensionen aushalten zu müssen: "Am bedauerlichsten finde ich, dass durch diesen Vorfall ein produktiver Diskurs über verletzende oder gar destruktive Kritik nun für Marco Goecke nicht mehr möglich ist."
Eine Zusammenarbeit mit Goecke sei in den nächsten zwei Spielzeiten ohnehin nicht geplant, teilte das Ballett Stuttgart mit. Das habe aber nichts mit dem Vorfall zu tun.